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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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Schiff, seine Besatzung, seine Fracht alles musste zerstört werden, bevor es die Flotte erreichte. Aber sie hatte Freunde an Bord, die ebenso unschuldig waren wie sie selbst. Im Geiste sah sie Hant vor sich, sein breites, unbekümmertes Lächeln, die liebevolle Fürsorge, die er Scheschon angedeihen ließ.
    Ihr Gewissen meldete sich. Warum durfte sie am Leben bleiben, während die anderen zum Tod in den Fluten verurteilt wurden?
    Der Drache flog über das Boot hinweg und schwenkte in weitem Bogen wieder zurück. Niemand schlug Alarm. Ragnar’ks schwarze Schuppen verschwanden im Dunkel der Nacht. Saag wan sah aufmerksam hinab. Das Deck war leer. Nicht einmal ein Steuermann war zu sehen. Ein Schiff unter vollen Segeln, aber ohne einen einzigen Matrosen war unheimlich besonders in dieser tückischen See.
    Das Boot war von Eisbergen umgeben, die auf den Wellen schaukelten, während gleich daneben das Wasser brodelte und heißer Dampf himmelwärts schoss. In solchen Gewässern steuerlos dahinzutreiben hieß den Tod herauszufordern. Das Schiff indes raste mit seinen Angstschreien im Gefolge unaufhaltsam weiter.
    Aus der Nähe sah man deutlich, dass die lederartigen Segel tatsächlich aus straff gespannten und mit Sehnen zusammengenähten Hautfetzen bestanden. Das Takelwerk triefte von Blut. Das Skelett am Bug streckte flehentlich seine Knochenarme himmelwärts, der Mund seines Totenschädels war zu einem stummen Schrei aufgerissen.
    Saag wan drehte sich bei dem Anblick der Magen um. Ein solches Schiff entern zu wollen war Wahnsinn, aber es musste sein. Es war ein Hort des Bösen, der zerstört werden musste.
    »Flieg zur Rabenschwinge zurück«, flüsterte sie Ragnar’k nicht nur in Worten, sondern auch in Gedanken zu. »Wir greifen an, wenn der Mond vollends aufgegangen ist.«
    Mit mächtigen Schwingenschlägen schraubte sich Ragnar’k zum Schiff empor. Saag wan entdeckte unter sich eine Bewegung und sah genauer hin. Auf dem Schreckensschiff wurde eine Luke geöffnet, ein Mann trat an Deck, legte den Kopf in den Nacken und suchte den Himmel ab.
    In Deckung, drängte sie ihr Reittier.
    Ragnar’k steuerte eine der Nebelbänke an und verschwand darin. Nun konnten sie das Schiff nicht mehr sehen. Die ganze Welt versank in einer Wolke aus warmem Dampf. Saag wan spürte, wie ihre Haut feucht wurde, die Wassertröpfchen rochen nach Schwefel.
    Trotz der Wärme fröstelte sie. Sie konnte nur hoffen, dass man sie nicht entdeckt hatte. Als der Mann da unten das Gesicht zum Himmel erhob, hatte sie ihn erkannt. Es war Hant.
    Ragnar’k fand einen warmen Aufwind und ließ sich von ihm emportragen. Sie tauchten aus dem Nebel auf. Sterne und Mond leuchteten heller. Die Wassertröpfchen auf den Drachenschwingen blitzten wie Edelsteine. Saag wan erschauerte ein letztes Mal, dann ließ sie das Geisterschiff mit all seinem Grauen hinter sich zurück und wandte den Blick himmelwärts.
    Eine halbe Meile entfernt leuchtete der Eisenkiel der Rabenschwinge rötlich durch die Nacht. Sie wies Ragnar’k an, auf das Schiff zurückzukehren. Sie durften nicht länger zögern. Der Angriff musste sofort erfolgen. Ob Hant sie nun entdeckt hatte oder nicht, er hatte auf jeden Fall Verdacht geschöpft.
    Ragnar’k flog auf das Elv’en Schiff zu und ging längsseits. Saag wan rief den Kapitän und zeigte nach unten auf das Meer. »Jetzt! Alles wie geplant, aber wir müssen sofort losschlagen!«
    Kapitän Lisla winkte ihr zu. Hinter ihr standen etliche Elv’en und ein Trupp Blutreiter. Alle waren bewaffnet.
    Lisla rief ihrer Mannschaft die Befehle zu. Mit präzisen, oft geübten Bewegungen wurden Segel gerefft und Leinen eingeholt. Kapitän Lisla stand von Energie umflimmert mittschiffs. Nun streckte sie die Arme himmelwärts, breitete sie aus und senkte sie rasch.
    Die Rabenschwinge, die wie ein Teil ihres Körpers und ihres Bewusstseins war, bäumte sich kurz auf und stieß steil auf den nebelverhangenen Ozean hinab. Ihr Kiel erstrahlte heller.
    Ragnar’k legte die Flügel an und ließ sich dahinter wie ein Stein vom Himmel fallen. Saag wan drückte die Füße fest in die Hautfalten hinter seinen Vorderbeinen und legte sich auf seinen heißen Hals. Der Wind riss an ihr und drohte sie von ihrem Reittier zu fegen. Trotz der Gefahr durchströmte sie ein wildes Glücksgefühl. In ihrem Herzen hörte sie das Freudengebrüll des Drachen. Die Empfindungen vermischten sich, und schon war nicht mehr zu unterscheiden, wo der Drache aufhörte und die Reiterin

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