Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
dich bedrückt, ich lasse dich niemals allein.«
»Er’ril«, schluchzte sie, als bräche ihr das Herz. »Du weißt ja nicht …«
»Doch, ich weiß«, unterbrach er sie. »Ich weiß, dass ich dich liebe … und nichts anderes zählt.«
»Aber …«
»Ich liebe dich, und du liebst mich. Ist es nicht so?«
Sie nickte schluchzend. Er’ril sehnte sich danach, sie in die Arme zu nehmen, aber das war ihm verwehrt. Er konnte sie nur mit Worten erreichen und ihr mit seinem Herzen Trost spenden.
»Ich werde dich immer lieben«, sagte er. »Ich habe dir mein Wort gegeben. Ich bin dein Paladin. Nach dem Gesetz der Elv’en bin ich dein Mann, doch was mich wahrhaft an dich fesselt, sind die Bande des Herzens und der Seele. Du bist mein Leben, und das wird auch immer so bleiben. Heute und für alle Zeit.«
Elena schluchzte noch einmal tief auf. »Er’ril …« Noch klang Schmerz aus ihrer Stimme, aber sie hatte die Abgründe der Verzweiflung überwunden.
Die Hexe erhob sich. »Meine Aufgabe ist erfüllt. Nun musst du mich freigeben.«
Elena trocknete sich die Augen. »Wie?«
Svesa’kofa deutete auf das Schwert, das vergessen auf dem Boden lag. »Schattenklinge … ein Schwert, scharf genug, um Magik zu durchschneiden und die stärksten Banne zu brechen. Nimm es, und kappe damit die Fäden, die mich mit dem Herzen dieser Welt verbinden.«
Elena starrte die Waffe an, als wäre es eine Giftschlange.
»Tu es, und ich gewähre dir ein letztes Geschenk.«
Elena sah die Hexe fragend an, aber die gab ihr keine Antwort sondern deutete nur stumm auf das Schwert.
Elena nahm es an sich, erhob sich und trat hinter die Gestalt. Über den Silberfäden, die in breitem Strom zum Herzen der Welt führten, hob sie die Klinge.
Er’ril hörte die Hexe »Endlich …« flüstern und sah, wie sie die Augen schloss.
Elena ließ das Schwert niedersausen. Als es das Silbergeflecht durchtrennte, blitzte ein grelles Licht auf, und alle waren geblendet.
Langsam kam Er’ril wieder zu sich.
Elena stand ein paar Schritte entfernt und hielt das Schwert immer noch in beiden Händen. Die Hexe war verschwunden. Das Tor hinter ihr stand offen. Der Geiststein im Herzen der Welt leuchtete noch, doch er entfernte sich und wurde immer kleiner. Als er endlich erlosch, verschwand auch der schwarze Schacht. Nur ganz gewöhnlicher Granit blieb zurück.
Tol chuk schrie laut auf.
Jetzt bemerkte auch Er’ril, dass der Herzsteinbogen ebenfalls verschwunden war! Die ganze Geistpforte hatte sich aufgelöst!
Elena schaute an der leeren Wand empor. »Wie die Geistwurzel der Westlichen Marken«, murmelte sie erschöpft. »Die Welt zieht sich in sich selbst zurück. Dieses Tor wurde nur durch den Schatten der Hexe offen gehalten. Nun ist Svesa’kofa fort, und die Welt rüstet sich zur letzten Schlacht.«
»Aber die Pforte«, sagte Tol chuk. »Sie ist doch das Herz unserer Stämme.«
»Nein«, antwortete Elena. »Eure Stämme haben ein Herz, solange die Welt lebt. Es schlägt für alle Länder und alle Völker, aber es gehört niemandem allein.«
Sie drehte sich um. Als ihr Blick auf Er’ril fiel, zog sie verwirrt die Stirn in Falten.
Er verstand ihren Gesichtsausdruck erst, als Merik zu ihm sagte: »Ich glaube, du kannst jetzt aufstehen.«
Er’ril sah sich um. Die Steinlawine war verschwunden. Vorsichtig erhob er sich und untersuchte seine Gliedmaßen. Er spürte keinen Schmerz, alle Knochen waren heil. Nicht einmal seine Kleider waren zerrissen. Er sah zu den anderen hinüber. Alle waren unverletzt.
»Unsere Wunden sind geheilt!« staunte er.
»Das letzte Geschenk«, sagte Elena erleichtert. Sie ging zu ihm, ließ das Schwert fallen und nahm ihn in die Arme. »Er’ril!«
Er drückte sie an sich. »Still.«
Sie erschauerte.
»Ich liebe dich«, flüsterte er, doch dabei starrte er die leere Wand an und hoffte nur, dass das genug sein würde. In seinem Herzen wuchs die Angst.
Was hatte ihr die Hexe gesagt?
21
Cassa Dar lag in der obersten Turmstube von Burg Drakken auf ihrem Bett und starrte die Balkendecke an, doch im Geiste war sie unendlich weit weg von ihren heimatlichen Sümpfen.
Sie schwebte hoch am Himmel und schaute durch die Augen ihres Sumpfkindes auf die Wälder des Hochlands hinab. Die Verbindung war schwach die Entfernung war sehr groß, der Strom der Elementarenergien wurde immer schwächer, und ihre Kräfte schwanden zusehends dahin. Nur durch das Gift des geflügelten Kindes blieb das Band erhalten. Die kleine Königsnatter
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