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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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steuerten auf die Grube zu.
    Elena visierte ihr Ziel an.
    An der Grabungsstätte war es im Laufe der Nacht unheimlich still geworden. Die Rauchsäule war verschwunden, das Feuer war gelöscht worden. Über der Grube hing nur noch ein dichter Nebel, der sich in einem langsamen Wirbel drehte und alles verdeckte. Er wirkte bedrohlicher als der schwarze Qualm des Vortags.
    Das Schiff rollte auf die andere Seite und lenkte ihren Blick zum Himmel zurück. Die Wolken hingen tief und regenschwer über ihnen. Es war Tag, aber man konnte nicht genau sagen, wann die Nacht aufgehört und der Morgen begonnen hatte. Die Welt lag in einem ewigen Zwielicht.
    »Wir sollten unter Deck bleiben«, drängte Er’ril. »Wir haben Posten im Krähennest. Beim ersten Anzeichen einer Gefahr werden die Hörner geblasen.«
    Dann müssten wir sie jetzt schon hören, dachte Elena. Die Gefahr liegt ja förmlich in der Luft. Aber sie ließ sich doch zur Deckluke zurückführen.
    Die Luke ging auf, und Joach stand vor ihnen. Elena erkannte ihn nicht gleich und fuhr erschrocken zurück. Er winkte mit seinem Stab, und sie flüchteten sich ins Trockene. »Wir haben im Heckfrachtraum alles zusammengetragen, was wir brauchen«, sagte er. »Ersatzseile, Klettergeschirre, Fackeln und Ölgefäße sind in Säcke verpackt. Um seine Waffen und andere persönliche Dinge kümmert sich jeder selbst. Alles ist bereit für den Abstieg in die Grube.«
    Er’ril schüttelte seinen nassen Umhang aus und nickte. »Ich möchte mir das auch selbst ansehen.« Er wandte sich an Elena. »Warum gehst du nicht mit deinem Bruder in die Kombüse, um dich aufzuwärmen? Ich bin gleich wieder zurück.«
    Joach ließ Er’ril vorbei, dann sah er Elena seltsam an. »Elena … du und Er’ril …«
    Elena schoss das Blut in die Wangen, sie wandte sich ab. Woher wusste er, was letzte Nacht geschehen war? Sah man das so deutlich? Stand es ihr ins Gesicht geschrieben? Kurz vor Tagesanbruch hatten sie sich noch einmal geliebt, hatten Zärtlichkeiten ausgetauscht und letzte Missverständnisse ausgeräumt, solange sie noch allein waren.
    Joach fuhr fort: »Du liebst ihn doch, Elena, nicht wahr?«
    Sie wandte ihm weiter den Rücken zu. »Natürlich.«
    Er fasste sie an der Schulter. »Dann verstehst du sicher, was ich für Kesla empfinde oder empfand.« Er seufzte tief auf.
    Elena merkte, dass das Gespräch doch eine andere Richtung nahm, als sie befürchtet hatte, drehte sich wieder um und kämpfte die Röte zurück. »Ich weiß, du hast sie sehr geliebt.«
    Er runzelte die Stirn. »Es gibt da noch etwas, worüber ich mit dir sprechen wollte.« Er starrte verlegen auf seine Füße, wirkte wie ein Mann in mittleren Jahren, der sich wie ein kleiner Junge gebärdete.
    Elena nahm seine Hand. »Und was wäre das?« Sie war froh, dass Joach endlich bereit war, sich seinen Schmerz von der Seele zu reden. Vielleicht hatte die Verjüngung nach Greschyms Tod nicht nur die Altersschwäche seines Körpers geheilt.
    Doch Joach zögerte immer noch.
    »Sollen wir vielleicht in meine Kabine gehen? Da wären wir ungestört.«
    Er nickte sichtlich erleichtert.
    Sie führte ihn durch ein Labyrinth von Gängen zu ihrem Schlafgemach. Vor der Tür zog sie sich einen Handschuh aus, piekte sich mit einem Holzsplitter in den Finger und schickte ein Fädchen Hexenfeuer in das Schloss, um den eingefrorenen Mechanismus aufzutauen. Er’ril hatte ihr diese Vorsichtsmaßnahme empfohlen, ein zusätzlicher Schutz für das Buch des Blutes, das hinter dieser Tür aufbewahrt wurde. Sobald die Zuhaltungen wieder beweglich waren, stieß sie die Tür weit auf und ließ Joach eintreten.
    Sie warf einen raschen Blick durch den Raum. Felle und Decken waren ordentlich glatt gestrichen, alle sichtbaren Spuren der Liebesnacht waren beseitigt. Doch Elena spürte immer noch den erdigen Geruch der Leidenschaft in der Luft. Verstohlen sah sie zu Joach hinüber, aber der schien davon nichts zu bemerken.
    Ihr Bruder trat an den kleinen Ofen und stocherte in der Glut, bis die Flammen hochschlugen. Als es wärmer wurde, nahm sie den nassen Umhang ab und hängte ihn an einen Haken an der Wand. Dann griff sie nach der Öllampe, die von einem Balken hing, und drehte den Docht höher.
    Als sie sich umdrehte, stand ihr Bruder vor dem kleinen Eichenpult, auf dem das Buch des Blutes lag. Die goldene Rose schimmerte schwach unter dem ersten Einfluss des nahenden Mittsommermondes.
    Joach betrachtete das Buch so angestrengt, dass sich auf seiner

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