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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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schwer gekränkt, suchte Rat bei Pater Vasili, dem er den ganzen Schmerz über seinen elenden Posten ausschüttete: »Ich hatte gehofft, dass das nächste Schiff mir die notwendigen Mittel für die Arbeit hier schicken würde und vielleicht auch endlich ein anerkennendes Zeichen, dass man meine Tätigkeit mit irgendeinem Titel belohnen würde - nichts Großes, verstehen Sie, irgendein Orden der dritten Klasse, aber mit Band, das bezeugt, dass ich nun ein Mitglied des unteren Adels sein würde...«
    Die Stimme versagte dem bitter enttäuschten Mann in den Sechzigern, und für einige Augenblicke hatte er mit den Tränen zu kämpfen. »Kommen Sie, kommen Sie, Alexander Andrewitsch«, flüsterte der Priester, »Gott sieht Ihre ehrenwerte Arbeit. Er sieht Ihre Wohltätigkeit gegen die Kinder und die Nächstenliebe, mit der Sie die Aleuten in den Schoß seiner Kirche führen.«
    Baranov schniefte, wischte sich die Augen und fragte: »Warum kann die Regierung sie dann nicht sehen?« Und Voronov gab die Antwort, die durch die Jahrhunderte widerhallten: »Beförderung wird nicht nach vernünftigen Erwägungen gewährt.« Und nachdem er über diesen wahren Satz nachgedacht und ihn verdaut hatte, lachte Baranov, schnäuzte sich die Nase und sagte: »Stimmt, Vasili. Sie sind ein sechsmal besserer Christ als der Bischof von Irkutsk, aber wer sieht das schon?«
     
    Einen weniger kämpferischen Mann als Baranov hätte die unglaubliche Situation, in der er sich nun befand, unbeweglich gemacht: Er war nicht nur angeklagt, die Handelsgesellschaft zu bestehlen, wo dieselbe sich weigerte, ihm Mittel zukommen zu lassen, sondern auch seinen schmalen Etat für private Zwecke zu missbrauchen , wo er in Wahrheit doch aus seinem eigenen Gehalt die Arbeit bezahlte, die eigentlich die Handelsgesellschaft hätte leisten müssen, nämlich die Versorgung der Witwen und Waisen. Es war verrückt. Trotzdem wollte er sich nicht in die Irre führen lassen, tröstete sich mit einem Sprichwort und flüchtete sich an einen behaglichen Ort in den Süden. Das Sprichwort erklärte alles und vergab alles: »So ist Russland !« Und der Ausflug in den Süden linderte seine Wunden.
    Dreißig Kilometer südlich von Neu-Archangelsk, eingebettet in die Wildnis der Inseln und umgeben von hoch aus dem Meer aufragenden Bergen, lag ein wahres Wunder der Natur: eine Quelle, von der ein scharfer Schwefelgeruch aufstieg und aus der ein unaufhörlicher dampfender Strom hervorsprudelte, der, mit dem Eiswasser aus einem nahe gelegenen Rinnsal vermischt, ein wohltemperiertes, erquickliches Dampfbad abgab. Seit Jahrtausenden wussten die Tlingits diese Quelle zu schätzen. Mit ausgehöhlten Fichtenstämmen, die als Leitungen dienten, wurden die Wasser der Quelle und des Baches in ein mit Steinen ausgelegtes Erdloch geführt. Genialerweise hatten die Tlingits zudem die Kaltwasserleitung mit einem Drehzapfen versehen, so dass man ihren Zufluss jederzeit stoppen und so dem Wasser die richtige Temperatur geben konnte.
    Es war ein äußerst behaglicher Ort, versteckt zwischen Bäumen, geschützt durch hohe Berge, aber doch so gelegen, dass man beim Räkeln im Bad gleichzeitig auf den Pazifischen Ozean schauen konnte. Eine der von Kot-le-an und Rabenherz in ihrem fernen Exil immer wieder vorgebrachten Klagen lautete: »Ach säßen wir doch jetzt in dem heißen Dampfbad.« Und das erste, was die Russen taten, nachdem sie den Berg erobert hatten, war, zum Südende der Insel zu segeln und um die Schwefelquelle herum ein passendes Badehaus zu bauen, mit zwei richtigen Leitungen für das Quellwasser und das Kaltwasser. Mit der Zeit war daraus ein Heilbad geworden, das den Vergleich mit denen ihrer Heimat nicht zu scheuen brauchte, und sobald Baranov das Land befriedet hatte, besuchte auch er das Bad regelmäßig. War das Verhalten von Ermelov unerhört? Schleunigst setzte sich Baranov in das Dampfbad ab. War sein Nachfolger seit sieben Jahren überfällig? Wieder unterwarf er sich der Schwefelbehandlung. Wenn er sich in der Wanne zurücklehnte, die beiden Leitungen mit den Fußzehen regulierte und seine Haut durch den heißen Wasserdampf rosarot anlief, dann vergaß er den Ärger, den andere an ihm abließen, und stellte sich statt dessen die großartigen Dinge vor, die noch vor ihm lagen.
    An dem glücklichen Tag, als die »Muscovy« endlich in Neu- Archangelsk ablegte, um Kapitänleutnant Ermelov zurück nach Russland zu bringen, stand Baranov an der Küste und winkte mit der

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