Alaska
Klondike gekommen war und ihrer Enkelin nicht nur die Bereitschaft, den Kampf gegen Ignoranz und Ungerechtigkeit weiterzuführen, sondern auch ihre unkonventionelle Haltung gegenüber Heirat und Ehe vererbt hatte.
Die Großmutter, Missy Peckham, hatte in ihrem Leben mit vier verschiedenen Männern ohne Trauschein zusammengelebt, und als ihr langjähriger Lebensgefährte Matthew Murphy schließlich frei war und die beiden hätten heiraten können, sahen sie dazu keinen Grund mehr. Die Enkelin nun, Melody, eine hübsche Frau mit vier gänzlich unterschiedlichen Linien in ihrem familiären Hintergrund, hatte dem Stand der Ehe ebenfalls Absage erteilt, keinesfalls jedoch den Männern, und als sie die Dreißig erreicht hatte, war sie in Juneau beliebt als eine der herausragenden Frauengestalten. Ihre Mutter wiederum, Missys Tochter, war traditioneller eingestellt und hatte sehr früh den Sohn eines rauhbeinigen Sibiriers namens Arkikov und dessen Eskimofrau geheiratet. Melodys vier Großeltern also waren die Amerikanerin Melissa, der Ire Murphy, der Sibirier Arkikov und die Eskimofrau Nellie, und in diesem Quartett gab es nicht einen schwachen Charakter. Aus einem Grund, den sie selbst nie nannte, nahm sie schon früh den Namen Murphy an.
Sie zehrte noch immer von den sagenhaften Gewinnen, die ihr Großvater Arkikov durch seine geschickten Ankäufe von brachliegendem Land in Juneau erzielt hatte. Es waren Grundstücke, die niemand haben wollte und die er aus einem sicheren Instinkt heraus, » dass sich eines Tages schon jemand dafür interessieren wird«, erworben hatte. Nachdem sie sich auf eigene Kosten nach Washington begeben hatte, breitete sie jetzt vor den Mitgliedern der Senatskommission ihre Vision eines Alaska aus, die sich von der, die ihre Zuhörer im Auge hatten, stark unterschied.
»Nach der inoffiziellen Schätzung des letzten Jahres beträgt unsere Bevölkerung jetzt 29 1 . 800 , und ich kann Ihnen versichern, dass sie im nächsten Jahr doppelt so groß sein wird. Sollten wir tatsächlich auf Öl stoßen, wie manche uns prophezeit haben, könnte sie sich sogar vervierfachen. Unser Land ist ohnehin der allerschönste Staat der Union und der mit den besten Wachstumsaussichten. Ein Ende dieser Entwicklung für Alaska ist nicht abzusehen, alles ist möglich. Aber um sie in Gang zu setzen und sie in vernünftige Bahnen zu lenken, müssen wir unbedingt mit dem Landproblem fertig werden, und am kompliziertesten an diesem Problem ist die Frage: Wie garantieren wir den Ureinwohnern am besten ihre Rechte auf das Land, das sie seit Generationen besiedeln?«
An dieser Stelle fragte einer der Senatoren: »Sagen Sie, Miss Murphy, sind Sie eine Ureinwohnerin? Ich meine, hätten Sie Vorteile davon, wenn wir den Ureinwohnern Land zuwiesen?«
Sie lachte das freie, ungezwungene Lachen, das auch von einem ihrer Vorfahren aus Alaska hätte stammen können, und als sie sich jetzt vorbeugte, um ihren Zuhörern Rede und Antwort zu stehen, sah sie besonders attraktiv aus. »In Alaska, wo diese Dinge eigentümlich vermischt sind, würde man mich als › Half Native ‹ bezeichnen, zur Hälfte eine Ureinwohnerin. Ein Großvater kam aus Irland, um am Yukon nach Gold zu schürfen, hat aber nichts gefunden. Der andere kam aus Sibirien und suchte wie besessen sein Glück in Nome. Er hat Gold gefunden, einen ganzen Strand voll. Eine Großmutter schließlich war englischer Abstammung und die andere eine Eskimofrau. Tja, und ich? Ich komme aus Alaska - mehr nicht. Und weil der eine Großvater, der aus Sibirien, soviel Gold gefunden hat, kann ich es mir leisten, ganz uneigennützig zu sein, wenn es um meine eigenen Landrechte geht, aber für die Landrechte der anderen werde ich mich jederzeit einsetzen.« An dieser Stelle klatschte das Publikum heftig Beifall, und der Senator musste für Ruhe sorgen, bevor sie fortfuhr:
»Etwa dreizehn Prozent unserer Gesamtbevölkerung können als Ureinwohner eingestuft werden, und die Gruppe teilt sich noch einmal auf in Eskimos, Indianer und Aleuten. Allerdings stellt sich das im Leben der Ureinwohner Alaskas nicht so einfach dar - eigentlich stellt sich nichts einfach dar denn auch die Indianer, die man korrekterweise als Athapasken bezeichnen müsste , teilen sich in verschiedene Untergruppen auf, von denen die wichtigste der Stamm der Tlingits ist. Die Eskimos wiederum teilen sich auf in Inupiats und Yupiks, und auch bei den Aleuten unterscheidet man zwischen denen, die von den Inseln abstammen,
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