Alaska
Karibu geschossen haben. Sehen Sie, da drüben liegt es.«
»Das ist meins«, sagte Markham stolz. »Aber um das zu kriegen, musste ich rüber auf die Halbinsel Brodeur fliegen.«
»Wo liegt die denn?«
»Ziemlich weit raus im Westen.« Er lehnte sich zurück, musterte das Karibu und sagte in überschwänglichem Ton: »Könnte für mich eins der wichtigsten Tiere sein, die ich jemals erlegt habe.« Als Jeb ihn fragte, was er damit meinte, bestellte der Mann aus Phoenix eine Runde und setzte begeistert zu einem erstaunlichen Vortrag an, der seinen Zuhörer in Bann schlug.
»Wie Sie ja wohl schon selbst gehört haben, heißt es immer, das Karibu sei weit verbreitet. Überall im ganzen Land. Aber wenn man eins schießen will, findet man keins. Und erst recht nicht in Alaska, als ich es da mal versuchte. Das war vor Jahren am Yukon, ich war wild entschlossen, mir die › Großen Acht ‹ zu schießen, und sieben hatte ich schon zu Hause in Phoenix an der Wand hängen, und zwar die Trophäen, die bei den Jägern allgemein als harte Brocken gelten. Aber bei dem achten, dem leichtesten, dem Karibu, war es wie verhext.
Die › Großen Acht ‹ von Alaska? Wunderbare Zusammenstellung, eine Herausforderung für jeden wahren Großwildjäger. Die beiden Riesenbären: Polarbär und Kodiakbär. Die habe ich schon früh erlegt. Musste mich gehörig anstrengen beide Male, aber schließlich habe ich sie doch erwischt. Dann die beiden großen Landtiere, Elch und Moschusochse. Auch nicht gerade leicht, aber man kann es schaffen. Dann die beiden großen Bergtiere, sie können einen ganz schön auf die Probe stellen, Bergziege und Dalischaf. Das macht sechs. Bleiben noch das Walross , das schwierigste von allen, und das Karibu, das leichteste.
Ich ließ mich also zu einem guten Revier fliegen, hoch im Norden, weit über den Polarkreis hinaus. Der Ort heißt Desolation Point, und da oben gibt’s einen Jäger, den ich Ihnen nur empfehlen kann, wenn Sie mal in die Gegend kommen. Hervorragender Kerl, ein Eskimo mit russischem Namen, Vladimir Afanasi. Hat mir schon bei meiner Jagd auf den Polarbären geholfen, und jetzt wollte er mich an eine Stelle bringen, wo es Walrosse geben sollte. Wir hatten vier schwere Tage, aber dann habe ich einen kapitalen Burschen erlegt, und als wir Kopf und Stoßzähne einpacken, sage ich so ganz nebenbei: Jetzt kommt nur noch das Karibu, und dann habe ich meine › Großen Acht ‹ vollzählig.
Was soll ich Ihnen sagen, ich bin durch ganz Nordalaska gestreift und hab’ nach Karibus gesucht, nie eins vor die Flinte gekriegt. Ich habe gehört, es soll eine halbe Million in Kanada und Alaska geben, aber gesehen habe ich kein einziges. Bis gestern - vom Flugzeug aus, als ich Brodeur überflog.«
»Sie sagen: die › Großen Acht ‹ von Alaska«, unterbrach Jeb, »aber Ihr Karibu haben Sie in Kanada erlegt«, worauf Markham erwiderte: »Auf das Tier kommt es an, nicht so sehr, wo es geschossen wurde. Gut möglich, dass ich schon in russischen Gewässern war, als ich Jagd auf meinen Polarbären machte.«
Hoch erfreut über das lebhafte Interesse an seinen Jagdabenteuern, das ihm der junge Keeler bekundete, fragte Markham: »Sie haben mir erzählt, Sie hätten eben Ihr juristisches Examen bestanden? In Yale, und dann noch mit Auszeichnung? Junger Mann, soll ich Ihnen sagen, was ich an Ihrer Stelle täte? Ich würde die nächste Maschine nach Alaska besteigen. Und weil Sie anscheinend ganz versessen auf die Jagd sind, würde ich gleich weiterfliegen bis Desolation Point.«
»Sie müssen verstehen, ich fange gerade erst an, und Sie reden hier vom großen Geschäft.«
»Ja, ich rede vom großen Geld.«
»Mit der Jagd kann man kein großes Geld machen. Man kann es höchstens ausgeben.«
»Wer redet denn hier von der Jagd?«
»Wir, denke ich.«
»Nein«, sagte Markham. »Wir reden über Alaska, und wenn Sie dort erst mal das große Geld gemacht haben, dann machen Sie Urlaub und holen sich Ihre › Großen Acht ‹ .« Und noch während er sprach, sah sich Jeb Keeler, fünfundzwanzig Jahre alt, blond, von athletischer Statur, unverheiratet, schon im Eis von Desolation Point auf der Jagd nach seinem Polarbären oder Walross , in den Bergkämmen die Spur eines Dalischafes oder einer weißen Bergziege aufnehmend. Wie er diese Abenteuer bezahlen sollte, bevor er die Fünfzig erreichte, das konnte er sich nicht vorstellen.
Schließlich erklärte der Mann aus Phoenix: »1967 war ich als Berater im Ad-hoc-
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