Alaska

der gesamten Bauausrüstung über den Hauptgebirgszug der Halbinsel, wo sich Berge zum Teil bis in Höhe von 4.500 Meter erhoben, ließ sich dadurch vermeiden, hatte jedoch einen schwachen Punkt: Niemand wusste, wie weit südlich sich die Insel erstreckte, und wenn Bering auf den Vorschlag seines Beraters einginge, würde er möglicherweise ein ganzes Jahr vergeuden, das Südkap zu suchen. Tatsächlich war es nur 230 Kilometer von der Stelle entfernt, wo die Schiffe gebaut werden sollten, und man hätte es in fünf oder sechs Tagen bequem erreicht und umsegelt, aber die Karten der damaligen Zeit basierten nicht auf nachprüfbaren geographischen Vermessungen, und die nur auf Schätzungen Angewiesenen vermuteten das Kap Hunderte Kilometer weiter südlich.
    Gegen Zhdankos nachdrücklichen Protest entschied Bering zugunsten der »europäischen« Lösung und beschloss, an der Westküste, genauer: an einem einsamen, vom Wind gepeitschten Flecken namens Bolscheretsk, anzulegen. In diesem Dorf mit seinen vierzehn ärmlichen Hütten setzte der unbequeme Däne, mittlerweile siebenundvierzig Jahre alt, eine Unternehmung in Gang, die seine Männer geradezu überwältigte und die die Vorstellungskraft der Seeleute und Forscher, die später davon erfuhren, übersteigen sollte. Er entschied, dass er es sich nicht leisten konnte, auch noch den vierten Winter mit Nichtstun verbringen zu müssen, und gab den Befehl, alle Teile der Ausrüstung, das Bauholz für die Schiffe eingeschlossen, mit Hundeschlitten quer über die Halbinsel und die Berge - ein Teil schon schneebedeckt - zu transportieren. Er wollte die Schiffe an der Ostküste bauen, um dann, wenn der Winter zu Ende ging, direkt Richtung Norden zu segeln. Als Zhdanko die ersten schwer bepackten Männer losziehen sah, schauderte es ihm bei dem Gedanken, was vor ihnen lag.
    Mitte Februar überquerten er und seine Gruppe gerade die höchsten Erhebungen, als die Temperatur auf 45 Grad unter Null fiel, und obwohl normalerweise bei dieser Kälte keine Winde wehten, brauste vom nördlichen Asien her der gefürchtete Purga heran, Schnee und Graupel wie Geschosse vor sich herpeitschend. Zhdanko war noch nie von einem solchen Sturm überrascht worden, aber hatte davon gehört und rief seinen Männern instinktiv zu: »Eingraben!« Wie wild schaufelten sie an der windgeschützten Seite eines Felsens drei bis vier Meter tiefe Löcher und krochen hinein, während sich der Schnee an dem Einstieg schon wieder sammelte.
    Zhdanko musste fünfeinhalb Meter graben, ehe er auf festen Boden stieß, und er befürchtete, in der Tiefe vom Schnee begraben zu werden. Während der Sturm wütete, schob er sich deshalb ununterbrochen durch den Schnee und Graupel hoch, und als sich der Sturm bei Anbruch der Dämmerung endlich legte, befreite er sich aus dem Loch und begann, nach seinen Kameraden zu suchen. Als auch sie aus ihrem Unterschlupf hervorgekrochen kamen, sprachen sich zwei der Männer dafür aus, an ihren Ausgangspunkt zurückzukehren, und andere hätten sie in ihrer Forderung vermutlich unterstützt, wenn Zhdanko nicht aus verletztem Stolz, dem Antrieb vieler seiner Handlungen, mit seiner Rechten ausgeholt und einen der beiden zurück in den Schnee geworfen hätte. Kaum lag er am Boden, sprang er wie eine Bergkatze auf ihn und schlug mit seinen Pranken heftig auf den Kopf des Wehrlosen ein, er hätte ihn getötet, wenn nicht einer der Umstehenden, der geschwiegen hatte, leise eingeworfen hätte: »Nicht, Trofim!«, und der Riese ließ ab von ihm, voller Scham, nicht, weil er dem Mann eine handfeste Rüge erteilt hatte, sondern weil er sich hatte gehen lassen.
    Zurechtgewiesen, reichte er dem Mann die Hand, half ihm auf die Beine und sagte in versöhnlichem Ton: »War eine harte Arbeit heute. Bringt jetzt den Rest.« Und dann fügte er noch hinzu: »Aber wehe, ihr versucht wegzulaufen. Ihr schafft es sowieso nicht.«
    Der Marsch quer über die Halbinsel, mitten im tiefsten Winter, war ein Marsch durch die Hölle, wohl eine der härtesten Unternehmungen in der Geschichte der Forschungsreisen, aber Bering verstand es, die Männer zusammenzuhalten, und als sie an die Ostküste kamen, setzte er sie gleich an, Schneeverwehungen zu räumen, damit mit dem Bau der Schiffe begonnen werden konnte. Es war ein gottverlassenes Nest, das sie sich für ihre provisorische Werft ausgesucht hatten, aber wohl nie in seinem abenteuerlichen Leben kam die ihm eigene Überlegenheit so zum Tragen wie hier. Er schien die