Alba und Albion
Gwyllyn MacCinney heißt er.“
Eigentlich hatte ich erwartet, daß er mich nun in die Arme nahm, doch stattdessen zog er schnell den zweiten Stiefel an, gab mir einen lauten Schmatz auf die Wange und zog mich auf die Beine.
„Komm, Weib! Ich habe mächtigen Hunger! Den kleineren werden wir in der Stube stillen können und den großen -“, er zwickte mich leicht in mein Hinterteil.
„Darauf wirst du dich aber noch gedulden müssen“, gab ich trocken zurück und klopfte ihm auf die Finger.
Er seufzte dramatisch. „Frauen! Immer haben sie das letzte Wort!“
Lachend gingen wir dem Duft von gebratenem Fleisch und Alkohol entgegen.
Seamus saß bereits in der Stube und ließ es sich schmecken. Als wir an den Tisch traten, hob er nur den Blick, murmelte etwas, das mit viel Phantasie als „Guten Abend“ durchgehen konnte und setzte sein Mahl unbeirrt fort.
„Wo ist Alisa?“ Suchend sah ich mich um.
„Ist bei dem Köter.“
„Wie?“
„Die Magd war außer sich, als sie die Türe öffnete und diese Bestie von Wolf davorsaß. Durch ihr Geschrei und dem Bellen ist das Mädel anscheinend aufmerksam geworden und hat gesagt, das Ungeheuer gehöre zu uns. So ein Schwachsinn.“ Er schüttelte den Kopf vor Unverständnis. „Weiber sollten besser nicht anfangen zu denken.“
Böse blitzte ich ihn an.
„Sie hat recht damit getan, daß sie sich um den Hund kümmert. Jedenfalls hat sie soweit gedacht, erst das Tier zu versorgen, als zuerst an ihre Gelüste zu denken.“
Seamus hob den Kopf, sah mich streng an und zeigte mit dem Löffel auf mich. „Ich bitte dich, halte deine Zunge im Zaum, sonst -“
Provozierend blitzte ich ihn an. „Was sonst?“
Er wandte sich wieder seinem Mahl zu. „Das wirst du dann schon sehen.“
Mein hilfesuchender Blick zu Robbie zeigte keine Wirkung. Auch er war ganz in sein Essen vertieft und schob mir nur den Krug hin. „Trink, wenn du willst.“
Zornig gab ich ihm den Krug zurück und schnappte mir die Öllampe auf dem Tisch.
„Nein. Trink selber. Ich sehe mal nach Alisa. Und dem Hund!“
Ich stand auf und ging nach draußen. An der rechten Seite des Hofes mußten sich die Ställe befinden und so schlug ich diesen Weg ein, in der Hoffnung, Alisa zu finden.
Vorsichtig öffnete ich Stalltüre, als mir auch gleich eine dicke Wolke aus Dung entgegen kam, die mir fast die Luft nahm. Naserümpfend trat ich ein.
„Alisa?“
Keine Antwort.
Ein verhaltenes Gackern war zu hören, sonst nichts. Es befanden sich ein paar Ziegen und ein Esel darin und auf den Stangen an der Wand saßen mehrere dick aufgeplusterte Hühner, die mich augenzwinkernd beobachteten.
Ein seltsames gedämpftes Geräusch ließ mich ruckartig umfahren. Es hörte sich an wie das Rascheln von Stoff, könnte aber auch Stroh gewesen sein.
„Alisa? Bist du hier drin?“
Mit erhobenem Licht versuchte ich, im hinteren Teil des Stalles etwas zu erkennen, ohne Erfolg.
„Wer ist da?“
Wieder keine Antwort.
Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder den Tieren zu, als ich erneut umfuhr, doch in der Dunkelheit, die hinter mir lag, war nichts zu erkennen. Erschaudernd machte ich mir Mut.
„Hab dich nicht so. Das war nur irgendein -“
Da! Schon wieder!
War das eben nicht ein erstickter Schrei? Fröstelnd zog ich meinen Umhang enger. Das Geräusch schien von da hinten zu kommen.
„Wer ist da? Alisa, bist du es? So sag’ doch endlich was!“
Ich hatte Angst, doch wollte ich diesem Geräusch unbedingt auf den Grund gehen. Als ich an der Tür vorbeikam, überlegte ich kurz, ob ich nach Robbie rufen sollte, verwarf den Gedanken aber auch gleich wieder. So ein Feigling war ich nun doch nicht und noch immer verspürte ich einen Groll gegen ihn. Ich tastete mich mit der Öllampe weiter in den dunklen hinteren Teil des Stalles. Erneut hörte ich den gedämpften Laut - etwa, wie ein leises Grunzen. „Hmmpf.“
„Alisa?“
Jetzt bekam ich doch Angst, auch wenn ich es noch nicht sah, konnte ich die Gefahr doch spüren. Eine Gänsehaut überlief meinen ganzen Körper rauf und wieder runter. Ich holte tief Atem und trat noch einen vorsichtigen Schritt nach vorne.
Da!
Da hinten hatte sich etwas bewegt!
Sollte ich jetzt doch nach Robbie rufen oder aus dem Stall rennen?
Gerade hatte ich mich für das Zweite entschieden, als ich von hinten gepackt wurde.
Eine stinkende und dreckige Hand hielt mir den Mund zu und hob mich an der Taille hoch. Unfähig, mich nun zu befreien, trat ich um mich, eine dritte und
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