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Alba und Albion

Alba und Albion

Titel: Alba und Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Fentross
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„Ich habe nur ein kleines Nickerchen gemacht.“
    „Ja, ja.“
    Der Wollknäuel, den sie auf ihrem Schoß liegen hatte, kullerte bei der hektischen Bewegung auf den Steinboden. Ich bückte mich danach und begann ihn wieder aufzurollen.
    „Ich wollte nur fragen, ist dieser Robbie wieder weg?“ Schnell setzte ich mich auf einen Stuhl.
    Mary sah mich mißtrauisch an und schüttelte langsam den Kopf.
    „Nein. Ich habe ihn zu den Pferden geschickt. Da soll er seine Arbeit machen, solange unsere Gäste da sind. Aber was interessiert dich das?“
    „Überhaupt nicht.“
    Ich vermied es, ihr in die Augen zu schauen und starrte stattdessen auf meine Hände, in denen ich noch immer die Wolle hielt.
    „Ich wollte mich bei ihm nur bedanken, weil er mich sicher nach Hause gebracht hat.“ Ich blickte ihr fest in die Augen und lächelte. „Das ist alles.“
    „Mädchen“, murmelte sie, während sie sich schwerfällig aus dem Schaukelstuhl erhob, „mach mir keine Schande!“
    „Warum denkt immer jeder von mir, ich stelle etwas an, wenn ich etwas vorhabe? Hat hier denn keiner ein bißchen Vertrauen zu mir? Das ist ja schrecklich!“
    Aufgebracht stand ich auf und ging auf und ab. Eins der Mädchen blickte neugierig um die Ecke, wurde aber sofort wieder von der Köchin am Rock zurückgezogen.
    „Weil es meist so ist! Du tust etwas Unüberlegtes, hast dann den Schaden und beklagst dich darüber, weil man dich erwischt hat. Außerdem meint es niemand böse mit dir, mein Engelchen.“ Sie strich mir über die Wange. „Und jetzt schau nicht mehr so beleidigt. Warte, ich hole dir einen Becher frische Milch.“
    Während sie sich mit raschelnden Röcken davon machte, dachte ich nach.
    „Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, ihn aufzusuchen“, überlegte ich. „Ich warte, bis er mir ganz zufällig über den Weg läuft.“ Mir selber zustimmend, nickte ich und setzte mich wieder an den groben Holztisch.
    Inzwischen kam Mary mit einem Tablett zurück, beladen mit allerlei Keksen und Konfekt. Sie setzte sich zu mir und gemeinsam besprachen wir die Vorbereitungen für den großen Tag.
     
    Langsam ging ich über den Kies.
    Einige beleuchtete Räume im Haus streuten ihr sanftes Licht auf die Terrasse und lange, dunkle Schatten fielen in den Garten. Die Fackeln, die am Wegrand vor sich her brannten, strömten einen herben Duft von Harz und verkohltem Holz aus. Diese Tageszeit war mir am liebsten. Die Welt schien sich auf die Nacht vorzubereiten und es kehrte eine spürbare Ruhe ein, die ich sehr genoß und wie jeden Abend wollte ich noch ein bißchen die frische Luft genießen, bevor ich mich zurückzog.
    Ein junger Diener lief eiligen Schrittes an mir vorbei, blieb abrupt stehen und verbeugte sich kurz, bevor er weiterhastete. Ich kicherte, da ich es äußerst unterhaltsam fand, auf diese Weise die Arbeiten dieser Leute durch meine bloße Anwesenheit zu unterbrechen.
    Vor einigen Jahren war das eine meiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen, bis es mir verboten wurde. Wenn ich einen der Diener sah, wie er gerade auf einer Leiter stand oder jemand den Kamin auskehrte, stolzierte ich frech vorbei. Mit dem Ergebnis, daß die staubwischende Magd von der Leiter herunterstieg oder der Kaminkehrer im Ruß verharrte - nur für einen Knicks.
    Doch dann hatte mein Vater wieder eine seiner berühmten Abmachungen getroffen. Wegen mir sollte niemand seine Arbeit abbrechen müssen. Diese Anweisung schien manchem Diener jedoch nicht zu behagen, denn sie taten es noch immer, wenn ich ihren Weg kreuzte.
     
    Ich schlenderte entlang der großen Einfahrt, hob einen Stein auf und befühlte die glatte Oberfläche. Er fühlte sich angenehm in meiner Hand an und ich beschloß, ihn erst mal zu behalten. Seufzend blickte ich in den bewölkten und mondlosen Nachthimmel. Der Kies knirschte unter meinen Schuhen, während leise ein paar Regentropfen auf den Boden klopften. Trotz des beginnenden Regens setzte ich mich auf eine der am Nachmittag aufgestellten Bänke. Ich zog meinen Umhang enger um die Schultern und atmete tief ein. Die Rosen, die jetzt zahlreich im ganzen Garten blühten, betäubten einem schier die Sinne.
    „Guten Abend, Miss Taylor.“
    Erschrocken drehte ich mich um.
    Robbie stand etwas hinter mir und blickte starr in die Ferne, die Arme auf dem Rücken verschränkt. „Ein schöner Abend, nicht wahr?“
    „Ja“, sagte ich mit einem zweifelnden Blick in den Wolkenhimmel, „in der Tat.“
    Wollte er sich denn wieder über mich

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