Alba und Albion
inzwischen abseits neben Seamus, stets mit einem aufmerksamen und misstrauischen Stromer an seiner Seite.
„Wir können keinen Arzt holen“, raunte er. „Man würde ihn sofort beim Militär melden. Sein Kopfgeld ist zu hoch, um jemanden zum Schweigen zu bewegen.“
Seamus nickte langsam und dachte nach. „Können wir ihn nicht zu einem Ihrer Freunde bringen? Auf’s Land, vielleicht?“
„Freunde? Ich?“ Campbell lachte verächtlich. „Ich habe keine Freunde, Mann! Die Leute, die höflich zu mir sind, haben nur Angst vor mir. Aber Moment mal …“
Campbell wanderte im Raum auf und ab, den Kopf gesenkt und sich über den Bart streichend.
„Cathlyn!“, rief er. Sie sah auf und erhob sich. Campbell beugte sich zu ihr herunter und flüsterte mit ihr. Seamus verstand kein Wort von dem, was besprochen wurde. Währenddessen strich er immer wieder mit dem feuchten Lappen über Robbies Gesicht und seufzte tief.
Cathlyn wies das Mädchen an, sich wieder zu verabschieden und wandte sich an Seamus.
„Ich kenne ein kleines Anwesen in Diarlaggan. Es gehört guten Freunden von mir. Es sind entzückende Menschen und sie sind absolut verschwiegen und vertrauenswürdig. Allerdings ist es eine halbe Tagesreise entfernt und ich weiß nicht, ob er es schafft.“
Drei Augenpaare richteten sich auf die niedergestreckte, stöhnende Gestalt, die einmal vor Kraft und Lebensmut nur so strotzte und nun war es an Seamus, der eine Entscheidung treffen musste.
„Nun, gut. Aye. Wir bringen ihn auf dieses Gut in Diarlaggan.“
„Ja, Mädel. Also haben wir ihn wieder gepackt und in die Kutsche verfrachtet. Wir konnten keinen Planwagen nehmen, der wäre mit Sicherheit angehalten und durchsucht worden.“
Er seufzte und streichelte Stromer über die Ohren und war erstaunt von diesem Anblick. Ich war stets der Meinung, er könne dieses Tier nicht leiden!
„Du mußt wissen, daß dieses Aas von Croxley dem Militär eine Mitteilung zukommen ließ, daß dein Robbie, der ja gesucht wurde, sich in unmittelbarer Nähe vom Castle Moraigh aufhielt. Es war einfach zu gefährlich. Also mußte er die ganze Fahrt über in sitzender Position ausharren. Das hat ihn vielleicht am Leben gehalten. Sein Blutverlust war nicht mehr so hoch.“ Mitleidig schüttelte er den Kopf.
„Er muß unsagbare Schmerzen ausgestanden haben.“
Auf dem Anwesen wurden sie herzlich aufgenommen. Die Hausherren waren ein Ehepaar älteren Jahrgangs, ohne Kinder, nur mit einem Mädchen, zwei Stallburschen und einer Köchin, die für den reibungslosen Ablauf des Hauses sorgte.
Sofort, nachdem sie das Schreiben von Cathlyn gelesen hatten, trieb eine übernervöse und leicht verwirrt anmutende Lady McDiar sämtliches Personal an, ein Zimmer im oberen Stockwerk fertig zu machen, während Seamus den leichenblassen Robbie nach oben schleifte.
„Wir werden uns gut um ihn kümmern. Machen Sie sich keine Sorgen.“
Sir McDiar versuchte,seine Angst vor dem Wolf zu verbergen, wich aber sofort zurück, als er an ihm schnüffeln wollte. Mit einer recht zittrigen Berührung versuchte er trotzdem, Seamus etwas Trost zu geben.
„Aye. Und recht herzlichen Dank noch.“
Unsicher nestelte er an seinem Plaid. „Wenn Sie erlauben, möchte ich jetzt mit ihm alleine sein.“
„Aber selbstverständlich, Mister -“
„Seamus. Nur Seamus.“
„Seamus. Gut. Wir sind unten, wenn Sie etwas brauchen.“
„Nur Wasser zum waschen, Verbandszeug vielleicht und etwas Tee.“
Minuten später kam das Mädchen herein, ebenfalls ängstlich beim Anblick von Stromer, der keinen Zentimeter von Robbies Lager abwich. Nur Seamus konnte ihn mit sanfter Gewalt dazu bewegen, das Mädel ans Bett zu lassen, mit den zahlreichen Leinenstreifen, einer undefinierbaren grünen Paste und dem Wasser. Unverzüglich machte sie sich an die Arbeit, nachdem Seamus den störrischen Stromer schließlich ins Nebenzimmer verbannte und wechselten gemeinsam den Verband. Sie war sehr geschickt und schon bald fertig und verschwand. Lady McDiar stand nun in der Tür und knetete unruhig ihren Rock.
„Ich werde für ihn beten, daß er durchkommt. Mein Gott, er ist ja noch so jung!“
„Aye. Das ist er.“
Dann war er mit seinem geliebten Chief allein und weinte. Die Hand, die er in der Seinen hielt, drückte leicht zu. Robbie berührte ihn kraftlos am Kilt und erschrocken blickte er auf.
„Seamus, mein Freund. Bist du’s wirklich? Wo ist Susanna?“
Robbies Stimme war dünn, leise und zerbrechlich, doch er
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