Alba und Albion
hatten, aber ich fand mich wieder zivilisiert.
Robbie trat hinter mich und zog noch einige Haarklammern aus seiner Westentasche. Ich fragte besser nicht, woher er dies hatte. Schnell steckte ich die Haare hoch und drehte mich zu ihm herum.
Sanft strahlte er mich an. „Du bist wunderschön.“
„Und du bist zu gut zu mir. Das wäre nicht nötig gewesen - die Bürste und dann die Klammern.“ Zögerlich betastete ich die besagten Teile im Haar.
„Du sollst nicht auf alles verzichten müssen, nur weil du dich für mich entschieden hast.“ Er küßte mich in den Nacken, was mich erschaudern ließ, dann bot er mir seinen Arm.
„So. Wir werden unten noch eine Kleinigkeit essen und dann geht’s wieder weiter.“
Mit diesen Worten verließen wir das Zimmer und stiegen gemeinsam die Treppen hinunter.
Unser Pferd hatte Robbie im Dorf durch eine rotbraune, gutmütige und stämmige Stute mit heller Mähne getauscht. Sie trug uns beide gelassen auf ihrem breiten Rücken und ich genoß es, mit ihm auf dem Pferd zu sitzen, seine Wärme in meinem Rücken und seinen Arm um meine Taille zu spüren. Der Himmel war dunstig verhangen und die Sonne konnte man nur als hellen Nebelball erkennen. Die Mittagszeit war vorüber und die Luft eisig kalt, so daß Robbie seinen Umhang und die Decke um uns gelegt und unter dem Sattelknauf befestigt hatte. So eingepackt konnten wir es einigermaßen ertragen. Doch trotz allem hatte ich eine rote Nase, mein Kinn war wie erfroren und meine Stimmung war gleich Null.
Unser Pferd trabte auf einem steinigen Weg, durch den Wald, der eher einem Trampelpfad glich. Die Hufe klapperten und knirschten auf den gefrorenen vertrockneten Blättern und so ging es weiter in Richtung Norden. Flüsternd brach ich unser Schweigen.
„So weit bin ich noch nie von zuhause fort gewesen.“
„Aye.“ Mit leichtem Druck seiner Schenkel gab er dem Pferd die Richtung an, die es ohne Murren einschlug.
„Was meinst du? Wie lange werden wir noch unterwegs sein, bis wir bei dir sind?“ Vergeblich versuchte ich, ihn über meine Schulter hin anzublicken.
„Das dauert noch eine Weile“, antwortete er belustigt.
„Wie sind denn die Leute bei euch? Ich meine, es gibt doch überall irgendwelche Unterschiede, wie Sprache und so weiter. Einen Franzosen kann man meist an seiner Kleidung von einem Engländer unterscheiden.“
„Aye, ich weiß, was du meinst.“ Er schien zu überlegen. „In Schottland tragen die Männer lange Haare, lange Bärte und einen Kilt.“
„Was ist denn das?“
„Ein Rock.“
„Ein Rock? Bei euch ziehen Männer einen Rock an?“ Erheitert und leicht entsetzt blickte ich nach hinten.
„Aber ja doch. Nur ist das nicht irgendein Rock. Der Kilt ist ein besonderes Kleidungsstück. Es besteht aus einer langen Bahn Tartan, der -“
„Was ist ein Tartan?“, unterbrach ich ihn und drückte seine Hand an meiner Taille. „Wenn, dann will ich es schon ganz genau wissen, was mich erwartet.“
„Das ist ein Stoff aus Wolle. Meistens selbst gewebt. An dem Muster eines Tartans kannst du erkennen, welchem Clan jemand angehört. Es sind die Farben, verstehst du?“
Er gab mir einen Kuß auf mein eiskaltes Ohr und ich drückte ihm mein Hinterteil entgegen, um ihm noch näher zu sein.
„Das Muster ist fast immer das Gleiche. Karos, große und kleine, verschiedene Linien, dicke und dünne, daran unterscheidet man sich.“
„Das hört sich sehr kompliziert an.“
„Aye, das ist es auch. Sogar ich kann nicht immer auf Anhieb sagen, woher dieser oder jede Kämpfer kommt.“ Lachend drückte er mich an sich und wir ritten eine Weile schweigend weiter.
„Was sind deine Farben?“
„Die Grundfarbe ist blau und grün, mit feinen gelben und roten Linien durchzogen.“ Er sprach es ganz langsam und sehnsuchtsvoll aus. Dann straffte er sich und fuhr mit fröhlicher Stimme fort, „wenn du mich erst einmal im Kilt gesehen hast, wirst du dir wünschen, ich hätte niemals eine Hose angezogen!“
Nun stimmte ich in sein Lachen ein. „Hast du das wirklich vor? Einen Rock tragen?“
„Ich bin Schotte. Hast du das vergessen?“ Er setzte sich im Sattel auf. „Es ist nicht so ein Rock, wie du einen an hast. Der Kilt geht ungefähr bis zu den Knien und wird in viele Falten gelegt.“
„Na, da bin ich froh, dass ich kein Mann bin! Bis zu den Knien! Das ist ja skandalös!“
Nach etlichen Stunden im Sattel lenkte er Gipsy, wie ich unser Pferd nannte, in eine Lichtung. Wir saßen ab und ich
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