Alba und Albion
streckte mich, um die Steifheit aus den Gliedern zu vertreiben.
„Was machen wir hier? Willst du eine Pause?“
„Nein. Ich will diese Gegend eigentlich so schnell wie möglich verlassen, aber wir müssen anhalten. Sie humpelt ein wenig.“
Geschäftig hantierte er an der Satteltasche, nachdem er seufzend die Hufe unseres Pferdes begutachtet hatte. „Und ich glaube, es verfolgt uns jemand.“
Ich erstarrte. „Es - es verfolgt uns jemand?“ Verstohlen blickte ich mich um. „Seit wann? Wer kann denn das sein?“
Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, breitete er die Decke am Boden aus und begann, Feuerholz zu sammeln.
„Das Hufgetrampel höre ich schon seit einigen Meilen, aber wer das sein könnte, weiß ich nicht. Das ist jetzt auch egal. Wir werden hier Rasten und etwas essen.“
Er fachte den Holzstapel an, der aus dünnem Reisigbüscheln bestand, stand wieder auf und steckte sein Messer in den Hosenbund.
„Ich versuche, etwas Eßbares zu fangen und du“, er kniff mich in die Wange, „hältst derweilen die Stellung und rührst dich nicht vom Fleck.“
Als er mein erschrockenes Gesicht sah, beruhigte er mich wieder. „Keine Angst, ich bin in der Nähe. Falls etwas sein sollte, dann rufe nach mir. Ich werde es hören.“ Augenzwinkernd fügte er hinzu: „Und du bist ja auch bewaffnet.“
„Wenn ich dich rufen muß, ist es vielleicht zu spät,“ schmollte ich und machte mich grummelnd am Feuer zu schaffen. Robbie lachte leise und verschwand im dichten Unterholz.
Nun war ich alleine mit Gipsy, die geruhsam in Sichtweite das spärliche Gras genoß. Unwillkürlich griff ich an mein Messer, das sich zum Glück noch immer in meinem Strumpf befand. Ich wußte, Pferde hatten äußerst empfindsame Gemüter und wenn sie jetzt so ruhig und gelassen graste, bestand wahrscheinlich keine unmittelbare Gefahr. Mit gespitzten Ohren machte ich mich an die Arbeit, nährte das Feuer, holte den kleinen Kessel, der seitlich am Sattel befestigt war und ging dem Bach entgegen, den ich in unmittelbarer Nähe rauschen hörte. Ich zerschlug mit dem Kessel die dünne Eisschicht und füllte ihn.
„Susanna!“
Robbie rief nach mir. Was war passiert? War ihm etwas zugestoßen?
Erschrocken ließ ich den Kessel fallen, raffte meine Röcke und rannte so schnell ich konnte, zu unserer Lichtung zurück. Da stand er, ängstlich um sich blickend, mit einen Moorhuhn in der Hand, dessen Kopf schlaff nach unten hing. Als er mich sah, ließ er seinen Fang achtlos fallen, schritt eilig zu mir und schüttelte mich an den Schultern.
„Hab ich dir nicht gesagt, du sollt dich nicht von der Stelle rühren?“ Seine Stimme zitterte und er rüttelte mich nochmals. „Herrgott nochmal! Hier ist es einfach zu gefährlich zum Spazieren gehen! Bitte tu’ das, was ich dir sage!“
„Laß mich los! Ich bin nicht spazieren gegangen, ich wollte Wasser holen.“
Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, blitze ich ihn böse an. „Außerdem hast du nicht das Recht, mir zu sagen, was ich tun soll und was nicht!“
„Doch, das Recht habe ich! Du bist jetzt sozusagen meine Frau!“ Nun wurden auch seine Augen schmaler und sein Griff enger. Verzweifelt versuchte ich mich zu befreien. „Hast du mich verstanden?“
„Laß mich los! Du tust mir weh!“
„Erst, wenn du mir sagst, daß du mich verstanden hast!“ Dieses Rütteln ging mir langsam auf die Nerven.
„Laß-mich-los! Du Scheusal!“
Er ließ mich nicht los. Stattdessen zog er mich unsanft an einem Arm um das Feuer herum und drückte mich nieder. „Da bleibst du jetzt sitzen!“
Sein Ton gefiel mir gar nicht und ich konnte spüren, wie mein Blutdruck gefährlich nach oben raste. Erzürnt sprang ich in die Höhe, während Robbie sich wieder seinem Fang zuwandte. Als er sah, wie ich mit geballten Fäusten auf ihn zu stürmte, drehte er sich um.
„Was hab ich denn eben zu dir gesagt?“
Er hatte in der einen Hand sein Messer, in der anderen den halb ausgenommenen Vogel, von dem das Blut auf den gefrorenen Boden tropfte, doch das nahm ich nicht wahr. Ich sah nur ihn - meinen Peiniger!
In Rage ging ich kreischend auf ihn los, hieb und boxte auf ihn ein, wo auch immer ich ihn erwischen konnte.
„Du Mistkerl! Du - du Barbar! Du Scheusal! Du - du -“
Erstaunt ließ er alles fallen und versuchte sich vor meiner Attacke zu schützen. Dann hatte er meine Handgelenken in seinen großen Händen und hielt mich mit wenig Kraftanstrengung fest, daß ich mich nur noch winden
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