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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnenmeyer
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auch andere Möglichkeiten. Bloß weil ich meine Abstammung nicht verleugnen will, muss ich doch nicht als dicke Oma in Anatolien enden!«
    »Nein, du hast die freie Wahl. Aber die hast du nur, weil deine Mutter sie dir ermöglicht hat. Darauf ist sie stolz und mit ihren schlechten Erfahrungen kann sie deinen Wunsch nur sehr schwer nachvollziehen.«
    »Und du? Kannst du das?«
    »Ich glaube schon. Wir sind da auch nicht einer Meinung, Mama und ich …«, er blickte nachdenklich in den Sternenhimmel, »sie ist fest davon überzeugt, dass ein Mensch nur durch seine Erziehung und sein Umfeld geprägt wird. Ich denke, dass so was wie, wie sagt man … Erbanlagen, Gene, dabei immer durchkommen. Also wenn dein Vater zum Beispiel sehr gut zeichnen konnte, wirst du das wahrscheinlich auch können, auch wenn dir als Kind niemals jemand einen Bleistift in die Hand gegeben hat.«
    »Genau so was meine ich«, sie setzte sich auf und sah ihn an.
    »Ich glaube Mama ja, dass mein echter Vater ein Arschloch war. Ich will ja auch gar nichts von ihm wissen. Aber es gibt ein Land und ein, eine …«
    »Kultur?«
    »Genau, aus der ich komme, und ich will einfach nur mehr darüber wissen.«
    Nach einigen Minuten Stille legte Erwin die Stirn in Falten und fragte leicht besorgt: »Aber du glaubst doch nicht, dass ich dich weniger mag als deine Schwester, nur weil ich nicht dein Erzeuger bin?«
    »Nein«, sagte Renan bestimmt und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, »das weißt du doch!«
    »Also, ich werde mal mit Mama reden«, hatte er gesagt und sie fest an sich gedrückt, »wir werden ja wahrscheinlich nächstes Jahr endlich mal in Urlaub fahren können – warum nicht in die Türkei?«

IV. TUNDRA IN BETON
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Wenn ich dir’s sag!«
    »Nein, also das kann nicht sein!«
    »Einen Zwölflitereimer! Mit seinem Schwanz!«
    »Was du immer erzählst!«
    »Der hat einen Zwölflitereimer voll Wasser an seinen Schwanz gebunden und dreißig Meter weit getragen!«
    »Den muss er doch dann irgendwie mit der Hand festgehalten haben!«
    »Die Hände waren am Rücken!«
    Alfred und Heinrich saßen im Deutschen Michel. Einer jener alteingesessenen Gastronomiebetriebe, die schon seit Jahrzehnten von ausländischen Pächtern betrieben wurden, jedoch ihre angestammte Kundschaft nicht verloren hatten. In den Abendstunden war der Deutsche Michel eine Zuflucht für Handwerker, Arbeitslose und Frührentner, die es nicht besonders eilig hatten, zu ihren Frauen nach Hause zu kommen. Der griechische Pächter bot eine Halbe Bier zu stabilen Preisen und wirklich gutes Essen an. Weshalb er Heinrich überredet hatte, mal wieder herzukommen. Die frittierten Calamari gehörten angeblich zu den besten der Stadt. Alfred liebte derartige Lokalitäten, vor allem wenn sie über einen schattigen Biergarten verfügten. Sie hatten gerade durch die anregende Konversation am Nachbartisch den Faden verloren und sahen sich nun fragend an.
    »Wo waren wir gerade?«, Heinrich spießte mechanisch ein paar Pommes auf die Gabel.
    »Bei der Abschaffung der Essensmarken?«, Alfred hatte etwas Mühe, seine Aufmerksamkeit vom Nachbartisch abzuwenden.
    »Nein, damit waren wir fertig«, sagte Heinrich und kaute nachdenklich auf seinen Pommes herum.
    »Die Großkundgebung nächstes Wochenende«, Alfred schnippte in jäher Erleuchtung mit den Fingern.
    »Genau. Also, wir organisieren gerade Fahrgemeinschaften nach München. In einen normalen PKW passen vier Kollegen rein und bei Vans rechnen wir mit fünf. Soll ich dich als Fahrer oder als Mitfahrer registrieren?«, er hatte Notizblock und Kugelschreiber gezückt und bereits Alfreds Namen aufgeschrieben.
    »Ich kann mich jetzt leider noch nicht festlegen«, antwortete Alfred etwas gequält, »wenn es dumm kommt, können wir am nächsten Wochenende gar nicht weg. Du weißt doch, wie das mit laufenden Ermittlungen ist.«
    »Na, deinem toten Russen wird es auf einen Tag mehr oder weniger nicht ankommen«, sagte Heinrich streng. Er war Schriftführer der für die Kripo zuständigen Direktionsgruppe der Polizeigewerkschaft. Alfred hatte sein Engagement seit Herbsts Ausscheiden auf die Zahlung der Mitgliedsbeiträge beschränkt und war von Heinrich deswegen schon mehrfach getadelt worden. Ihm war vollkommen klar, dass er sich wieder blicken lassen musste, wenn er von Heinrich Unterstützung haben wollte. Der Gewerkschaftler war einer der wenigen Kollegen, die nicht die ganze Zeit jammerten und von Stress und

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