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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnenmeyer
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zwanzig Jahren fragen können.«
    »Und die internen Details über die fünfte Hauptverwaltung?«, Alfred drückte seine Zigarette aus.
    »›Forscht, wo ihr was zum Forschen findet, das Unerforschbare lasst unergründet‹«, zitierte Herbst.
    »Einen Versuch war’s wert«, lächelte Alfred.
    »Vielleicht verrate ich es dir auf dem Sterbebett – solltest du zufällig in der Nähe sein.« Herbst betrachtete eine Zeit lang das Mundstück seiner Pfeife, »was hat das eigentlich mit diesem Hartmann auf sich, der plötzlich so viel Platz in der Zeitung braucht?«, fragte er schließlich.
    »Prominenter Entführungsfall«, erklärte Alfred, »wichtiger Mann, schwerreich … eine gute Gelegenheit für unseren Direktor, sich zu profilieren. Er hat schon eine hundertköpfige Soko eingesetzt.«
    »Na, dann: herzlichen Glückwunsch«, sagte Herbst, »und warum seid ihr nicht dabei?«
    »Woher soll ich das wissen?«, grinste Alfred.
    »Und muss ich von diesem Hartmann schon einmal etwas gehört haben?«, fragte Herbst unbeeindruckt.
    »Der hiesige Biermulti«, sagte Alfred »er ist für das berüchtigte Freiherren-Bier verantwortlich!«
    »Bier«, Herbsts Augen wurden klein, »Bier ist gar nicht gut!«

IX. PERSÖNLICHER GULAG
    Nikolai kam im Februar 1982 in der DDR an. Der Zug lief in den frühen Morgenstunden in den verlassenen Bahnhof einer Kleinstadt nahe Potsdam ein. Er war gemeinsam mit einem weiteren Neuling namens Koschinin in den ostdeutschen Bruderstaat abkommandiert worden. Nach der dreitägigen Zugfahrt fühlten sie sich müde und gelähmt. Nikolai war Angehöriger der dritten Hauptverwaltung und sollte sich um eine Division der Roten Armee kümmern, die ja so nahe am Klassenfeind einer besonderen Überwachung bedurfte.
    Sie wurden von einem Fahrer abgeholt und nach Potsdam in die Kaderabteilung des KGB-Direktorats gebracht. Diese befand sich in einem heruntergekommenen Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert an einer unbefestigten Straße. Man führte sie ins Offizierskasino, wo sie mehrere Stunden warten mussten. Nikolai saß in dem dunklen Raum und fragte sich, ob er sich in diesem Teil der Welt jemals wohl fühlen würde. Gegen Mittag schließlich wurden sie zu Oberst Gorkow befohlen, einem grauhäutigen Apparatschik, der ihnen zunächst ihre genauen Posten mitteilte: Sie würden beide zur sechsten motorisierten Gardeschützendivision kommen, stationiert in Bernau, etwa zwanzig Kilometer nordöstlich von Berlin. Nach Erledigung der Formalitäten widmete sich Gorkow ausführlich der Ehrung des sowjetischen Systems. Das Politbüro und die Regierung kämpften täglich einen glorreichen Kampf gegen den Imperialismus. Dem KGB fiel dabei die ehrenvolle Aufgabe zu, den Siegeszug des Sozialismus gegen seine Feinde im In- und Ausland abzusichern.
    »Durch die heldenhafte und ehrenvolle Arbeit Tausender treuer Tschekisten erleidet der Block der revisionistischen und antisozialistischen Kräfte in der Welt tagtäglich neue Niederlagen.
    Freut euch, Genossen, dass ihr hier an der vordersten Front dazu beitragen könnt, unsere Truppen vom zersetzenden Geist des Kapitalismus reinzuhalten«, blökte Gorkow und erging sich daraufhin in ausführlichen Lobhudeleien über den Generalsekretär sowie den Vorsitzenden des KGB. Als er nach zwei Stunden jede seiner Phrasen mindestens dreimal wiederholt hatte, blickte er den beiden Neulingen streng in die Augen. Nikolai und Koschinin hatten es während der ganzen Zeit kaum gewagt, sich auf ihren Stühlen zu bewegen, saßen mit durchgedrücktem Kreuz vor dem Oberst und nickten ohne Unterlass. »Nun geht, Genossen, und macht der großen Sowjetunion Ehre«, beendete der Oberst seine Predigt und entließ sie mit einem Kopfnicken.
    In der Offiziersmesse erwartete sie bereits ein Oberleutnant, um sie zu ihren Divisionen zu bringen. Er weigerte sich jedoch abzufahren, ohne dass sie eine Flasche guten russischen Wodka mit ihm geteilt hätten. Nikolai verspürte wenig Lust auf weitere Verzögerungen und spendierte eine Flasche aus seinem Koffer, in der Hoffnung, bald von hier wegzukommen. Es wurde Nachmittag, bis sie endlich nach Bernau aufbrachen. Da sie Berlin umfahren mussten, kamen sie erst abends im Quartier ihrer Sonderabteilung an, das in einer kleinen Villa untergebracht war. Die Villa war von einem Garten umgeben und dieser von einem hohen Zaun. Nikolai und sein Reisegenosse waren vom langen Warten, Zuhören, Trinken und Fahren ziemlich müde und legten sich sofort in ihre Betten. Nach

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