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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnenmeyer
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ihr Erkennungszeichen war die Plakette mit dem Auge«, Renan deutete mit Alfreds Stift triumphierend auf Herbst, »stimmt’s?«
    »Nein«, Herbst schenkte sich langsam eine Tasse Tee nach.
    »Nein?«, Renan zog leicht entgeistert die Augenbrauen hoch.
    »Fünfte Hauptverwaltung, Direktion K, Abteilung zehn«, wiederholte Herbst. »Direktion K bezeichnete die, sagen wir mal, verdeckten Ermittler. Abteilung eins war dann für die Schriftsteller zuständig, zwei für die Studenten, drei für die Gläubigen et cetera et cetera, bis hin zur Abteilung neun mit Zuständigkeit für die Juden …«
    »Das waren die Profis in Sachen Täuschen, Hintergehen und Denunzieren«, sagte Alfred.
    »Mussten jahrelang ausgebildet und geschult werden«, erklärte Herbst, »intern hat man sie auch die Telegraphen oder Parasiten genannt – waren wohl nicht sonderlich beliebt beim Rest vom KGB …«
    »Und was ist jetzt mit dem Auge?« Renan zappelte mit dem linken Fuß am Tischbein, so dass Konrads Pfefferminztee gefährlich ins Schwappen geriet.
    »Das waren die Wächter«, panisch griff Herbst nach seiner Tasse, »Abteilung zehn!«
    »Und worüber haben die dann noch gewacht?« Alfred runzelte verwirrt die Stirn.
    »Die Wächter haben aufgepasst, dass keiner von den Telegraphen mit den Staatsfeinden gemeinsame Sache gemacht hat«, erklärte Herbst und blätterte wieder in seinem Notizbuch. »Ihr müsst euch das so vorstellen: die Telegraphen erfüllten eine der wichtigsten Funktionen beim KGB, indem sie die Opposition innerhalb und außerhalb der UdSSR kontrolliert und weitgehend neutralisiert haben. Diese Hand voll Agenten hat die zweitgrößte Gefahr nach den amerikanischen Langstreckenraketen vom Ostblock ferngehalten. Auf der anderen Seite stellten sie auch die zweitgrößte Bedrohung dar.«
    »Du redest von Doppelagenten«, Alfred kreiselte mit seiner Zigarette in Konrads Richtung.
    »Gewissermaßen«, Herbst hatte seine Tasse nun über die Hälfte geleert und lehnte sich entspannt in seinen Stuhl zurück, »es kommt regelmäßig vor, dass Agenten umgedreht werden, und diese Oppositionellen waren weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen. Die Gefahr, dass einer der Telegraphen seine Einstellung zur Sowjetunion änderte und dann gewaltigen Schaden anrichtete, konnte nicht ignoriert werden …«
    »Aber was genau hätten sie denn anstellen können?«, fragte Renan, »ich habe das Puzzle in meinem Kopf noch nicht ganz komplett.«
    »Puzzle?«, fragte Konrad.
    »Nun, wie wär’s mit Fotos von gefolterten Häftlingen in der westlichen Presse«, Herbsts ungewöhnliches Tempo stimmte Alfred fast euphorisch, »oder Protokollen von Schauprozessen, Dissidentenliteratur in amerikanischen Verlagshäusern, Dokumentationen der schlechten Versorgungslage … Lass deiner Phantasie freien Lauf, Kollegin!«
    »Hm«, Renan notierte eifrig.
    »Also waren die Wächter damit betraut, eine ungeliebte Elitetruppe des KGB zu überwachen«, Alfred sah das Bild in seinem Kopf mehr und mehr Gestalt annehmen, »und wenn nun tatsächlich einer von denen aus der Reihe tanzte …?«
    »Tanzen?«, fragte Konrad.
    »Wenn einer von den Telegraphen zum Feind überlief«, Alfred unternahm einen neuen Anlauf, »was haben die Wächter dann mit ihm gemacht? Verhaftet, gefoltert, erschossen?«
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte Herbst verwundert.
    »Woher weißt du das alles, was du gerade erzählt hast?«
    »Wissen tue ich nur sehr wenig«, sagte Herbst philosophisch und zog an seiner Pfeife.
    »Bin ich jetzt im falschen Film?«, Renan riss die Augen auf und sah Alfred entsetzt an. Dieser lächelte milde, beugte sich nach vorne und sah seinem ehemaligen Kollegen in die blassblau eingerahmten Pupillen.
    »Polizisten wissen nichts und glauben nichts«, sagte er und konnte immer noch nicht umhin, den Alten heimlich zu bewundern, »sie holen lediglich Informationen ein …«
    »Guter Junge«, knurrte Herbst.
    »… deren Bewertung sie besser anderen überlassen. Auch ich hatte einen Schulmeister, Kollegin«, sagte Alfred in Renans Richtung und tätschelte ihren Unterarm.
    »Na, mir soll’s recht sein«, sie machte mit dem rechten Zeigefinger eine kreisende Bewegung an der rechten Schläfe.
    »Und woher hast du nun diese Informationen?«, wandte Alfred sich wieder an seinen ehemaligen Lehrherrn.
    »Tja«, Herbst stieß eine dichte Rauchwolke aus, »Aufbau und Geschichte des KGB kann man in der einschlägigen Literatur nachlesen, das hättet ihr mich auch schon vor

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