Albach und Mueller 01 - Russische Seelen
zufrieden. Er hatte in wenigen Tagen eine perfekte Flucht organisiert und außer an jenem Tag am Güterbahnhof war noch kein Polizist auch nur in seine Nähe gekommen und die waren ihm nun wirklich nicht gefährlich geworden. Seine einzige Angst war, dass Valentina nicht nachkommen würde, wenn er sich für einen sicheren Aufenthaltsort entschieden hätte. Aber diese Sorge musste er zunächst zurückstellen. Jetzt galt es abzuwarten und dann Rotterdam zu erreichen.
XI. SALZIGE GURKEN
»Das wird ein harter Brocken«, Heinrich wischte sich mit einem Stofftaschentuch über die Stirn.
»Vielleicht sollten wir doch langsam seine Frau holen?«, Alfred schwitzte ebenfalls. Die Temperatur im Verhörzimmer und im Beobachtungsraum dahinter lag bei 30 Grad.
»Damit rechnet er doch«, seufzte Heinrich, »mir ist nur nicht ganz klar, was er mit seinem Verhalten bezweckt.«
Der Russe saß auf der anderen Seite des Spiegels und starrte auf die Tischplatte. Seit seiner Verhaftung vor genau vierundzwanzig Stunden hatte er auf keine Frage geantwortet. Da konnte sachlich oder emotional argumentiert, gedroht oder gebeten werden, er zeigte keine Regung und sah seine Gesprächspartner mit ausdruckslosen Augen an. Weder wirkte er zerknirscht, weil sie ihn geschnappt hatten, noch schien er ein Bedürfnis zu verspüren, sich die Tat von der Seele zu reden. Alfred hatte schließlich Heinrich um Unterstützung gebeten, weil er sich immer noch nicht ganz sicher war, ob Kashevski oder sein Opfer nicht doch irgendwie mit der Russenmafia in Verbindung standen. Leider konnte auch Heinrich keine Wunder vollbringen. Allerdings hatte auch er noch mal darauf gedrängt, von den russischen Behörden Informationen sowohl über den Verhafteten als auch über die beiden Toten zu bekommen. Alfred hatte beim LKA eine entsprechende Anfrage auf den Weg gebracht, die erst zum BKA und dann zu Interpol nach Lyon gehen würde. Von dort würde dann Kontakt mit Russland aufgenommen werden und schließlich würde höchstwahrscheinlich nichts passieren. Wenn doch, ging es auf demselben Weg wieder zurück.
»So!«, Renan rauschte mit einem Gurkenglas bewaffnet in den Beobachtungsraum. »Jetzt wollen wir doch mal sehen …«
»Was soll denn das werden, Kollegin?«, Alfred drehte eine Zigarette.
»Ach ja, die kannst du mir auch gleich noch geben«, sie nahm ihm den frisch hergestellten Glimmstängel aus der Hand, »Feuerzeug? … Danke!«
Sie betrat das Verhörzimmer und legte ihre Mitbringsel auf den Tisch.
»Wird wieder eine ziemlich einseitige Unterhaltung werden«, mutmaßte Alfred.
»Schade um die vielen Hundert Meter Tonband«, nickte Heinrich.
»Wird das auf Dauer nicht langweilig?«, fragte Renan.
Der Russe sagte nichts.
»Wir können noch monatelang so weitermachen, wenn Sie wollen!«
Er reagierte nicht.
»Wenn Sie es nicht waren, dann sagen Sie es doch. Wir wollen Sie ja nicht auf Teufel komm raus belasten.«
Keine Antwort.
Renan stand auf und ging in dem kleinen Raum ein paar Schritte auf und ab. Schließlich setzte sie sich wieder, öffnete das Gurkenglas und hielt es dem Russen hin.
»Was zum Naschen?«, fragte sie, selbst eine aus der Brühe herausfischend.
»Danke«, sagte er und griff zu.
»Sie können ja doch reden«, Renan tat überrascht.
»Meine Name ist Nikolai Kashevski, ich bin 48 Jahre alt und arbeitslos«, antwortete er.
»Jaja«, Renan nagte an ihrer Gurke, »das haben Sie meinen Kollegen schon mehrmals erklärt. Aber wir möchten noch ein bisschen mehr von Ihnen wissen.«
Knacks – der Russe biss ein großes Stück Gurke ab und lehnte sich zurück.
Renan hatte den Hörer abgenommen, als Herbst im Büro anrief.
»Bist du alleine?«, hatte er gefragt.
»Sieht so aus«, entgegnete sie.
»Wo ist denn Albach?«
»Der musste mit seinem Alfa in die Werkstatt und wollte danach noch zum Staatsanwalt.«
»Kannst du jetzt gleich probieren, ob er an sein Mobiltelefon geht?«, Herbst wirkte überraschend resolut.
»Jetzt sofort?«
»Sofort jetzt.«
Sie griff zu ihrem Handy und wählte Alfreds Nummer, jedoch ohne Erfolg.
»Wahrscheinlich ist er gerade bei der Staatsanwaltschaft und hat es ausgeschaltet«, sprach sie wieder in den Festnetzhörer.
»Dann werden wir das alleine erledigen müssen«, er wirkte ein wenig zurückhaltend.
»Ja, was denn um Himmels willen?«, rief Renan.
»Hier im Fürther Freibad liegt euer Russe …«
»Was?«
»Ist das dein erster ehemaliger KGB-Agent?«
»Natürlich ist das mein
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