Albach und Mueller 01 - Russische Seelen
erster! Glaubst du, das ist eine Nummer zu groß für mich?«, Renan hasste es, unterschätzt zu werden.
»Du nimmst besser deine Dienstwaffe mit«, erwiderte Herbst ungerührt, »Badekleidung brauchst du auch, ein großes Handtuch und außerdem mindestens zwei Streifenwagen. Die sollen sich auch Badezeug besorgen, auf jeden Fall aber draußen warten. Wir treffen uns gleich am Eingang hinter dem Drehkreuz.«
Renan hatte hektisch ihre Pistole aus der Schublade gekramt, Alfred eine SMS geschickt und den Streifendienst alarmiert. Sie fuhr in einem der Einsatzfahrzeuge mit und versuchte sich während der ganzen Fahrt an verschiedenen Entspannungsübungen. Es war ganz sicher nur Besorgnis von Herbst gewesen, dass er lieber Alfred bei dieser Aktion dabeigehabt hätte. Heimlich musste sie sich eingestehen, dass dieser Täter ihr schon einiges Unbehagen bereitete. Sie hielten mit quietschenden Bremsen vor ihrem Haus und Renan spurtete in den vierten Stock, um ihre Badesachen zu holen. Sie packte einen Badeanzug, zwei Handtücher, eine Bastmatte und überflüssigerweise auch noch Sonnencreme in eine Tasche. Wieder im Auto, fragte sie der fahrende Polizeiobermeister:
»Wo sollen wir denn so schnell Badehosen herkriegen, Frau Müller?«
»Ruft die Fürther Kollegen an und gebt eure Größen durch«, befahl Renan kurz entschlossen, »ist mir egal, wo die das herholen. Und dass mir keiner von euch in Uniform das Bad betritt. Ihr müsst euch draußen umziehen, verstanden?«
Es war bereits fünf Uhr abends und absehbar, dass der Badebetrieb in den nächsten zwei Stunden zu Ende gehen würde. Renan mochte gar nicht daran denken, was wäre, wenn der Kerl eine Waffe dabeihätte, und das im überfüllten Freibad …
Sie traf Herbst gleich hinter dem Kassenhäuschen. Er trug eine zeltgroße Hawaii-Short in knalligen Farben, dazu ein beiges kurzärmeliges Hemd und eine überdimensionale Sonnenbrille. Seine Füße steckten in bunten Badeschlappen und er hatte sich ein grün-weiß kariertes Schnupftuch über die Glatze gebunden. Am liebsten hätte sie laut losgelacht, aber ihr Herz war ihr schon längst in die Hose gerutscht. Renan zog sich um und folgte Herbst auf die Liegewiese hinter dem Schwimmerbecken. Das Gelände war immer noch stark bevölkert. Er deutete mit einer leichten Kopfbewegung auf einen Mann, der zehn Meter weiter an einem leichten Abhang lag und mit einer Mütze über den Augen zu dösen schien. Renan breitete ihre Bastmatte und ein Handtuch gut zwei Meter neben Herbsts Lager aus.
»Wie in drei Teufels Namen hast du ihn gefunden?«, flüsterte Renan.
»Siehst du den Rucksack links neben ihm?«, brummte Herbst leise.
»Klar.«
»Davor steht ein Glas mit russischem Etikett.«
»Gurken!«, sie hatte Mühe nicht laut zu werden.
»Ich habe in allen Freibädern der Gegend nur einen einzigen Mann gesehen, der russische Gurken zu Mittag isst.«
»Du hast aber doch hoffentlich auch mal sein Gesicht gesehen«, zischte sie und griff zur Sonnencreme.
»Klar«, sagte er und setzte sich in seinen Klappstuhl.
»Wir sollten warten, bis er geht, und ihn dann verfolgen«, sie cremte sich fleißig ein und übersah dabei fast ihre viel zu blasse Hautfarbe. »Das ist doch viel zu gefährlich hier drin. Hier kann er gleich dutzendweise Kinder als Geiseln nehmen.«
»Das stimmt schon«, murmelte Herbst, »aber Geiseln findet er auch draußen. Es wird schwer, ihn unauffällig zu verfolgen, und er kann in alle Himmelsrichtungen davon. Hier drin kommt er schlechter weg und wenn wir ordentlich arbeiten, kann er keine Waffe ziehen.«
»Ich weiß nicht …«
»Na, wo kann er sie denn schon haben?«
»Eigentlich nur im Rucksack.«
»Eben.«
Zwanzig Minuten später holte Renan die umgezogenen Kollegen vom Eingang ab und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die ebenfalls käsig weißen Streifenbeamten waren von den Fürther Kollegen mit einer ganz erstaunlichen Auswahl an Badehosen versorgt worden. Renan weihte die Beamten in Herbsts Plan ein. Sie legten sich jeweils fünfzehn Meter links und rechts von der Zielperson in die Wiese. Vor dem Russen waren Herbst und Renan, etwas hinter ihm ein hoher Zaun. Die ganze Zeit über hatte sich der Mann kaum gerührt. Als sich die letzten Kinder aus der unmittelbaren Umgebung entfernt hatten, stand Herbst ächzend auf und bewegte sich langsam auf ihn zu. Um ihn nicht zu erschrecken, sprach er den Mann schon von weitem an:
»Entschuldigung, junger Freund.«
Er blickte auf und Renan
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