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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnenmeyer
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zündete sich ebenfalls eine Zigarette an, »da ist ein gefälschter deutscher Pass und einige Visa. Verbrenn das Zeug, bitte.«
    »In Ordnung«, sagte sie, ohne zu zögern.
    »Und pass auf, dass dich keiner verfolgt!«, mahnte er.
    »Ich mach das schon.«

XII. DR. SCHIWAGO
    »Also, ich muss sagen, mit der Zeit gewöhnt man sich daran«, Herbst musterte die Gurke, von der er soeben abgebissen hatte, und reichte das Glas an Renan weiter.
    »Ich habe im Geschäft gefragt, ob man die eher abends oder zum Frühstück isst«, sagte sie, ebenfalls kauend.
    »Und«, fragte Alfred, der als Einziger verzichtete.
    »Der Mann hat gemeint, das wäre egal, Hauptsache man trinkt viel Wodka dazu!«
    »Auch das noch«, Alfred verzog das Gesicht, »ich habe vor einigen Jahren mal eine Flasche geschenkt bekommen, die hat dann ewige Zeiten im Küchenschrank gestanden, bis ich sie letzten Winter als Frostschutz in die Scheibenwischanlage geschüttet habe.«
    »Wodka ist gar nicht gut«, nickte Herbst.
    Sie saßen zu dritt im Büro und hielten Kriegsrat. Die Außentemperatur betrug heute 36 Grad und es gab in der Zeitung die ersten Spekulationen über Wasserengpässe. Vorsorglich wurden die Bürger schon mal aufgefordert, jeden unnötigen Verbrauch wie Autowaschen, Rasensprengen und so weiter zu vermeiden. Die Feuerwehr hatte Alarmstufe Rot wegen Waldbrandgefahr ausgerufen.
    »Wir müssen ihn jetzt schmoren lassen«, sagte Herbst.
    »Ich nehme an, du redest von Nikolai Kashevski«, Alfred drehte mal wieder Zigaretten.
    »Mit jedem erfolglosen Versuch, etwas aus ihm herauszukitzeln, wird er stärker«, fuhr Herbst fort, »er muss jetzt einige Tage in seiner Zelle bleiben, ohne dass einer von uns mit ihm redet, vielleicht beunruhigt ihn das wenigstens etwas.«
    Auch Herbst hatte sich in den letzten Tagen an Kashevski die Zähne ausgebissen. Einmal war er mit einer aktuellen Ausgabe der Wirtschaftswoche gekommen und hatte ihm eine Meldung vorgelesen, wonach der Bierkonsum in Russland sich in den letzten Jahren von 23 auf 53 Liter pro Kopf und Jahr erhöht habe. Die Politik hätte nun dem Gerstensaft den Kampf angesagt, der Rechtspopulist Schirinowski spräche gar von einem »abscheulichen Getränk«, das ungesund sei und dick mache. »Schauen Sie, wie hässlich die Tschechen und die Deutschen sind«, wurde Schirinowski zitiert.
    Doch Kashevski ließ sich davon genauso wenig beeindrucken wie von Herbsts Versuchen, ihm deutsche Klassiker näher zu bringen. Er hatte ihm Maria Stuart und Götz von Berlichingen vorgestellt. Er lud ihn ein, mit ihm Die Räuber in verteilten Rollen zu lesen. Doch der Russe blieb verstockt.
    »Erster Akt, zweite Szene«, hatte Herbst langsam und eindringlich gebrummt, »ich bin jetzt Karl von Moor und Sie der Spiegelberg … Mir ekelt vor diesem tintenklecksenden Säkulum, wenn ich in meinem Plutarch lese von großen Menschen. «
    »Mein Name ist Nikolai Kashevski, ich bin 48 Jahre und arbeitslos.«
    »Das steht da aber nicht«, insistierte Herbst und gab nach weiteren fünf Versuchen auf.
    Ein Achtungserfolg gelang ihm mit Pasternaks Doktor Schiwago. Als er vorlas: kratze an einem Russen und der Bauer kommt zum Vorschein, ergänzte ihn Kashevski mit den Worten: »dann hat Stalin aus den Bauern Schlosser und Maschinisten gemacht«. Den Rest des Tages sagte er jedoch gar nichts mehr.
     
    »Mindestens drei Tage Pause«, ordnete Herbst an.
    »Auch wenn wir morgen neue Informationen aus Russland kriegen?«, fragte Renan.
    »Auch dann!«
    »Wir hätten seine Frau rund um die Uhr beschatten sollen«, ärgerte sie sich.
    »Bleibt nur die Frage, von wem«, entgegnete Alfred sarkastisch, »drei Viertel unseres Personals sind damit beschäftigt, Hartmann oder seine Entführer zu finden. Herbert stellt mir nicht einen Mann mehr zur Verfügung, als wir jetzt sind …«
    »Sie haben doch anscheinend mit Herrn Herbst schon eine volle Kraft zusätzlich«, äffte Renan Göttler nach.
    »Genau«, fuhr Alfred fort, »uns beide hat seine Frau schon gesehen und Konrad ist ihm bekannt. Die Frau hat ihn schon einmal besucht, da kann er ihr beschrieben haben, vor wem sie sich in Acht nehmen soll. Wir müssen uns eben damit abfinden, dass unser Fall nur nachrangig ist!«
    »Das ist gar nicht gut«, sagte Herbst.
     
    Nikolai saß auf der Pritsche in seiner Zelle und las. Der alte glatzköpfige Polizist hatte ihn daran erinnert, dass er schon immer mal etwas von Pasternak lesen wollte. Dieser war in der Sowjetunion in Ungnade gefallen,

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