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Albert Schweitzer

Albert Schweitzer

Titel: Albert Schweitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Muenster
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bunt gemischte Lambarene-Tierschar. Manche der Spitaltiere erreichten durch Schweitzers Erzählungen geradezu Weltbekanntheit, so die Pelikane Parsifal, Tristan, Lohengrin, die Antilope, die respektlos seine Manuskripte anknabberte und ihren Lieblingsplatz unter dem Tropenklavier hatte („Antilöpeli“), die Wildschweine Thekla und Josephine, die verschiedenen, stets zu Schabernack aufgelegten Schimpansen, die Hunde, Katzen, Hühner, Ziegen, der cholerische Truthahn ... Kurzum: Lambarene war in gewisser Hinsicht auch ein Zoo, denn Tiere gehörten ganz einfach in die Lebensgemeinschaft des Spitals, so wie sie auch ihren anerkannten Platz in der umfassenden Ehrfurchtsethik des Urwaldarztes bekommen sollten.
    Das in geistiger Hinsicht entscheidende Ereignis des ersten Lambarene-Aufenthalts fand im September 1915 statt. Schweitzer arbeitete während dieser Zeit an seiner Kulturphilosophie und rang mit den grundsätzlichen Fragen: „Was ist das wahrhaft Ethische? Welches sind die wirklichen Kulturideale? Was ist überhaupt Kultur?“ (Erich Gräßer). Monatelang beschäftigten ihn diese Fragen, ohne dass er in seiner Suche nach einem universalen Grundgesetz des Guten fündig wurde. Er trat auf der Stelle, kam nicht vorwärts in seinem Bemühen, ein allgemeingültiges Grundprinzip aller Ethik zu finden.
    Eine Bootsfahrt auf dem Ogowe brachte den denkerischen Durchbruch. Schweitzer hatte seine Frau auf der Schiffsreise nach Kap Lopez begleitet, damit sich Helene dorterholen sollte. Ihn erreichte die Nachricht, dass die Frau eines Schweizer Missionars erkrankt und seine Hilfe erforderlich sei. Im Schlepptau eines kleinen Dampfers begab sich Schweitzer zusammen mit einigen Eingeborenen auf die zweihundert Kilometer lange Flussfahrt zu der Patientin. Er wollte die Reisezeit nutzen, um mit seinen Aufzeichnungen zur Kulturphilosophie voranzukommen, beschrieb Blatt um Blatt „mit unzusammenhängenden Sätzen, nur um auf das Problem konzentriert zu bleiben“. Dann, am Ende des dritten Reisetages, hatte Schweitzer ein geradezu mystisches Offenbarungserlebnis. Sie fuhren an einer Insel vorbei; vier Nilpferde wanderten mit ihren Jungen über eine Sandbank. „Da kam ich, in meiner großen Müdigkeit und Verzagtheit, plötzlich auf das Wort ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘, das ich, so viel ich weiß, nie gehört und nie gelesen hatte. Alsbald begriff ich, dass es die Lösung des Problems, mit dem ich mich abquälte, in sich trug. Es ging mir auf, dass die Ethik, die nur mit unserem Verhältnis zu den andern Menschen zu tun hat, unvollständig ist und darum nicht die völlige Energie besitzen kann.“ Eine fundamentale Entdeckung. Schweitzer war auf den zentralen Begriff gestoßen, mit dem sich nach seiner Überzeugung eine tragfähige Ethik begründen ließ. Man hat inzwischen nachgewiesen, dass Schweitzer den Begriff der Ehrfurcht vor dem Leben schon früher in einer seiner Straßburger Vorlesungen verwendet hat. Doch das ist für das Schlüsselerlebnis auf dem Ogowe unerheblich,denn erst dadurch wurde ihm die Tragweite dieses Konzepts bewusst. Für Schweitzer jedenfalls war es, als habe ein schweres eisernes Tor, das ihm bisher den Zugang zu einer universalen Ethik verschlossen hielt, endlich nachgegeben: „Nun war ich fähig, das geplante Werk über Kultur und Ethik zu schreiben ...“
    Helenes und Alberts erster Afrika-Aufenthalt endete geradezu katastrophal: 1914 war in Europa der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Von diesem Zeitpunkt an galt das deutsche Ehepaar als „Feind“, denn Gabun war französische Kolonie. Die beiden wurden unter Hausarrest gestellt; Schweitzer durfte zunächst nicht weiter praktizieren. Seine Aufzeichnungen über die Kulturphilosophie gab er vertrauensvoll in die Obhut eines Missionars, da er befürchtete, sie könnten sonst von den Franzosen konfisziert werden. 1917 wurden die Schweitzers aus Afrika ausgewiesen und mussten zwei Aufenthalte in Internierungslagern über sich ergehen lassen: zunächst in Garaison in den Pyrenäen, anschließen in St. Rémy in der Provence. Weil beide gesundheitlich sehr angeschlagen waren, wurden sie im Juli 1918 aus der Gefangenschaft entlassen und konnten nach Straßburg zurückkehren. Helene und Albert befanden sich in einer verzweifelten Lage. Durch die Wirren des Krieges war ein Schuldenberg von über 20 000 Francs entstanden, die Zukunft des gemeinsamen Lebenswerkes Lambarene war völlig ungewiss.

Z URÜCK IN E UROPA
    Vieles deutete darauf hin, dass Schweitzers

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