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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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ihren Maschinen eine Persönlichkeit zu, in Wirklichkeit aber haben sie keine: nur spezifische unveränderliche Fehlerquellen oder Stärken. Ich mochte Maschinen, teils aus diesem Grund, teils weil die Beschäftigung mit ihnen keine »Frauentätigkeit« war. Sollte die größere Körperkraft des Mannes jemals ein Faktor gewesen sein, jetzt hat sie keine Bedeutung mehr. Maschinen haben Muskeln und eine Kraft, die die des stärksten Mannes übersteigt; der Mensch steuert Geduld und mecha-nisches Geschick bei.
    Als Gegenleistung gab es einen festen Tagesablauf, Einsamkeit und ein Landleben, das für mich eine gute Tarnung bedeutete.

    Die Schönheit der Welt, die mich umgab, war das Wichtigste, aber darüber möchte ich mich hier nicht äußern. Voller Belustigung habe ich einmal ein Interview mit Joseph Campbell – der über My-then und archetypische Sagen geschrieben hat – gelesen, in dem er sagte, er wüßte nicht, ob er überhaupt ein Romanschriftsteller sei.
    »Wissen Sie«, sagte er zu dem Reporter, »ein Romanschriftsteller muß am Aussehen der Dinge interessiert sein, an der Art, wie das Licht auf seinen Ärmel fällt und so weiter. Dieses Talent besitze ich nicht, und ich fand, daß alles, was ich schrieb, steif war; also habe ich aufgegeben.« Ich bin amüsiert und neidisch auf die Menschen, die sich entschließen, allein zu leben und darüber schreiben, wie ein Kardinalvogel sein Weibchen füttert oder wie ein Waschbär an die Haustür kommt oder über die Mischung aus Ergriffenheit und Freude, die man beim Anblick von Bäumen vor dem Abendhimmel emp-findet. Ich aber habe mich der Einsamkeit und dem Landleben hin-gegeben und schreibe nur über eine Zivilisation, die ich hasse und die mich gleichzeitig fasziniert. Meine Liebe zur Natur ist voller Schmerz und Furcht vor ihrer Zerstörung.
    Ich näherte mich Ted und seiner Frau mit großer Vorsieht. Die größte Hürde war – das wußte ich genau –, daß sie mich für verrückt halten könnten, irgendwelchen sonderbaren Lastern ergeben, und mir erst gar keine Chance geben würden. Meine Stärke war, daß ich eine Art Leistung anbieten konnte, die für einen Farmer fast nicht zu bekommen war. Meine Hoffnung mußte meine Angst besiegen. Und ich mußte meine eigenen Forderungen von Anfang an deutlich machen. Ich habe alles so ausgearbeitet, als wollte ich ihr Leben infil-trieren, ganz nach dem Vorbild des FBI. Ich war gerissen und geduldig.
    Ted hatte auf seinem Grundstück ein Haus zu vermieten. Es lag zu nah an der Farm und war nicht komfortabel genug, um für länger vermietet zu werden, aber Jäger nahmen es im November, wenn sie zur Jagd gingen, und manchmal Skiläufer, wenn sie nichts Besseres fanden. Es war ein Haus mit einem Zeltdach, das bis auf den Boden hinunter reichte, und war für irgendwelche private Zwecke gebaut worden, als Teds Großvater noch die Farm hatte. Die zeltartigen Häuser waren der große Renner Ende der sechziger Jahre. Sie waren leicht zu bauen, hatten hohe, »domartige« Zimmerdecken, Küche und Bad. Der Schlaftrakt lag auf einer Empore im hinteren Teil des Hauptraumes, und das war ein Mangel in den Augen all derer, die nicht mehr jung und beweglich waren. Um ins Bett zu gelangen, mußte man eine recht hohe Leiter erklimmen oder im WohnEßbereich schlafen. Ich mag hohe und weite Räume; ich mochte die spitz zulaufende Decke, obgleich sie die Heizkosten in schwindeler-regende Höhen trieb. Darüber hatte sicher niemand nachgedacht, als das Haus entworfen wurde. Große Bäume warfen ihre Schatten auf das Haus, und ich war froh, daß Teds Großvater sie hatte stehen lassen und den Bauplatz nicht plattgewalzt hatte, wie die meisten anderen. Die Hütte, in der ich noch wohnte, war eng, billig gebaut, und überall blätterte die Farbe ab. Ich hatte begonnen, von Teds Zelthaus zu träumen und mein Leben darin zu planen. Ich besuchte Ted und seine Frau (die ich damals für sein Anhängsel hielt, aber eines mit Kräften, die man bändigen und beruhigen mußte) eines Abends nach dem Dinner. Ich hatte vorher angerufen. Der Abend ist die einzige Tageszeit, zu der man mit einem Farmer reden kann, es sei denn, man folgt ihm oder ihr in die Scheune oder aufs Feld. Sie sind müde und werden sicher nicht lange mit einem aufbleiben, aber ihre Aufmerksamkeit ist vorhanden. Am Telefon hatte ich nur gesagt, daß ich mit ihnen über eine bestimmte Sache sprechen wollte; ich beabsichtigte, sie zu überrumpeln, und das ist mir auch gelungen.
    Teds

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