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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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gezwungen, Ted nach draußen zu folgen, wenn sie weiter mit ihm reden wollten, hinaus in eine Menge Matsch; nach einem bedeutungsvollen Blickwechsel taten sie das dann auch. Ted wußte, daß ich über Besuch nicht son-derlich erfreut war, und ermutigte sie daher keineswegs.
    »Die Frau, die wir suchen, ist nicht mehr ganz jung. Man hat uns gesagt, daß sie hier auf dieser Farm bei Ihnen lebt und für Sie arbeitet.«
    »Tja, wer kann Ihnen das schon gesagt haben?« fragte Ted.
    Den Besuchern war inzwischen klar geworden, daß sie so nicht weiterkamen. »Gibt es denn eine Frau, die hier wohnt und arbeitet?«
    fragten sie.
    »Mehrere«, sagte Ted. »Da ist meine Frau, aber die ist nicht hier.
    Da ist die Farmarbeiterin, aber die ist nicht hier. Da ist meine Schwiegermutter, aber die ist auch nicht hier. Meine Mutter wohnt ein Stück die Straße runter; sie hilft manchmal aus.«
    Ted schwört, daß er »ein Stück die Straße runter« gesagt hat; seine Rolle hätte ihn einfach mitgerissen, aber das bezweifele ich.
    »Sie sagten, daß Sie eine Frau als Farmarbeiter beschäftigen?«
    fragten sie.
    »Das habe ich nicht gesagt, aber sie ist eine Frau.«
    »Wie heißt sie?« fragten sie.
    »Tja, wissen Sie«, sagte Ted, »ich glaube, ich habe keine Lust, Ihnen das zu sagen. Warten Sie doch einfach, bis Sie sie gefunden haben und ihr jede Frage stellen können, die Sie wollen. Aber wenn ich Sie wäre, würde ich aufpassen; sie hat ein mächtig wildes Temperament.«
    Dann sind die beiden in ihren Wagen gestiegen und davongefah-ren, nachdem sie vor der Scheune gewendet hatten. Gerade als sie den Wagen erreicht hatten, watschelte eine von Teds Gänsen heran; die Frau streckte ihr die Hand hin, und die Gans hat zugebissen, was mich sehr freut; allerdings nicht fest. Sicher, das wird sie nicht für lange verscheuchen. Aber ich war froh, einen Helfer vor Ort zu haben, der so handelte, wie ich es selbst getan hätte, wäre ich dagewe-sen.

    Am Abend sagte Ted zu mir: »Was du auch angestellt hast, ich fürchte, sie sind dir auf die Spur gekommen. Ich habe mich wie ein entsprungener Irrer benommen, ländliche Variante, soweit ich es eben wagen konnte, aber ich glaube, sie sind nur zu ihrem Motel zurückgefahren, um sich neu zu formieren. Schuldest du ihnen Geld?«
    »Ich schulde ihnen gar nichts«, sagte ich, »und auch sonst niemandem. Als ich dir sagte, daß ich kein Verbrechen begangen und niemanden verletzt hätte, war das einfach die Wahrheit. Alles, was die wollen, ist, mir Fragen stellen; vielleicht im Zusammenhang mit einer Schriftstellerin, die noch heute berühmt ist und die ich früher gekannt habe.« (Habe ich das damals geglaubt?) »Und ich möchte nicht über sie sprechen; mehr ist an der Sache nicht dran.«
    »Irgendwie hat mich das Ganze an das FBI erinnert, wie es in alten Filmen einen langgesuchten Verbrecher aufspürt.«
    Ich lachte und wußte genau, was er meinte. Die meisten Menschen fügen die Dinge gern in Geschichten ein, die sie schon kennen; es gibt ihnen mehr das Gefühl dazuzugehören, als es sonst der Fall wäre. Schriftsteller tun das häufiger als die meisten anderen Leute.
    Warum sage ich das? Weil ich es verstehe und weil ich selbst eine Art Schriftsteller bin. Was einen Schriftsteller kennzeichnet, ist folgendes: sobald sie – oder er natürlich – niederschreibt, was geschehen ist, macht sie oder er es zu einer Geschichte, also zu etwas, das nicht wirklich passiert ist; es hat Gestalt und Form, aber keine direkte Realität mehr. Ich glaube, viele Frauen führen Tagebuch in der Hoffnung, ihrem unausgefüllten Leben Gestalt zu verleihen.
    »Also, ich will keinen Ärger«, sagte Ted, »das weißt du.«
    »Habe ich dir welchen gemacht?«
    »Noch nicht. Aber ich habe noch nie einen Farmarbeiter gehabt, der mir zum Schluß nicht doch Ärger gemacht hat.«
    Ich wußte, daß das stimmte. Das war auch der Grund, warum Ted an unserer Abmachung festhielt. Die Arbeit eines Farmarbeiters ist so ziemlich das Härteste, was es gibt; das Einsamste und das am schlechtesten Bezahlte. Aber das ist zum Teil so, weil Farmarbeiter ihre Bedingungen nicht selbst aushandeln können, weil sie nicht wissen, was sie wollen. Ich wußte es.
    Ich hatte Teds Farm, den Tagesablauf und die Gegebenheiten sehr sorgfältig ausgesucht, nachdem mir klargeworden war, daß die Arbeit auf einer Farm genau das war, was ich wollte: harte Arbeit, aber nicht den ganzen Tag lang, wenn auch jeden Tag. Und das ist der Fall bei Kühen. Als ich

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