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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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mußte immer darauf achten, daß sie nichts von mir oder den Kindern erwähnte, was nicht er ihr erzählt hatte. Aber ich habe sie dazu überredet, alles so zu lassen, wie es war. Es hätte sie nicht besonders beunruhigt, wenn wir einander nicht begegnet wären. Was sie beunruhigte, war, daß es keine Geschichten über eine derartige Situation gab, daß es keine Richtlinien gab, an denen wir uns hätten orientieren können; es war ein neues Spiel. Und da wären wir nun wieder. Ich finde nicht die richtigen Worte dafür und habe sie auch damals nicht gefunden. Außerdem hing Martin wirklich an Alberta. Es spricht sehr für ihn, glaube ich, daß er sie schätzte und ihren Wert kannte, daß er sie liebte.«
    »Nun, es kann nicht viele Frauen geben«, sagte Kate, »die mit einer Situation, wie sie Martin bot, voll und ganz zufrieden gewesen wären. Sie aber wollte gar nicht mehr, wohl auch nicht in Zukunft.
    Es tut mit leid, wenn das zynisch klingt.«
    »Sie haben recht; aber schließlich ist Martin nicht Stan Wyman, und das ist gut so. Ich bin oft schockiert darüber, wie viele meiner männlichen Kollegen auf Abenteuer aus sind.«
    »Das stimmt«, sagte Kate, »aber ich habe festgestellt, daß ganz allgemein verheiratete Männer entweder wild herumbumsen oder es nicht tun. Die meisten gehören entweder zu der einen oder der anderen Kategorie. Meine Nichte Lillian hält Stan Wyman nicht für einen besonders erfolgreichen Weiberhelden, aber er gehört zu denen, die es versuchen.«
    »Ist Ihre Nichte eine von seinen Studentinnen?«
    »Eigentlich nicht; von Lillian werde ich Ihnen später erzählen.
    Wenn Sie Martin nichts gesagt haben und Alberta auch nicht, was ist dann passiert?«
    »Er hat Alberta und mich zusammen gesehen. Es war einfach entsetzlich. Ich glaube, wenn ich jemals ertrinken sollte, würde ich mit diesem immer sich wiederholenden Bild vor Augen untergehen.
    Ich sollte noch sagen, daß Alberta damals in einer Art Hütte in New Jersey lebte, in der Nähe der Straße nach New York. Sie stand auf dem Grundstück von irgend jemandem, und man hatte sie ihr sehr billig vermietet. Alberta versuchte zu schreiben und brauchte damals keinen Job für ihren Lebensunterhalt. Sie hatte etwas geerbt – ich weiß nicht, ob Sie das wissen…«
    »Cyrils Mutter mußte wohl gestorben sein«, sagte Kate.
    »Was es auch gewesen sein mag, Alberta hatte etwas Geld durch ihre gelegentlichen Jobs gespart; zusammen mit diesem kleinen Einkommen war sie in der Lage, dort in der Hütte zu leben. Zu unseren Alle-vierzehn-Tage-Dinners haben wir uns immer auf der einen oder anderen Seite der Tappan-Zee-Brücke getroffen. Ich glaube, ihrem Tagesablauf fehlte die Struktur, wie sie ihr ein Job vermittelt hätte, selbst ein langweiliger; aber sie wollte versuchen, ohne Routine zu leben, wie sie sagte. Sie sah Martin an mehreren Nachmittagen oder Abenden in der Woche; es war kein schlechtes Leben. Alberta war gern allein. Sie sagte, ihre Tante habe ihr immer gesagt, daß die meisten erfüllten Leben erfüllt seien von leeren Gesten.«
    Sie machte eine Pause und fuhr dann fort: »Eines Nachmittags fuhr Martin zur Staatlichen Universität von Purchase, um dort einen Vortrag zu halten, und auf dem Rückweg machte er bei einem Restaurant halt, in dem wir saßen; er hatte einen alten Bekannten getroffen und beschlossen, sein reguläres Dienstagsseminar über Modernismus sausen zu lassen. Irgendwie sehe ich es immer mit seinen Augen: Er blickte auf, und da saßen wir, Alberta und ich; wir redeten und lachten miteinander, und unsere lange und tiefe Beziehung war nur allzu deutlich. Es gibt Dinge, die sieht man zunächst nur flüchtig aus dem Augenwinkel und weiß dennoch sofort, daß sie Realität sind. Er sagte nichts. Er stand nur da und sah uns an und verließ das Restaurant. Sein Freund lief hinter ihm her und kam dann zurückge-rannt, um die Rechnung zu bezahlen. Es war ein einschneidender Moment.«
    Kate blickte über die Bucht in der Ferne. »Was geschah dann?«
    sagte sie. »Ich meine, in den folgenden Tagen?«
    »Martin konnte Alberta nicht finden. Sie war nicht in ihre Hütte zurückgekehrt, und er wußte nicht, wo er sonst hätte suchen sollen.
    Es stellte sich heraus, daß sie einfach in ein Motel gezogen war und wartete, bis er ihres Wissens eine Vorlesung hatte, um dann ihre Sachen aus der Hütte zu holen. Ich glaube, zu der Zeit ist sie nach New England gegangen; dort wohnte sie in einer Art Pension und hat schließlich den Job auf

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