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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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die Polizei hinterherhetzen!
    Das nächtliche Auto auf dem Hauler Weg? Hatte es etwas mit dem Tod von Pocherd zu tun? Da müsste jedes nächtliche Auto verdächtigt werden.
    Dennoch beschloss ich, mit Dr. Hagenbach die ehemalige Kiesgrube zu durchstöbern.
    Als Kind waren Maulwurfshaufen für mich eines der großen Rätsel der Welt, vergleichbar den Rätseln der Vulkane, bei denen aus der kalten Erde Feuer fließt. Es sind Gänge, die da unten gegraben werden, wurde gesagt, in undurchdringlicher Nacht. Blind seien die Maulwürfe, weil ihnen beim Graben durch die Nacht Augen nichts nützten. Welch düsteres Wort: Maulwurf. Wie sah wohl ein Wesen aus, das Maulwurf hieß? Und was war das, ein Wurf mit dem Maul? Nirgendwo hatte ich jemals gesehen, dass das Maul – wir mussten natürlich Mund sagen – zum Werfen verwendet wurde. Die an Unvorstellbarkeit rührende Tatsache der Andersartigkeit wurde mir zum ersten Mal wirklich bewusst. Es konnte alles geben, wenn nur einige Fingerbreit unter mir blinde Maulwürfe gruben.
    Dann wurde mir im Fetzenried einer gezeigt. Er war tot und lag in staubigen schwarzen Plüsch gehüllt neben dem Weg. Keilförmig wie die Spitze einer Sonde. Seine winzigen, schwarz glänzenden Augen im Fell waren offen.
    Diese Erinnerungen stiegen in mir hoch: Wie ein Maulwurf kam ich mir vor, Schwärze, Widerstände auf allen Seiten.
    Tante Helene, Frau Strauß, öffnete die Tür lächelnd. »Ach, Herr Dr. Fideler, das ist aber –«
    Sie trug einen wollenen Pullover und hatte einen Kaschmirschal um den Hals geschlungen mit einem Leopardenmuster; sie lächelte und hüstelte, die Hand vor dem Mund.
    »Sie entschuldigen, ich bin etwas erkältet.«
    Helene Strauß dankte für die Pralinen, die ich ihr reichte, und legte sie auf eine Anrichte im Flur. Sie wirkte älter als vor einigen Tagen, angegriffen, verletzlich, ihre Löckchen zitterten.
    Als ich in ihrem geschmackvollen, jetzt am Tag sehr hellen Zimmer Platz genommen hatte – sie bot mir kein Gebäck oder Getränk an –, fragte sie, was sie für mich tun könne, als gäbe es hier etwas zu fragen.
    Wie sollte ich beginnen?
    »Die Schuhe von Amelie«, ich sagte tatsächlich Amelie und wählte bewusst die Schuhe als Anknüpfungspunkt, »die Schuhe in der Kiesgrube. Sie sagten, dass nicht der Mörder die Schuhe dort hingelegt hätte. Wie können Sie da so sicher sein? Verzeihen Sie meine Neugier. Aber in diesem Zusammenhang ist mir alles wichtig – Sie verstehen.«
    »Das kann sich doch jeder denken«, antwortete sie überraschend kühl, »dass der Mörder nicht vom Tatort in die Kiesgrube geht und dort die Schuhe, die er dem Opfer zuvor ausgezogen hat, ablegt. Dazu müssen Sie doch nicht mich fragen.«
    Richtig, jeder konnte das denken, aber ich wollte ja nicht das hören, was jeder denken konnte.
    »Ich hätte gedacht, Sie wüssten mehr.«
    Ihr Gesicht blieb verschlossen, erkältet, könnte man sagen.
    Sie zog ihren Schal zurecht. »Es ist schon so lange her.« Sie baute die Mauer noch höher, die sie von Anfang an errichtet hatte.
    »Ich falle Ihnen lästig«, sagte ich mit besorgter Stimme.
    »Nein, nein, Herr Dr. Fideler, wie könnten Sie mir lästig fallen. Das ist es nicht.« Ihre Stimme war wärmer geworden.
    Ich musste das ausnutzen. »Wissen Sie, das alles ist so furchtbar für mich, es tut so weh!«
    »Ein schreckliches Thema, nicht? Mich greift es auch jedesmal an.«
    »Darf ich trotzdem noch die eine oder die andere Frage?«
    Sie hatte die Arme verschränkt. »Ich habe mir die ganzen Tage alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen«, nickte sie, »aber das ist alles so lange her. Die Schuhe in der Kiesgrube –«
    »Haben Sie diese Schuhe selbst gefunden?«
    »Mein Kopf«, sagte sie empfindlich, »es ist heute kein guter Tag. Wahrscheinlich brüte ich etwas aus.« Sie streichelte ihren Schal.
    Ich musste ihr weiterhin lästig fallen. »Jemand muss die Schuhe doch gefunden haben. Woher wusste derjenige oder wussten Sie, dass es die Schuhe des Opfers –«
    »Da ging etwas schief.« Sie schwieg erschrocken. »Nein, irgendjemand hat es gesagt. Jemand hat auch nach den Schuhen gefragt, ein Polizist oder ein Wachtmeister – ich weiß es nicht mehr, leider.« Ihre Löckchen bebten. »Wissen Sie, alle haben damals von dem Mord geredet. Es war ja auch so schrecklich. Und jeder von den Schuhen.«
    Da ging etwas schief, hatte sie gesagt!
    »Und Sie wissen nicht, wie die Schuhe in die Kiesgrube gekommen sind?«
    »Wissen Sie, da müsste so viel

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