Albtraum
schmunzelte. Das Glück würde sich für sie bald wenden.
„Hallo“, sagte Julianna und blieb an ihrem Tisch stehen. „Wie gefällt es Ihnen?“
Die junge Frau blickte verblüfft von ihrem Buch auf. „Reden Sie mit mir?“
„Natürlich.“ Julianna hielt ihr Exemplar von „Dead Drop“ hoch, das sie vor einer Stunde extra zu diesem Zweck gekauft hatte. „Ich lese auch Luke Dallas’ Neuesten. Wie finden Sie ihn denn so?“
Die Wangen der jungen Frau röteten sich ein wenig. „Er gefällt mir sehr. Obwohl ich gewöhnlich diese Art Romane nicht lese. Ich bevorzuge sonst Bücher mit ein bisschen mehr Substanz.“
Julianna hatte zwar keine Ahnung, was sie damit meinte, lächelte aber strahlend. „Ich eigentlich auch. Darf ich mich zu Ihnen setzen?“
„Sicher.“
Sie stellte ihre Tasse ab, legte das Buch hin und setzte sich der jungen Frau gegenüber. „Ich bin Julianna.“
„Ich bin Sandy Derricks. Nett, Sie kennen zu lernen.“
Julianna nahm ein Päckchen Zucker und süßte ihren Mokka. Sie warf einen Blick auf Sandys Tasse und heuchelte Erstaunen. „Wir mögen ja denselben Kaffee.“ Sie beugte sich vor und sagte im Verschwörerton: „Dann sind wir praktisch Schwestern. Also, Schwesterchen, erzählen Sie mir, was Sie sonst für Bücher lesen.“
Scheu, aber erfreut ratterte Sandy eine Liste von Autoren und Büchern herunter, von denen Julianna noch nie gehört hatte. Interesse heuchelnd trank sie ihren Kaffee und überlegte fieberhaft, was sie als Nächstes sagen und wie sie die Anwaltskanzlei Nicholson, Bedico, Chaney & Ryan in die Unterhaltung einfließen lassen konnte. Die Gelegenheit ergab sich kurze Zeit später.
„Ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass ich bei Ihnen sitzen darf. Ich bin neu in der Stadt und kenne hier niemand. Ich habe noch nicht mal einen Job.“
„Wirklich? Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht. Nun, nicht hier, sondern in New Orleans. Ich bin hergezogen, weil ich hier einen Job bekam.“
„Tatsache?“ Julianna führte die Tasse mit übersüßtem Kaffee an die Lippen. „Wo arbeiten Sie?“
„In einer Anwaltskanzlei. Nicholson, Bedico, Chaney & Ryan.“ Offenbar stolz setzte sie sich ein wenig gerader hin. „Ich bin Chas Bedicos Assistentin. Er ist einer der Partner.“
Julianna riss die Augen auf. „Mensch, haben Sie ein Glück. Für einen Job wie den würde ich alles tun.“ Sie seufzte übertrieben frustriert. „Ich hoffe, dass ich bald etwas finde.“
Danach redeten sie lange über Belanglosigkeiten. Der Kaffeewar längst getrunken, als Julianna auf ihre Uhr sah. „Ich kann nicht glauben, wie spät es ist. Ich gehe wohl besser.“ Sie stand auf. „Sollen wir uns morgen wieder treffen?“
„Morgen?“ wiederholte Sandy. „Sie und ich?“ Sie sah da bei so ungläubig aus, dass Julianna fast lachen musste.
„Warum nicht?“ Sie zuckte die Achseln. „Sagen wir, morgen acht Uhr, wieder hier? Dann reden wir noch ein bisschen über das Buch.“
24. KAPITEL
Kate saß in ihrem Büro im „Bean“. Obwohl sie noch Mutterschaftsurlaub hatte, war sie zur Abrechnung der Stundenzettel und Gehaltszahlungen hergekommen. Vor ihr auf dem Tisch lag die Einladung der Studentenvereinigung von Tulane zu Lukes Lesung und Signierstunde. Ohne Richards Wissen hatte sie sie aus dem Abfall herausgefischt. Sie konnte nicht mal sagen, warum sie ihm das verheimlichte. Vielleicht, weil sie wusste, dass er es nicht verstehen würde. Weil er mit unvernünftiger und grundloser Eifersucht reagieren würde.
Ihr war Lukes Freundschaft jedoch wichtig. Sie fehlte ihr. Er fehlte ihr. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, die Dinge wieder ins Lot zu bringen, und ihm sagen, wie Leid ihr alles tat.
Sie langte nach dem Telefon, überlegte es sich jedoch anders und zog die Hand zurück. Sie hatte ihn bereits drei Mal angerufen und drei Mitteilungen hinterlassen, er solle sich unbedingt mit ihr und Richard treffen, wenn er in der Stadt sei.
Er hatte nicht reagiert.
Seine Antwort war Schweigen gewesen. Luke wollte ihre Freundschaft nicht. Für sie war offenbar kein Platz mehr in seinem Leben.
Lass es sein. Lass ihn los.
Sie schob sich vom Schreibtisch weg und ging zu Emma, die in der Ecke in ihrer Auto-Babyliege schlief. Kate lächelte und machte sich klar, welches Glück sie hatte, nicht zwischen Job und Mutterschaft wählen und ihr Baby nicht jeden Tag allein lassen zu müssen. Es hätte ihr missfallen, dadurch viel von der Entwicklung ihres Kindes zu versäumen.
So wie
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