Albtraum
schlimmer gewesen.
Schlafende Hunde soll man nicht wecken, sagte sie sich undspürte Schamröte in den Wangen. Warum sollte sie Richard wegen etwas aufregen, das längst erledigt war?
„Alles in Ordnung mit dir?“ fragte er und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. „Du siehst ein wenig mitgenommen aus.
Sag’s ihm. Sag ihm das mit Luke. „Wirklich?“
„Mm.“ Er öffnete das Bier und trank. „Was wollte denn der alte Joe?“
Sie erzählte ihm von der Frau auf der Schaukel, dem fehlenden Foto, dem Bügel unterm Bett, den eingedrückten Kopfkissen und dem Gefühl, beobachtet zu werden. Während sie sprach, kehrte ihre Angst zurück. „Ich glaube, jemand im Haus gehört zu haben, Richard. Ich habe mir eingeredet, das sei alles Einbildung, aber jetzt …“
„Fehlt sonst noch was außer dem Foto?“ fragte er und zog die Stirn kraus.
„Ich weiß nicht.“ Sie schlang die Arme um sich. „Mir war zu unheimlich, um mich gründlich umzusehen. Und dann kam der alte Joe.“
Richard stellte sein Bier ab, ging zu seiner Golftasche und holte seinen neuen Ping-Putter heraus. Dann sagte er mit ernster Miene: „Solltest du noch mal den Verdacht haben, dass ein Fremder im Haus ist, lauf sofort nach draußen, Kate. Hast du verstanden? Nimm Emma und geh … ins Café oder zu den Nachbarn und ruf die Polizei.“
Sie nickte, die Kehle trocken, der Puls beschleunigt. Seine Besorgnis flößte ihr jetzt mehr Angst ein als das Geräusch vorhin. „Ich habe verstanden.“
„Gut. Sehen wir uns mal um.“
Sie gingen durchs Haus, Richard mit dem Putter bewaffnet und Kate mit Emma in der Trage. Sie nahmen sich jeden Raumvor, sahen unter die Betten, überprüften das Silber und Kates Schmuck und schließlich Richards Büro.
Nichts fehlte oder schien verändert.
Wieder in der Küche, steckte Richard den Golfschläger in die Tasche zurück. „Es scheint alles in Ordnung zu sein. War die Seitentür verschlossen, als du nach Hause gekommen bist?“
„Ich weiß nicht.“ Emma begann sich zu regen und nuckelte im Schlaf, ein Zeichen, dass sie nicht nur bald auf wachen würde, sondern auch Hunger hatte. Kate holte Babymilch aus dem Schrank. „Ich bin zur Vordertür hereingekommen.“
„Dann sehe ich jetzt nach.“
Einen Moment später kam er zurück. „Die Tür ist verschlossen. Der Schlüssel liegt in seinem Versteck.“
Kate füllte das Fläschchen, stellte es in die Mikrowelle und wandte sich wieder an Richard. „Warum sollte jemand einbrechen, um ein Foto zu stehlen?“
„Gute Frage. Könntest du dich geirrt haben? Ich meine, ein Bügel auf dem Fußboden, ein paar Knitter auf dem Bett, das ist alles nicht besonders bedenklich. Und wir wissen beide, dieses alte Haus ächzt und stöhnt mehr als eine Uroma.“
Kate wusste nicht mehr, was sie davon halten sollte. Vorhin hatte sie das Gefühl einer realen Bedrohung gehabt, doch jetzt kam ihr alles ziemlich weit hergeholt vor. „Ich bin normalerweise nicht so ängstlich. Und meine Fantasie geht eigentlich auch nicht mit mir durch.“
„Ich weiß. Aber du hast in letzter Zeit viel mitgemacht. Schlafentzug fördert ja bekanntermaßen ungewöhnliches Verhalten.“
Emma erwachte und begann zu quengeln. Kate nahm sie auf, ging mit ihr zur Mikrowelle und holte die Flasche. WasRichard sagte, war nicht von der Hand zu weisen, trotzdem blieb ein unbehagliches Gefühl zurück. Während sie Emma die Flasche gab, wurde ihr plötzlich das Motiv ihrer Furcht klar. Insgeheim fürchtete sie, dass Emmas leibliche Mutter ihre Adresse herausgefunden hatte und ihnen nachstellte, weil sie ihre Tochter zurückhaben wollte.
Als sie Emma nach dem Füttern den Pyjama anzog, hatte sie sich bereits in eine panikartige Angst hineingesteigert. Damit sich ihre Panik nicht auf Emma übertrug, legte sie sie rasch ins Bett und ging zu Richard.
Sie fand ihn in der Küche. Er marinierte Steaks für den Grill. „Richard?“ Sie kam herein, die Hände vor sich gefaltet, und konnte kaum sprechen vor Angst.
Er sah auf, und sein Lächeln schwand, als er ihre Miene bemerkte. „Was ist los?“
Sie schlang die Arme um sich. „Ich … ich habe so ein schreckliches Gefühl, Richard. Was ist, wenn nun Emmas leibliche Mutter uns gefunden hat? Was ist, wenn sie diejenige war, die …“
„Die was? Die eingebrochen ist und ein Foto von Emma gestohlen hat?“
„Ja“, flüsterte sie mit zittriger Stimme.
„Und warum hätte sie das tun sollen?“
„Weil sie vielleicht ihre Meinung geändert
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