Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)
hatte.
Nun schwieg sie, doch ich lächelte. Ihre Antwort war wahr gewesen. Sie war nicht wegen mir hier. Sie war aus anderen Gründen hergekommen. Aber warum? Ich bezweifelte, dass sie einfach nur mithelfen wollte, Tuki Tuki einzunehmen. Wenn meine Mutter sich an etwas beteiligte, dann steckte immer viel mehr dahinter, als man ahnte.
»Hast du meinen Vater gesehen?«, fragte ich.
Sie sah weg, offenbar entschlossen, kein Wort mehr zu sagen. Über uns donnerten weiterhin Felsbrocken auf die Kuppel. Ein dickes Stück Glas brach heraus, fiel auf die Stadt herab und landete ganz in unserer Nähe. Ich konnte es zerspringen hören. Es klang, als würden tausend Eiszapfen auf einmal von einem Dach fallen.
Ich hatte jetzt keine Zeit, mit meiner Mutter zu plaudern. »Werft die Gefangenen in meine Kerker«, befahl ich Aluki. »Ich… äh… ich habe doch Kerker, oder?«
»Eigentlich nicht«, erwiderte Aluki. »Wir sperren Gefangene in die Katakomben der Universität. Die haben mit Dehnungsglas verstärkte Wände, die es den Bibliothekaren praktisch unmöglich machen, Tunnels hineinzugraben und ihre Leute zu befreien.«
»Sehr gut. Dann werft sie in den Keller der Universität«, sagte ich. Ich zeigte auf meine Mutter. »Alle außer der hier. Die müsst ihr an einem besonders sicheren Ort festsetzen. Und durchsucht sie. Sie hat in Nalhalla ein Buch gestohlen, das wir wiederhaben wollen.«
»Das habe ich nicht mehr«, behauptete Shasta. Leider sagte meine Wahrheitsfinderlinse, dass das stimmte. Und meine Mutter lächelte verschlagen, als wüsste sie etwas Wichtiges.
Sie kann es nicht gelesen haben, dachte ich. Nicht ohne eine Übersetzerbrille. Und sie ist nicht hergekommen, um mir meine abzunehmen. Sie wusste gar nicht, dass ich hier sein würde.
Die Krieger führten Shasta und die anderen Bibliothekare ab. Ich bemerkte, dass einer von ihnen zu mir herübersah, während sie sich entfernten. Es war ein älterer Mann, der gar nicht wie ein Soldat aussah. Er trug einen smokingähnlichen Anzug mit einem eleganten Halstuch und hatte einen kurzen, grau und schwarz melierten Bart und wache, kluge Augen.
Ich fasste Aluki am Arm, zeigte auf den Mann und sagte: »Durchsucht den da ebenfalls. Es gefällt mir nicht, wie er mich angesehen hat.«
»Jawohl, Majestät«, sagte Aluki.
»Es gefällt dir nicht, wie er dich angesehen hat?«, fragte Bastille und kam zu mir herüber.
»Er hat so etwas an sich… er ist irgendwie seltsam«, sagte ich. »Ich meine, so ein Halstuch trägt man nur, um distinguiert und interessant zu wirken. Das ist so ähnlich, wie wenn man in einem Satz ein hochgestochenes Wort benutzt. Es geht weniger darum, was es bedeutet, als darum, kultiviert zu erscheinen.«
Bastille runzelte die Stirn, aber Kaz nickte, als würde er verstehen, was ich meinte. Aydee war zu den Teddybären hinübergelaufen und teilte sie fröhlich zählend in Zehnerstapel auf. Sie gab jedem Bären einen Kuss und einen Namen, bevor sie ihn beiseitelegte. Es war irgendwie süß, wenn man die Tatsache ignorierte, dass jeder dieser Teddybären eine scharfe Handgranate war.
Meine drei Berater standen neben dem großen Haufen Bären und besprachen sich leise.
Bastille folgte meinem Blick. »Was du getan hast, war wirklich gefährlich, Smedry.«
»Was? Die Bären zu vermehren?« Ich zuckte mit den Schultern. »Vermutlich hätte Aydees Talent unseren Vorrat auch schwinden lassen können. Dann wäre der Schuss nach hinten losgegangen. Aber ich dachte mir, dass die wenigen Bären, die wir noch hatten, für das, was wir tun wollten, eh nicht ausreichen würden. Was hatten wir also zu verlieren?«
»Meine Sorge war nicht, was wir hätten verlieren können, sondern was wir hätten bekommen können«, erklärte sie.
»Hä? Wie bitte?« (Wenn man so dumm ist wie ich, stellt man oft solche Fragen.)
»Splitterndes Glas, Smedry! Was wäre passiert, wenn Aydee gesagt hätte, wir hätten fünfzigtausend Teddybären? Oder gar vier oder fünf Millionen! Dann wären wir unter den Dingern begraben worden. Du hättest die Stadt zerstören und alle Menschen darin ersticken können!«
Plötzlich hatte ich eine Schreckensvision im Kopf, die mich zusammenfahren ließ. Ich sah, wie eine Flut von violetten Teddybären über die Stadt hereinbrach, wie die Mokianer unter dem Gewicht von Tonnen kuscheligen Plüschs zermalmt wurden, wie ein Teddybären-Tsunami den Bibliothekaren die Arbeit abnahm. Es war ein Kuscheltier-Blitzkrieg, eine gewaltige
Weitere Kostenlose Bücher