Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
Die Stimme des Königs klang sehr müde, und ich konnte die Bürde, die auf ihm lastete, beinahe sehen. »Es ist eine schmerzliche Entscheidung, aber wenn sie den Krieg beendet…«
»Glaubst du etwa im Ernst, dass die Bibliothekare ihre Versprechen halten, Brig? Helllichte Heinleins! Das ist doch Irrsinn!«
Der König schüttelte den Kopf. »Ich will nicht der König sein, der ein Friedensangebot ausgeschlagen hat, Leavenworth. Ich will kein Kriegstreiber sein. Wenn eine Chance besteht, den Konflikt beizulegen… Aber darüber sollten wir woanders reden, nicht hier in aller Öffentlichkeit. Ziehen wir uns doch in mein Wohnzimmer zurück.«
Mein Großvater nickte kurz, dann trat er beiseite und winkte mich zu sich. »Was meinst du?«, fragte er leise, als ich mich zu ihm gesellte.
Ich zuckte mit den Schultern. »Er wirkt ehrlich.«
»Brig ist grundehrlich«, flüsterte Grandpa Smedry. »Er ist ein Idealist. Die Bibliothekare müssen clever verhandelt haben, um ihn so weit zu bringen. Doch er ist nicht die einzige Stimme im Rat.«
»Aber er ist der Vorsitzende, oder?«
»Er ist der Hochkönig«, sagte Grandpa Smedry mit erhobenem Zeigefinger. »Er ist unser Anführer, aber Nalhalla ist nicht das einzige Königreich in unserer Koalition. Im Rat sitzen dreizehn Könige, Königinnen und Würdenträger wie ich. Wenn wir genug von ihnen überzeugen und dazu bringen, gegen diesen Vertrag zu stimmen, können wir ihn vielleicht noch platzen lassen.«
Ich nickte. »Was kann ich tun?« Mokia durfte nicht fallen, dachte ich. Das würde ich nicht zulassen.
»Ich werde mit Brig reden«, sagte Grandpa Smedry. »Du gehst deinen Cousin Folsom suchen. Ich habe ihn beauftragt, sich hier in Nalhalla um Smedry-Angelegenheiten zu kümmern. Vielleicht weiß er mehr über diesen ganzen Schlamassel.«
»Okay.«
Grandpa Smedry kramte in einer Tasche seines Smokingjacketts. »Hier, vielleicht willst du die wiederhaben.« Er hielt mir eine einzelne ungetönte Linse hin. Mit meinen Okulatorenaugen sah ich sie leuchten, heller als alle Linsen, die ich kannte, außer den Übersetzerlinsen.
Diese Linse hatte ich fast vergessen. Ich hatte sie in der Gruft von Alcatraz dem Ersten in der Bibliothek von Alexandria entdeckt, doch ich war nicht dahintergekommen, was sie bewirkte. Deshalb hatte ich sie meinem Großvater zur Untersuchung gegeben.
»Hast du herausgefunden, was sie bewirkt?«, fragte ich und nahm ihm die Linse aus der Hand.
Er nickte heftig. »Ich musste viele Tests machen. Ich wollte es dir eigentlich gestern schon sagen, aber, nun ja…«
»Du hast dich verspätet.«
»Genau!«, sagte Grandpa Smedry. »Jedenfalls ist diese Linse sehr nützlich. Ungemein nützlich. Sie ist geradezu legendär. Ich konnte es zuerst selbst nicht glauben. Ich musste das Ding drei Mal testen, bevor ich überzeugt war.«
Ich wurde ganz aufgeregt. Ich stellte mir vor, dass diese Linse die Geister von Verstorbenen herbeirufen und an meiner Seite kämpfen lassen konnte. Oder vielleicht konnte sie jeden Gegner in einer roten Rauchwolke explodieren lassen, wenn ich sie auf ihn richtete. Roter Rauch sieht toll aus.
»Also was bewirkt sie?«
»Du kannst mit ihr sehen, ob jemand die Wahrheit sagt.«
Das war nicht ganz das, was ich erwartet hatte.
»Ja«, sagte Grandpa Smedry. »Das ist eine Wahrheitsfinderlinse. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals eine in die Finger bekommen würde. Sie ist etwas ganz Besonderes!«
»Sie lässt Leute, die lügen, aber nicht explodieren, oder?«
»Ich fürchte nein, Junge.«
»Kein roter Rauch?«
»Kein roter Rauch.«
Ich seufzte und steckte die Linse trotzdem ein. Sie mochte nützlich sein, aber da ich sie im Deckel des Sarkophags entdeckt hatte, hatte ich wirklich gehofft, dass es sich um eine offensive Linse handelte.
»Schau nicht so mürrisch drein«, sagte Grandpa Smedry. »Ich glaube, du verstehst gar nicht, wie wertvoll die Linse in deiner Tasche ist. Sie könnte dir in den nächsten Tagen von großem Nutzen sein. Also pass gut auf sie auf.«
Ich nickte. »Du hast nicht zufällig noch ein Paar Feuerspenderlinsen, das du mir leihen könntest?«
Er kicherte. »Hast du mit dem letzten Paar nicht genug Schaden angerichtet? Feuerspenderlinsen habe ich leider keine mehr, aber… mal sehen, was ich sonst noch dabeihabe.« Er kramte in den Innentaschen seines Smokingjacketts. »Ah!«, sagte er schließlich und zog ein Paar Linsen hervor. Sie glühten schwach und waren lila getönt.
Ja, sie waren wirklich
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