Alchemie der Unsterblichkeit
machen will.«
»Inwiefern?«
»Er gibt sich große Mühe mit der Tötungsweise und wählt belebte Gegenden für seine Verbrechen. Die ungenaue Arbeit bei der Enthauptung bedeutet, dass es ihm entweder schwerfiel und er nicht vollkommen gefühllos ist oder dass etwas ihn zur Eile antrieb.« Icherios zögerte. Die nächste Frage war heikel. »Um weiterzukommen, brauche ich allerdings weitere Informationen über die möglichen Tötungsweisen von Vampiren und Werwölfen. Pflock und Silber oder doch Kruzifix und Weihwasser?«
Sohon fluchte verhalten. »Pflöcke in der Brust lähmen uns, das Vernichten unserer Körper durch Verbrennen, Säure und Ähnlichem tötet uns, ebenso wie das Abtrennen des Kopfes. Wasser löst einen Schock aus, der uns für ein paar Augenblicke lähmt. Silber hinterlässt Wunden, die niemals oder nur langsam heilen. Alles andere sind Märchen, erdacht von Männern in kleinen, dunklen Kammern.«
»Und Werwölfe?«
»Sie sind wie Menschen. Sie heilen nur schneller und sind weniger anfällig für Krankheiten und Gifte.«
»Der Mörder kennt sich gut aus.«
»Jeder Bewohner Dornfeldes weiß davon.«
»Genau, und das bedeutet, dass der Mörder im Dorf leben muss oder sich sehr gründlich informiert hat.«
Sohon nickte zustimmend. »Der Bürgermeister hat zum Essen für heute Abend geladen. Wir können dort alles Weitere besprechen – ohne ihre Ratte.«
Sohon drehte sich um und verschwand in den Schatten. Ein leises Knirschen erklang, dann kehrte Stille ein. Kolchin stand reglos in einer Ecke. Er hatte mit wachsender Sorge dem Gespräch gelauscht. »Calan ist beunruhigt. So kenne ich ihn nicht.«
Icherios füllte Wasser in eine Schale und fuhr fort, seine Werkzeuge zu reinigen. »Er scheint nicht der Mann zu sein, der um ein paar Tote trauert.«
»Fürwahr, doch bald könnte es gewaltigen Ärger geben. Die Vampire und Werwölfe werden unruhig.«
»Wegen der Morde?«
»Sie glauben, dass ein Mensch dafür verantwortlich ist, und wollen uns alle auslöschen.«
Die Last auf Icherios’ Schultern verdoppelte sich mit jedem Wort. »Der Fürst hindert sie daran?«
»Ja, aber niemand weiß, wie lange er die Gemüter beruhigen kann. Er hat viel Mühe darauf verwendet, Dornfelde und seinen Frieden aufzubauen.«
Schweigend packte Icherios seinen Koffer und ging mit Kolchin auf den Hof hinaus. Der Amtsmann schien an keinem Gespräch interessiert zu sein, und den jungen Inspektor trieben dunkle Gedanken um. Vor seinem inneren Auge tauchten Bilder von Menschen auf, die von haarigen Bestien und langzähnigen Vampiren durch die Straßen gejagt und getötet wurden.
Am Ortseingang verabschiedete sich Kolchin. Icherios bemerkte es kaum und kehrte erst in die Wirklichkeit zurück, als er vor dem Haus des Bürgermeisters stand. Leise schlich er hinein. Er wollte ungesehen in seine Kammer kommen, um in Ruhe seine Aufzeichnungen durchzuarbeiten. Seine Pläne wurden von Loretta vereitelt, die ihn auf dem mittleren Treppenabsatz erwartete. »Icherios! Wie wunderbar, Sie hier anzutreffen. Ich befürchtete schon, Sie hätten uns verlassen.« Ein kokettes Lächeln umspielte ihr Gesicht. »Aber ein edler Mann wie Sie würde eine Dame natürlich niemals alleine mit einem Mörder zurücklassen.«
Icherios verfluchte innerlich die Enge der Treppe. Die Frau kam ihm viel zu nah. Er konnte ihren Veilchenduft riechen. »Sie brauchen sich nicht zu sorgen. Ihr Vater wird nicht zulassen, dass Ihnen ein Leid zugefügt wird.«
Sie lächelte. »Ich habe noch nie zuvor einen so gebildeten Mann getroffen. Erzählen Sie mir von der Stadt.« Loretta warf ihm einen verführerischen Blick unter dunklen Wimpern zu.
Hilfe suchend schaute sich Icherios um. War denn niemand in der Nähe? »Ich würde Ihrem Wunsch zu gerne entsprechen, doch ist mir soeben ein wichtiger Gedanke gekommen, den ich sofort verfolgen muss.« Ruckartig wandte er sich ab und eilte die Stufen hinunter. Er war bereits halb zur Haustür hinaus, als eine Stimme ihn innehalten ließ. »Junger Mann, ich muss mit Ihnen sprechen.« Der Bürgermeister klang verärgert. Offensichtlich hatte er unter der Treppe verborgen dem Gespräch mit seiner Tochter gelauscht. »Loretta ist ein unerfahrenes Mädchen, und ich dulde nicht, dass Sie das ausnutzen. Haben wir uns verstanden?«
Icherios lief feuerrot an. »Ich kann Ihnen versichern, dass ich keine unehrenhaften Absichten hege.«
»Ihre Absichten sind mir egal. Ich weiß doch, was ihr jungen Kerle denkt.« Der
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