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Alchemie der Unsterblichkeit

Alchemie der Unsterblichkeit

Titel: Alchemie der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Pflieger
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Trotzdem wünschte sich Icherios seinen selbst geschnitzten Holzteller und Löffel herbei.
    »Irgendwelche Neuigkeiten?«, erkundigte sich Rabensang.
    Trotz seines Lächelns fühlte sich Icherios vom tiefen Brummen seiner Stimme eingeschüchtert. »Ich habe heute viele Dinge gelernt. Inwiefern sie mich dem Mörder näher bringen, kann ich noch nicht sagen.«
    Rabensang wollte sich mit dieser Antwort noch nicht zufriedengeben, bekam aber keine Gelegenheit nachzuhaken, da Marie mit den Speisen hereinkam. Der köstliche Duft von Schweinebraten, Kartoffeln und in Zucker glasierten Karotten machte sich breit. Zum ersten Mal verspürte Icherios so etwas wie Mitleid mit Sohon, der gezwungen war, ihnen beim Essen zuzuschauen, bis ihm Marie ein Glas Wein einschenkte. Der junge Gelehrte hielt den Atem an. Wie würde der Fürst reagieren? Doch Sohon nahm ungerührt das Glas und trank einen Schluck.
    »Ihr trinkt Wein?«, platzte es aus Icherios heraus.
    »Auch wenn wir seine berauschende Wirkung nicht zu spüren vermögen, genießen wir dennoch den Geschmack edler Getränke«, erläuterte der Fürst. »Einzig den festen Speisen müssen wir fernbleiben, da unsere veränderte Physiologie diese nicht verträgt.«
    Für einen Moment legte sich Stille über den Raum, die nur durch das ferne Jaulen eines Hundes durchbrochen wurde. Icherios wagte es nicht, nach Lorettas Verbleib zu fragen. Hatte Arken sie fortgeschickt? Icherios wusste nicht, ob er Erleichterung oder Enttäuschung empfand. Schließlich beendete der Fürst das unangenehme Schweigen und begann mit Rabensang eine Unterhaltung über den Holzertrag der letzten Monate. Während des restlichen Mahls drehte sich das Tischgespräch um Alltagsprobleme, wie sie in jeder Ortschaft vorkamen. Nur dass hier die verschiedenen Clans der Menschen, Vampire und Werwölfe und ihre Spannungen untereinander die Angelegenheit erschwerten. Mit einem kräftigen Rülpser beendete der Bürgermeister seine Mahlzeit. Fett und Bratensaft hatten ihre Spuren auf seinem Hemd hinterlassen. »Lasst uns in mein Arbeitszimmer gehen. Marie wird dort Schnaps und Zigarren für uns anrichten.«
    Icherios bildete das Schlusslicht und schloss mit einem vernehmlichen Klacken die Tür.
    »Wenn Sie uns nichts zu berichten haben, gibt es etwas, mit dem wir Ihnen weiterhelfen können?« Sohon war höflich wie immer. Oder schwang da ein drohender Unterton mit? Wusste er von dem Gespräch mit Loretta?
    »Es wäre mir eine große Hilfe, wenn ich das wahre Alter von Merelle Sgund kennen würde.«
    »Der letzte Winter war ihr fünfundsechzigster.«
    Icherios bemühte sich, sich seine Bestürzung nicht anmerken zu lassen. Wie alt mochte Sohon sein? Und wie alt war womöglich der Mörder? Konnte er jemanden fassen, der ihm Jahrzehnte an Erfahrung voraus war? Die nächste Bitte war deutlich schwerer hervorzubringen. »Es gibt tatsächlich noch etwas, das mir die Suche erleichtern würde.« Icherios stockte. »Eine Obduktion der anderen Leichen, um Muster im Vorgehen des Täters feststellen zu können.«
    »Aber die sind inzwischen schon begraben«, fuhr der Bürgermeister dazwischen. Dann zeichnete sich Fassungslosigkeit auf seinem Gesicht ab. »Oh …«
    »Das kommt auf keinen Fall in Frage!«
    Ein Blick in das rote Gesicht des Pfarrers bestätigte Icherios’ Befürchtung. Er hatte einen Verbündeten verloren. So schwach dieses Bündnis auch war, so hatte es doch Schutz versprochen.
    »Die Totenruhe zu stören, ist selbst bei solch gottlosen Wesen eine schändliche Tat.«
    Bei Bernstens Worten zuckte Rabensang zusammen. Icherios’ Bitte hatte ihm die Sprache verschlagen. Sohon hingegen wirkte ungerührt. »Bernsten, beruhigen Sie sich!«
    »Ich will mich nicht beruhigen! Das Böse greift in diesem Ort schnell um sich. Oder habe ich mich in Ceihn getäuscht? War er von Anfang an Ihr kleiner Handlanger?«
    »Ich bin niemandes Handlanger!« Icherios fuhr empört auf. Seine Brille verrutschte. In seiner Aufregung bemerkte er es nicht. »Ich wurde gebeten, dem Morden ein Ende zu bereiten. Auch wenn es mir nicht gefällt, muss ich alle wissenschaftlichen Mittel nutzen, die mir zur Verfügung stehen.«
    »Mir sind die Seelen dieses Ortes anvertraut worden. Nur im Tode können sie Frieden finden. Was kümmern mich die gottlosen Kreaturen, wenn sie noch leben, aber wenn ihre leiblichen Hüllen unter der Erde sind, dann kann ich ihre Seele retten.« Mit einem Ächzen stand der Pfarrer auf und ging zur Tür. »Wie ich sehe, ist

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