Alchemie der Unsterblichkeit
wollen. Am liebsten hätte er sie selbst getötet.«
»Vielleicht wurde es bereits von Lorettas Großeltern so festgelegt. Sie waren unglücklich über die Hochzeit ihrer Tochter und trauten Arken nicht.« Icherios beugte sich zu Kolchin vor. »Es würde nicht erklären, was es mit den Ritualen auf sich hat, aber falls Lorettas Großeltern verfügt hätten, dass nur Kinder aus der direkten Blutlinie ihrer Tochter erbberechtigt sind, dann hätte Sohon ein starkes Motiv. Eine solche Anordnung besäße über Generationen Gültigkeit, und der Fürst könnte sich die Besitztümer nicht aneignen, selbst wenn er Loretta umbringen würde.« Icherios holte tief Luft, um sich für seine nächsten Worte zu wappnen. »Aber natürlich könnte bei der Verwandlung in einen Vampir etwas schiefgehen. Er musste dann nur noch Maribelle, die letzte Erbin aus dem Weg räumen.«
»Aber warum hat er Maribelle nicht wie die anderen getötet?«
»Vielleicht will er Verwirrung stiften, oder es war zu schwierig, sie unbemerkt aus dem Haus zu bekommen. In ihrem Zimmer konnte er sie nicht enthaupten und zu Tode quälen. Zudem wissen wir nicht, was er mit den Ritualmorden beabsichtigt. Sind sie nur Ablenkung oder verfolgt er ein bestimmtes Ziel mit ihnen? Es kann ja auch sein, dass er kein Menschenblut benötigt und sie deshalb nicht hat ausbluten lassen, oder er davon ablenken wollte, dass der Täter ein Vampir sein könnte, der sich ja sicherlich über das Menschenblut hergemacht hätte«
Kolchins Gesicht wurde noch blasser. »Er hatte eine Affäre mit Merelle. Die alte Durmbach hatte recht.«
Icherios fuhr herum. »Und das sagen Sie erst jetzt?«
»Eva erzählte es mir gestern. Ich beachte den Klatsch der Weiber nie.«
»Eine weitere Verbindung des Fürsten zu den Opfern.« Icherios rieb sich grübelnd das Kinn. Stammte der Liebesbrief und der Schmuck, den er in Merelles Schlafzimmer gefunden hatte, womöglich von Sohon?
»Wir haben keine Beweise.«
»Selbst wenn ich Beweise hätte, was sollten wir mit ihnen anfangen? Der Bürgermeister wird uns nicht unterstützen, und der Fürst kann mich unter allgemeinem Jubel hinrichten lassen. Zudem könnten wir uns auch auf einer falschen Fährte befinden. Ich weiß noch immer nicht, wer mir die Karte von den Ländereien unter das Kopfkissen gelegt hat. War es vielleicht der Bürgermeister, um von sich abzulenken? Oder Bernsten? Immerhin geht er im Haus des Bürgermeisters ein und aus. Er hätte auch Merelle vergiften können.«
»Was wollt Ihr nun tun?«
»Hoffen, dass ich mich irre. Es gibt noch immer die Möglichkeit, dass Bernsten mit seinem Blutdämon recht hat.«
Bei der Erwähnung des Pfarrers lief ein Zittern durch Kolchins Körper. »Ich verstand nie, wie Menschen sich gegenseitig töten können. Das hat sich geändert.«
Icherios klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. »Ich kann mir keinen weiteren Fehler leisten, deswegen möchte ich heute die Feste durchsuchen.«
»Woher wollt Ihr wissen, wo Ihr suchen müsst? Die Katakomben sind riesig.«
»Ich hatte letzte Nacht erneut Besuch von der Grabenden Helene. Der Weg zum Blutdämon ist jedem bekannt.«
Der Flurhüter schüttelte den Kopf. »Sicher nicht, sonst wäre er doch keine Legende.«
»Erinnert Ihr Euch an den Reim, den die Kinder singen?«
» Welchen?«
»Brüderlein, komm, tanz mit mir. Und zwar ist das nicht nur die Anweisung für das Hüpfspiel, sondern auch ein Wegweiser durch das versunkene Schloss.«
»Dann glaubt Ihr wirklich, dass der Dämon existiert?«
»Zumindest denkt das die Grabende Helene und der Verfasser des Reimes. Die Frage ist, falls es ihn gibt, ob er noch gefangen ist und wenn nicht, ob ihn jemand befreit hat.«
Kolchin stand auf und schürte das Feuer an. »Dann erwartet Ihr also, dass wir dem Blutdämon, der der Sage nach beinahe ganz Dornfelde entvölkert hat, gegenübertreten?«
»Mein Leben ist eh verwirkt, sollte ich den Mörder nicht fangen.« Icherios zuckte betont gleichgültig mit den Schultern. »Ich brauche allerdings eine Karte, deshalb wollte ich Euch bitten, für mich eine Versammlung einzuberufen.«
Kolchin blickte ihn lange an, dann nickte er. »Ich werde Euch begleiten.«
Icherios hob abwehrend die Hände. »Ihr habt eine schwangere Frau und eine kleine Tochter für die Ihr sorgen müsst. Ihr bleibt hier.«
»Wie ich bereits sagte: Wenn der Mörder nicht gefangen wird, ist unser aller Leben verwirkt. Lieber helfe ich mit, als mich zu verkriechen.«
Icherios beschloss, es
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