Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
Neugier zu beschwichtigen hoffte. »Ich bin zu einem entfernten Ort unterwegs, um gewisse medizinische Kräuter zu sammeln, die nur nachts blühen; das Gelände ist unwegsam, und ich würde meine normalen Kleider sicherlich ruinieren.«
Mit einem verführerischen Lächeln trat sie nahe genug an ihn heran, um seinen groben Umhang zu berühren, als wolle sie die Qualität des Tuchs prüfen. »Und an diesem Kleidungsstück ist sicher nichts mehr zu ruinieren«, sagte sie. Er fuhr zusammen und versteifte sich sichtlich, und sie lachte spöttisch über sein Unbehagen. Sie fuhr fort, seinen Umhang zu berühren, strich mit den Fingern langsam am vorderen Rand entlang, bis ihre Hände sich seiner Brust näherten, wobei sie seinen Blick nicht losließ und auf ein Zeichen zum Weitermachen wartete. Er blieb ausdruckslos, noch immer starr vor Angst; er verfluchte sich, weil er so achtlos gewesen war.
Er wußte, wenn der Lehrling zurückkam, würde sie so beschämt sein, daß sie fortlief. Gewiß wird sie keinem Zeugen gestatten, sie hier mit mir zu sehen, dachte er. Wo bleibt dieser gottverdammte Junge?
Sie runzelte ein wenig die Stirn, da sie erkannte, daß er ihrem Entgegenkommen widerstand. Entschlossen griff sie nach seiner Brust und zog ihn näher zu sich heran.
»Señorita«, sagte er nervös, »das kann weder Euch noch mir Gutes bringen. Verbieten uns nicht unsere Götter, auf diese Weise zusammenzusein?«
Sie lachte und erwiderte: »Mein Gott verbietet mir sogar, mit einem Mann meines eigenen Glaubens zusammenzusein, es sei denn, mein Vater hat ihn ausgewählt und ich bin rechtmäßig mit ihm verheiratet. Ich würde vor der ganzen Stadt in Schmach geraten, wenn ich mich einem Christen so nähern würde. Aber ich weiß, Ihr werdet keiner lebenden Seele erzählen, wenn ich Euch gegenüber unkeusch bin. Mein Vater würde Euren Tod fordern, und der Gouverneur würde ihn ihm sicherlich gewähren.«
»Señorita ...«
Sie lachte wieder. »Außerdem sagt man mir, daß Juden in Ihrer Männlichkeit anders sind als Christen. Ich werde nicht zugeben, viel darüber zu wissen, wie ein christlicher Mann ist, aber ich gebe zu, daß ich neugierig bin .«
Sie fuhr mit ihrer Verführung fort, und er spürte, wie seine Männlichkeit sich gegen seinen Willen erhob. Was ist das für ein illoyales Verhalten? fragte er im stillen seine sich regenden Lenden. Ihr erhebt euch für diese Dirne?
Wieder sagte er: »Señorita, ich bitte Euch ... tut das nicht .« Aber sie nahm ihre Hand nicht fort. Als sie lachte und ihre Hand in die Öffnung zwischen seinem Leib und seinen Beinkleidern schob, packte er ihr Handgelenk und stieß es weg. In seiner Angst griff er fest zu und tat ihr weh. Sie schrie laut auf und faßte schockiert nach ihrem schmerzenden Handgelenk.
Das launische Maultier war nervös vor und zurück getreten, soweit es das konnte. Von dem Mädchen in Anspruch genommen, hatte Alejandro das schwierige Tier kaum beachtet, obwohl er merkte, daß es gereizt war. Beim Schrei des Mädchens stieg das Maultier hoch, entschlossen, sich von den hinderlichen Ledergurten zu befreien. Der Karren, vor den es gespannt war, kippte zur Seite, und entsetzt sah Alejandro, wie das Heu aus dem Karren glitt, gefolgt von der lose eingehüllten Leiche Carlos Alderons, die zu Füßen des Mädchens landete, das Gesicht von den Leichentüchern entblößt. Der zusammengeschrumpfte Schmied lag da und starrte zu dem jungen Mädchen hinauf, als könne er dessen Unverschämtheit nicht fassen.
Ihre Schreie waren im ganzen Dorf zu hören, und rasch ertönten überall alarmierte Stimmen. Der Lehrling, der inzwischen seinen Schmerz ausreichend betäubt hatte, kam aus dem Stall gelaufen und sah gerade noch, wie das Mädchen mit fliegenden Röcken und unter entsetztem Kreischen zum Dorfplatz rannte.
Alejandro wußte instinktiv, daß sie nicht entkommen konnten; das Mädchen würde zum Schutzmann laufen, und man würde den Priester rufen, damit er sich um die entweihten Überreste Alderons kümmerte.
Der Lehrling sah ihn flehend an; er wußte nicht, was er tun sollte. Niemand hatte ihn bei ihrem Abenteuer mit Alderon gesehen; Alejandro scheuchte ihn eilig fort, und er nahm die Beine in die Hand, erleichtert, der Qual eines Prozesses und der möglichen Hinrichtung mit knapper Not zu entrinnen.
Alejandro fiel auf die Knie, unsäglich müde; er wußte, daß sein Leben für immer verändert war, und er betete zu Gott um Kraft für die schrecklichen Tage und Nächte,
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