Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
sofort ins Auge. Erst als er alle Interviews mit den nächsten Angehörigen gelesen hatte, fand er endlich, was er brauchte.
Das erste Opfer, das gestorben war, war der Besitzer eines sehr schicken Londoner Restaurants, und drei der anderen hatten am gleichen Abend dort gegessen. Rosow rief sofort die Angehörigen der beiden anderen an und stellte fest, daß einer davon ebenfalls dort gewesen war.
Das schien ihm auf ein mit Nahrung verbundenes Toxin zu deuten, und diese Spur verfolgte er zuerst, aber eines der Opfer hatte überhaupt nichts gegessen, sondern nur Wein getrunken, während sein Begleiter aß. In seinem Magen war nichts enthalten, als sie ihn aufschnitten. Die Untersuchung einer anderen Flasche des gleichen Weins ergab keinen Hinweis darauf, daß der Wein kontaminiert war. Der Begleiter hatte einen anderen Wein bestellt.
»Na, hoffentlich hast du’s genossen, das letzte Glas Wein und so«, sagte er laut. »Ich hätte ein Bier vorgezogen.« Dann fügte er hinzu: »Wenn ich’s gewußt hätte.«
Also nicht der Wein, nicht das Essen, keine berufliche Gemeinsamkeit, kein gleicher Wohnort. Nur ihre Anwesenheit in dem Restaurant verband die Opfer miteinander; das Restaurant besaß keine Klimaanlage, sonst hätte er auf eine Form von Legionärskrankheit getippt. Aber die Symptome paßten nicht dazu.
Rosow war noch verblüffter als zuvor. Er wußte nicht, wie er verfahren sollte. Doch eines war sicher: Er mußte diese rothaarige Frau finden.
Vor sich in der Ferne sah die müde Frau zwei hellgrüne Biocops auf dem Bürgersteig in der Nähe der Stelle stehen, wo das Ende der Brücke auf die Hauptstraße stieß. Sie waren, ob sie das nun wußten oder nicht, dem Ort sehr nahe, wo die meisten Mitglieder des lokalen Clans der Marginalen ihre unter der Brücke gelegene Gemeinde betraten. Und obwohl ihr dieses Wissen ganz allgemein mißfiel, hatte die Anwesenheit der Cops in der Nähe des Eingangs zur Unterwelt keine direkte Auswirkung; sie hatte nicht vor, dort einen Besuch abzustatten. Dazu war keine Zeit.
Aber irgendwie würde sie sie umgehen müssen, denn sie standen ihr unmittelbar im Weg. Sie hörte auf, ihren Karren zu schieben, und dachte darüber nach, was sie nun tun sollte. Sie konnte nicht genug sehen, um den Grund für ihre Anwesenheit zu erkennen; sie würde also weitergehen müssen, bis sie ihn bestimmen konnte. Nervös sah sie sich nach Hinweisen auf ihre flüchtigen Gefährten um, denn sie wußte, daß sie bei diesem Teil der Reise deren Hilfe brauchen würde.
Nach einem schnellen Blick auf Caroline war der alten Frau klar, daß es unklug wäre, sie hierzulassen und ohne sie weiterzugehen, um die Lage zu erkunden. Sie beugte sich vor und sagte: »War doch nicht gut, wenn jemand in diesem Karren herumsuchen würde, während ich mit anderen Dingen beschäftigt bin, was?« Die Situation machte ihr Sorgen; es schien keine andere Möglichkeit zu geben, als weiterzugehen. Wenn sie jetzt plötzlich kehrtmachte und zurückging, würde das mehr Verdacht erregen, als weiterzugehen, falls einer der Biocops sie schon bemerkt hatte. Natürlich würden sie wissen wollen, was sich in dem Karren befand und warum; wenn sie einfach weiterging, wären sie vielleicht von ihrer unmittelbaren Aufgabe zu sehr in Anspruch genommen, um sonderlich auf sie zu achten.
Als sie den Biocops näher kam, wurde der Grund für ihre Anwesenheit offensichtlich; der Körper eines Mannes, offensichtlich eines Marginalen, lag quer auf dem Gehsteig. Sie untersuchten den Leichnam und hatten den Verkehr um ihren geparkten Wagen herumgeleitet; schlimmer aber war, daß die Leiche ihr den Weg über den Gehsteig versperrte und sie sie irgendwie würde umgehen müssen.
Der Verkehr war einfach zu dicht für den Versuch, über die Fahrbahn zu gehen. Sie konnte anhalten, bleiben, wo sie war, und darauf warten, daß der Transporter von Biopol den Leichnam wegbrachte, aber angesichts Carolines Zustand verwarf sie diesen Gedanken. Die Zeit wurde knapp.
Sie ging weiter, und der rostige Karren quietschte unangenehm, als sie sich dem Hindernis auf dem Gehsteig näherte. Sie hatte große Angst, wollte es aber nicht zeigen, denn dann würde man sie mit Sicherheit verdächtigen; sie nahm all ihren Mut zusammen, warf sich ihren Schal dramatisch über eine Schulter und reckte stolz das Kinn. Sie näherte sich einem der Biocops und sagte zu ihm: »Hören Sie mal, junger Mann, diese Leiche ist mir im Weg, und ich habe Termine einzuhalten! Junge Burschen
Weitere Kostenlose Bücher