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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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prachtvoll. Jenseits des Flusses lag die Stadt Avignon, das Juwel der Provence. Trotz allem, was er durchgemacht hatte - seine Gefangennahme, die Brandmarkung, die Trennung von seiner Familie, der Mord -, war Alejandro aufgeregt wie ein Kind, dort zu sein, denn in Avignon würde sein neues Leben beginnen.
    Die Türme des Papstpalastes ragten majestätisch empor, große, weiße Arme, die sich bittend gen Himmel reckten. Die blendend weißen Mauern leuchteten in der Nachmittagssonne und machten den Betrachter blind für die Umgebung. Alejandro fand den Palast schöner als alles, was er je gesehen hatte. Gerüste erhoben sich an einer der Mauern, doch Alejandro sah, daß sie leer waren. »Findet Ihr es nicht seltsam, Hernandez«, fragte er, »daß an einem so schönen Tag wie heute keine Arbeiter auf den Leitern stehen?«
    Hernandez folgte seinem Blick. »Ihr habt recht«, sagte er. »Keine Steinmetze zu sehen. Vielleicht ist Avignon dieser Pest auch nicht entgangen.«
    Als sie in die Stadt ritten, sahen sie ringsum, daß Avignon in der Tat nicht verschont geblieben war. Leute eilten hastig an ihnen vorbei, als trieben dringende Geschäfte sie an; die Bürger von Avignon zeigten keine Anzeichen der offenen Freundlichkeit, die Alejandro zu finden gehofft hatte, sondern drückten sich an ihnen vorbei, vermieden jeden Kontakt mit den Reitern und wirkten mißtrauisch, ja sogar regelrecht feindselig. Vor beinahe jedem dritten Haus, an dem sie vorbeikamen, lagen Leichen auf dem Boden und warteten auf den Karren. Die Karren selbst lösten einander in rascher Folge ab wie eine makabre Karawane auf dem Weg zu den Begräbnisstätten. Immer waren sie voll, und ihre hölzernen Räder bogen sich unter der Last.
    »Wo werden diese Toten bloß alle begraben?« fragte Alejandro sich laut, als ein weiterer Karren vorbeifuhr.
    »Wichtiger noch: Wer wird sie begraben?« erwiderte Hernandez. »Diese Plage rafft so viele dahin! Bei allen Göttern, Arzt, ich fürchte, sie wird auch mich ergreifen! Wie sollen wir das verhindern?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Alejandro entmutigt und seufzte. »Ich weiß es nicht.«
    »Seid Ihr sicher, daß dieses Zeichen bedeutet >Zimmer zu vermieten    »Ich habe sie nicht vergessen«, antwortete Alejandro. Das Geräusch der zufallenden Tür klang ihm noch in den Ohren; die verwitwete Wirtin hatte ihnen den Eintritt verweigert und gesagt, sie glaube keinem mehr, daß er nicht die Pest habe. Sie hatte ihnen geraten, in einem anderen, in der Nähe gelegenen Haus nach Unterkunft zu fragen, und so machten die beiden müden Reiter kehrt und gingen die enge Treppe wieder hinunter auf die kopfsteingepflasterte Gasse.
    Die zweite Witwe, eine ältere Frau, deren Mann erst vor drei Tagen der Seuche zum Opfer gefallen war, war nur zu froh, sie aufzunehmen, denn sie war ganz allein und sehr verängstigt und hatte keine Verwandten, bei denen sie Hilfe suchen konnte. Sie brauchte allerdings mehr Geld als nur die Miete für das Zimmer, denn der Tod ihres Mannes hatte sie mittellos zurückgelassen. Sie bot Alejandro an, ihm ihr ganzes Haus zu vermieten und ihm den Haushalt zu führen, und zwar gegen ein geringes Entgelt, wenn er dafür versprach, ihr bei Dingen zu helfen, die sie als alte Frau nicht allein bewältigen konnte.
    Diese Vereinbarung schien für beide vorteilhaft, doch bevor er einwilligte, nahm Alejandro Hernandez beiseite und fragte ihn nach seiner Meinung zu dem Vorschlag der Witwe.
    Der Spanier billigte ihn. »Ein Mann hat immer Glück, wenn eine Frau sich um ihn kümmert«, sagte er, »selbst wenn sie es nicht ohne Bezahlung tut.« Er wandte sich nach der Witwe um, die eine Entscheidung erwartete. »Zumindest wird diese nicht Eure Zeit vergeuden, indem sie versucht, Euch zum Altar zu schleppen.«
    Nachdem die beiden Männer sich kurz zu ihrer glücklichen Entdeckung gratuliert hatten, sagte Hernandez: »Ich bringe unsere Pferde in den Stall und gehe dann zum Bankhaus, um meinen Vertrag mit Eurem Vater zum Abschluß zu bringen. Ich komme vor dem Abendessen zurück, und dann werden wir sehen, ob die Dienste dieser Witwe ihren Preis wert sind. Wir trinken auf Euer neues Heim und darauf, daß Euch das Glück weiter hold bleibt.«
    Alejandro trug seine wenigen Habseligkeiten in das kleine Haus; es war nicht groß, aber gut mit soliden und praktischen Möbeln ausgestattet. Die Böden aus gestampfter Erde im unteren Geschoß waren

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