Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
hervor: »Covington, der Schneider - er ist krank. Die Ältesten sagen, er hat die Pest.«
Alejandro erhob sich ganz und fragte: »Wo wohnt er?«
»In der Gasse hinter der Kirche - er ließ sich Stoff aus London bringen! Seine Frau berichtete den Ältesten, dass er im vergangenen Monat drei Sendungen erhielt, heimlich. Verflucht sei der Mann!« Er ließ sich auf die Bank fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Nach einem langen, tiefen Seufzer sagte er: »Womöglich hat er den Tod mitten unter uns gebracht.«
Alejandro erinnerte sich an den o-beinigen Mann mit seiner schweren Last, dem er begegnet war und der sich auf dem Weg die Gasse entlang am Rücken gekratzt hatte. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, was in Blackwell vor sich ging. Er legte ihm eine Hand auf den Arm. »Bitte, Ihr müsst mich zu den Ältesten bringen«, sagte er.
Er folgte Blackwell in die Taverne. Die sieben Ältesten von Eyam hatten die Köpfe zusammengesteckt und beratschlagten. Blackwell nahm seinen Hut ab und räusperte sich, um sie auf sich aufmerksam zu machen, und die Ältesten wandten sich zu ihm um.
Ein alter weißbärtiger Mann ergriff das Wort. »Nicht jetzt, Thomas, wir sind in einer ernsten …«
»Ich weiß, worüber Ihr sprecht, Onkel«, erwiderte Blackwell. »Ich sah die Frau des Schneiders, als sie ganz außer sich hier hereinkam.«
»Dann weißt du ja, dass wir keine Zeit für irgendwelche Belanglosigkeiten haben.«
»Es ist nichts Belangloses, womit ich zu Euch komme.« Er
deutete über seine Schulter. »Ich habe einen Gast in meinem Haus, falls Ihr es nicht schon wisst.«
Der weißhaarige Alte musterte Alejandro und sagte: »Aye, wir haben es bemerkt. Und missbilligen es. Es gibt gute Gründe dagegen, wie du weißt.«
»Ich wohne am Rand des Dorfes«, sagte Blackwell, als würde dies seinen Ungehorsam rechtfertigen. »Und ich bin hier, um Euch zu sagen, dass uns dieser Gast von Nutzen sein könnte.«
Alle Augen richteten sich auf Alejandro, der einen Schritt vortrat. »Ich bin Medicus«, sagte er.
Sofort änderte sich der Ausdruck auf den Gesichtern der Ältesten. Zwei von ihnen rückten auseinander, um Platz in ihrer Runde zu schaffen. »Nun. Das ist freilich etwas anderes. Nehmt Platz, Sir«, sagte Blackwells Onkel. Blackwell selbst musste stehen bleiben, während Alejandro sich setzte.
»Wir würden gern wissen, ob es die Pest ist, die Covington aufs Krankenlager geworfen hat«, sagte der Onkel. »Wir selbst können es nicht mit Bestimmtheit sagen.«
»Ich muss den Mann sehen, um mir Gewissheit zu verschaffen.«
Sie berieten sich kurz untereinander, und dann fragte Blackwells Onkel: »Ihr habt keine Furcht vor Ansteckung?«
»Ich fürchte die Pest genauso sehr, wie sie jedermann fürchten sollte, aber ich werde alle Vorsichtsmaßnahmen treffen, die mir zu Gebote stehen.«
Keinem schien daran gelegen zu sein, zu erfahren, um was für Maßnahmen es sich dabei handelte.
Der alte Mann sah Blackwell an. »Willst du ihn hinführen?«
»Aye, Onkel, wenn es Euer Wunsch ist.«
»Du bist ein guter Bursche.« Er wandte sich wieder an Alejandro. »Ihr erstattet uns Bericht?«
»Unverzüglich.«
Blackwell - sichtlich beunruhigt - setzte seinen Hut wieder
auf und ging zur Tür. Alejandro folgte ihm und fand sich bald darauf in derselben Gasse wieder, in der er ein paar Stunden zuvor Covington hatte verschwinden sehen. Blackwell blieb stehen, als sie noch etliche Schritte von der Tür entfernt waren.
»Dort ist es«, sagte er und deutete darauf.
Alejandro wusste, dass Blackwell keinen Schritt weiter gehen würde. »Ich kann meine Arbeit ohne Eure Hilfe tun. Es wäre ratsam, wenn Ihr hier wartet.« Er ließ seinen besorgten Begleiter zurück und trat vor die Tür der Covingtons. Auf sein Klopfen hin waren im Haus gedämpfte Stimmen zu vernehmen. Gleich darauf wurde die Tür von einer ängstlich dreinblickenden Frau geöffnet; hinter ihr stand ein kleines Mädchen und klammerte sich an ihren Rock. Beide wirkten ängstlich und verzweifelt.
»Geht weg, Fremder«, flüsterte die Frau. »Wir haben einen Kranken im Haus.«
»Ich bin Medicus, die Ältesten schicken mich«, erwiderte Alejandro. Er deutete auf Blackwell. Die Frau streckte den Kopf aus der Tür und sah Thomas Blackwell. »Gesegnet sei die Heilige Jungfrau«, sagte sie. Sie hielt die Tür weit auf und ließ Alejandro ein. Auf einer Bettstatt vor dem Herd lag der Schneider.
Er trat neben den Mann, sah auf ihn hinunter und erkannte mit einem Blick,
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