Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
wie es um ihn stand.
»Er hat sich unablässig gekratzt, als hätte er die Krätze«, sagte die Frau. »Einmal, als ihn eine Spinne biss, schwoll die Haut auch so an. Aber dieses Mal ist es viel schlimmer. Ich bemühe mich, die Spinnweben wegzumachen, Gott ist mein Zeuge, aber bei all der anderen Arbeit …«
»Madam, das war nicht der Biss einer Spinne«, sagte Alejandro. Er drehte sich zu ihr um und sah ihr in die Augen. »Euer Mann ist schwer krank, aber das wisst Ihr sicher bereits. Ich bin davon überzeugt, dass er an der Pest leidet.«
Die Frau rang nach Luft und schlug die Hand vor den Mund. Sie schloss die Augen und begann zu schluchzen.
»Ihr und Eure Tochter seid in Gefahr, Euch die Krankheit ebenfalls zuzuziehen. Dennoch müsst Ihr hier im Haus bleiben, um zu vermeiden, dass Ihr sie auf andere übertragt. Verlasst es nicht, sonst setzt Ihr Eure Nachbarn der gleichen Gefahr aus.«
»Aber ich muss Speck besorgen! Ich habe keinen mehr in der Küche.«
»Das wird nicht helfen«, sagte Alejandro.
»Es hat Mistress Harrison geheilt, sie trank einen ganzen Becher ausgelassenen Speck, weil sie es in ihrem Fieberwahn für Wasser hielt. Eine Woche lang war sie noch krank, und dann war sie geheilt!«
»Ich versichere Euch, Madam, dass Speck kein Heilmittel gegen die Pest ist. Ihr dürft es nicht trinken, oder Ihr fügt Euren Eingeweiden großen Schaden zu.«
»Wenn wir sterben, brauchen wir keine Eingeweide mehr!«
Das kleine Mädchen begann zu weinen.
Sein Herz quoll über vor Mitleid mit der Kleinen, aber er durfte vor der Gefahr, die von den beiden ausging, nicht die Augen verschließen. Schon bald würden sie krank werden und mit großer Wahrscheinlichkeit sterben.
»Das liegt in der Hand Gottes«, sagte Alejandro. »Aber bitte, verschwendet Eure Zeit nicht mit solcher Quacksalberei. Es wird nichts Gutes bewirken und Euch stattdessen vielleicht sehr schaden.«
»Aber mein Mann«, sagte die Frau flehend. »Gibt es denn nichts, was Ihr für ihn tun könnt?«
»Nichts«, sagte er bekümmert. »Ich kenne kein Mittel, das sein Leiden kurieren könnte. Ihr könnt einiges für ihn tun, um seine Qual zu lindern, bis das Schicksal entscheidet. Wischt ihm den Schweiß von der Stirn - das Wasser wird sein Fieber senken - und vermeidet laute Geräusche, da sie ihm in den Ohren schmerzen.«
»Wie lange …?«
»Einen Tag, vielleicht zwei. Aber nicht mehr als drei. Bis dahin
wisst Ihr, ob er leben oder sterben wird. Es kann sein, dass er unablässig zu trinken verlangt, aber genauso ist es möglich, dass er jeden Tropfen Wasser verweigert. Was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass dieser Mann das Haus nicht verlassen darf. Und Ihr genauso wenig.«
Sir John Chandos sah de Coucy hinterher, der mit den übrigen Männern aufbrach, während er selbst mit Benoît zurückblieb. Er fragte sich, was mit dem Kranken geschehen würde. Es stand außer Frage, dass Edward Plantagenet es vorziehen würde, auf dem Schlachtfeld zu sterben, statt sich der Schmach auszusetzen, den Adel Europas zur Hochzeit seiner Tochter einzuladen, damit die Gäste dann hinter den Mauern seines Schlosses von der Pest dahingerafft wurden. Es wäre nicht ihr Tod, den der König fürchtete, sondern die Schande, denn in Wahrheit gab es unter ihnen viele, die er liebend gern tot gesehen hätte.
Sir John streckte sich auf dem harten Boden aus und zog die dünne Decke über sich. Auf der anderen Seite des Feuers lag der schnarchende Benoît und murmelte hin und wieder im Schlaf etwas vor sich hin. Auch wenn er momentan die Gegenwart dieses abscheulichen Mannes ertragen musste, zog Chandos es bei Weitem vor, unter freiem Himmel zu nächtigen statt in prächtig ausgestatteten Zelten auf einer Bettstatt, wie man es von ihm verlangte, wenn er den König begleitete. Die Unbequemlichkeit, die Nacht auf der blanken Erde zu verbringen, war eine Art Strafe für das, was er zu tun beabsichtigte, für die Sünden, die er an seinem König begehen würde, einem Mann, den er noch immer, wenn auch nur schweren Herzens, liebte wie einen Bruder.
Als Alejandro in die Taverne zurückkehrte, rückten die Ältesten von Eyam abermals zusammen und hießen ihn in ihrer Mitte Platz nehmen.
»Der Schneider hat in der Tat die Pest.«
Inzwischen hatten sich Dutzende von Dorfbewohnern um den Tisch versammelt, und es war der eine oder andere Seufzer zu vernehmen. Kate stand am Rand der Menge, neben Mrs. Blackwell, deren Gesicht blankes Entsetzens ausdrückte.
»Wenn ihr
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