Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
verleitet hatte, die der König als, gelinde gesagt, bedauerlich betrachtete. Zu allem Überfluss hatte der Mann auch noch eine hohe, quäkende Stimme. Was den Körper anbelangte, kannte er sich zwar
mindestens so gut aus wie der königliche Leibarzt, manchmal sogar besser, aber keiner von beiden war in den Augen des Königs die Spucke wert, mit der er seine Stiefel polierte.
    »Derzeit besteht eine unglückliche Konstellation zwischen Saturn und Venus, und diese beiden widerstreitenden Kräfte haben Besitz von den inneren Organen des Mannes ergriffen, indem sie seine Milz als Einlass nutzen. Es ist eine sehr ernste Erkrankung, von der er sich nicht wieder erholen wird, fürchte ich. Seine Säfte sind stark aus dem Gleichgewicht geraten.«
    »Sagt es geradeheraus«, flüsterte der König. »Ich möchte wissen, ob es ansteckend ist.«
    »Das kann ich nicht sagen, Sire. Ich benötige ein wenig Zeit, um weitere Bücher zu Rate zu ziehen.«
    »Wie viel Zeit?«
    »Vielleicht einen Tag oder zwei - die Berechnungen sind sehr anstrengend …«
    Der König erhob sich langsam; nach den Ausschweifungen des Festes machte ihm seine Gicht schwer zu schaffen. Der kleine magere Astrologe wich unwillkürlich etwas zurück, als sich der beleibte Monarch vor ihm zu voller Größe aufrichtete.
    »Hinaus mit Euch«, sagte der König.
    »Edward!«, protestierte Philippa. »Er kam auf meine Bitte, um uns zu helfen …«
    »Er ist Uns ganz und gar keine Hilfe«, fiel der König seiner Gemahlin ins Wort. Dann senkte er die Stimme wieder, sodass nur sie hören konnte, was er sagte. »Ich bin verwirrter als zuvor, ehe er uns seine Ratschläge erteilte. Das Schloss ist voller Gäste … Bedenkt die Folgen, wenn die Pest hinter diese Mauern dringt, wo sich Vertreter aller Königshäuser Europas eingefunden haben, um an der Hochzeit unserer Tochter teilzunehmen!«
    Einen Moment lang verschlug es Philippa die Sprache. Dann flüsterte sie: »Ihr hättet ihm zumindest die Höflichkeit erweisen können, ihn ausreden …«
    »Ich bin der König. Es besteht keine Notwendigkeit für
mich, höflich zu sein. Und ich habe mir mehr als genug von diesem Geschwätz über Zusammenflüsse und Einflüsse und unglückliche Fügungen angehört.« Er ließ den Blick über seinen Hofstaat schweifen und hielt aus Gewohnheit Ausschau nach Chandos, bevor ihm zu seinem Bedauern einfiel, dass sein alter Freund nicht anwesend war. Er ließ sich wieder auf seinen Thron sinken und wandte sich zu einem Pagen. »Such Gaddesdon«, sagte er barsch, »und schick ihn zu mir. Unverzüglich.«
    Der Page eilte davon, um den Leibarzt des Königs zu suchen. Die versammelten Höflinge traten zur Seite, um ihn vorbeizulassen, und schlossen den Kreis um den König anschließend wieder. Der König lächelte und gab den Musikanten ein Zeichen zu spielen, und die Höflinge und Würdenträger nahmen ihre Unterhaltungen wieder auf, als wäre nichts gewesen.

    Manche Einwohner von Eyam begaben sich bereitwillig in ihr Gefängnis, andere erhoben lautstark Protest und mussten mit Gewalt dorthin verfrachtet werden. Am dritten Tag waren vierzig Dorfbewohner unzweifelhaft an der Pest erkrankt, und weitere fünfundzwanzig zeigten die ersten erschreckenden Symptome. In der Kirche war kaum noch ein Platz frei. Gegen Ende des vierten Tages war fast die Hälfte der Dorfbewohner darin eingeschlossen, einschließlich vier der Ältesten.
    Sobald sich die Kunde von der Pestilenz in den umliegenden Ansiedlungen verbreitete, kamen von dort Angebote zu helfen - zumeist laut über den Friedhof gerufen, von dem aus die Pest mit Covingtons Tuchballen Eingang ins Dorf gefunden hatte. Bald darauf brachten die Bewohner aus den nicht betroffenen Dörfern nördlich von Eyam Vorräte: Brotlaibe, Säcke mit Linsen und Weizen, harten Käse, alles an einer Ecke des Friedhofs aufgestapelt. Einmal am Tag ging einer von denen, die nicht krank waren, hin und holte sie. Der einzige Mensch, der Eyam verließ, war der Fuhrmann mit dem Leichenkarren.
    Die Seuche griff um sich, sprang wie ein Feuer von Haus zu
Haus. Die verzweifelte Hoffnungslosigkeit, die sie bereits über Tausende andere Dörfer gebracht hatte, hüllte Eyam ein wie ein Leichentuch.
    Bis zum siebenten Tag.

    »Wie geht es dir heute, meine Kleine?«, fragte Kate.
    Die Frage war rein rhetorisch gewesen; sie erwartete keine Antwort von dem Mädchen, das in der Kirche auf einem Strohsack vor ihr lag. Als sie das Kind das letzte Mal untersucht hatte, schien es dem

Weitere Kostenlose Bücher