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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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der Häuser.
    Dann sagte Lany zu einer zweiten Frau: »Er braucht Hilfe, um dieses Ding auszuziehen.«
    Die Frau nickte und trat vor. Sie machte sich mit geübten Fingern an den Verschlüssen des Anzugs zu schaffen und öffnete Schließen, Reißverschlüsse und Knöpfe, als hätte sie das schon oft gemacht.
    »Das machen Sie nicht zum ersten Mal«, bemerkte Michael.
    Sie erwiderte seinen Blick, sagte jedoch nichts.
    Gerade als sie den letzten Reißverschluss aufzog, kehrte Linda mit einem Arm voll Kleidungsstücken zurück. Er stieg aus dem Anzug und nahm den Stapel entgegen. Scham schien in seiner Lage fehl am Platz zu sein, dennoch errötete er bei der Vorstellung, dass ihn fremde Frauen praktisch im Adamskostüm sahen, und hielt sich rasch die Kleider vor den Unterleib.
    Seine Stiefel standen neben ihm auf dem Boden, doch als er nach ihnen greifen wollte, sagte Lany: »Nein. Lassen Sie sie stehen.«

    »Aber ich habe nackte Füße. Der Boden ist noch gefroren.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Sie werden nicht viel gehen müssen.«
    Vorsichtig lief er in Begleitung einer Eskorte zu dem Klohäuschen, wo er unter dem wachsamen Auge eines der Männer, dem Lany die Michael abgenommene Waffe gegeben hatte, Wasser ließ. Fluchtgedanken schossen durch seinen Kopf. Mach einen Satz zurück und schlag den Mann zu Boden, dann nimm ihm die Pistole ab und renn los … aber wohin sollte er laufen, ohne Schuhe, ohne Pferd, mitten im März, in der Zeit nach den Ausbrüchen, wo die Bakterien nur darauf warteten, ihn bei lebendigem Leib aufzufressen?
    Du musst am Leben bleiben, sagte er sich. Er würde die Gefangenschaft auf sich nehmen, bis sich eine Gelegenheit zur Flucht ergäbe.

    Als die Kinder hörten, dass sich das Tor öffnete, war die Lesestunde augenblicklich vergessen. Janie und Caroline folgten den beiden in den Hof, Kristina nicht weit hinter ihnen.
    Janie sah zu Tom hoch, als sie Jellybeans Zügel nahm, und sagte: »Du bist wesentlich früher zurück, als ich erwartet hätte.«
    Er erzählte ihnen von der unpassierbaren Straße. »Ich schätze, das musste früher oder später passieren. Die Natur erobert sich ihren Raum zurück.«
    »Was ist mit Michael?«
    Tom sah Caroline an. »Er ist den Rest des Wegs zum Gipfel ohne mich geritten«, sagte er. »Galen hielt sich besser als Jellybean, daher bin ich schon früher umgekehrt. Ich wollte ihr Gelenk nicht zu stark belasten.«
    Caroline runzelte die Stirn.
    »Er war guter Dinge«, sagte er. »Mach dir keine Sorgen.«
    Es blieb ihnen nichts weiter zu tun, als wieder ihre täglichen Pflichten aufzunehmen, aber die Ungewissheit lag dumpf über dem Rest des Tages.

    Während sie mit Janie das Abendessen zubereitete, sah Caroline alle paar Minuten zum Fenster hinaus auf das Tor, in der Hoffnung, den neongrünen Anzug aufblitzen zu sehen. In nicht einmal einer Stunde würde die Sonne untergehen.
    »Mittlerweile sollte er zurück sein«, sagte sie.
    Janie versuchte, der Verspätung etwas Gutes abzugewinnen. »Nicht unbedingt. Vielleicht hat er ja einen Fund gemacht, den es sich lohnt herzubringen.«
    »Er ist diesen Weg doch schon mehrmals geritten. Wenn es dort etwas Wichtiges zu entdecken gäbe, hätte er das doch bestimmt längst gesehen.«
    »Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Beruhige dich - er taucht bestimmt jede Minute auf.«
    Caroline blickte erneut aus dem Fenster. »Ich hoffe, du hast recht.«
    Die Stunde verging in quälender Langsamkeit. Das Fleisch war gar, und die Sonne verschwand langsam vom Himmel. Die Kinder beendeten ihre Unterrichtsstunde und kamen mit Kristina im Schlepptau an den Abendbrottisch. Der Tisch war schon gedeckt, aber keiner hatte bislang zum Essen gerufen.
    Wenn Caroline lächelte, dann war es ein gezwungenes Lächeln, das schnell wieder von ihren Lippen verschwand. Um der anderen willen wollte sie keine Katastrophe an die Wand malen, aber es fiel ihr nicht leicht, sich zusammenzureißen. Als Tom aus der Scheune kam, nahm ihn Janie beiseite und fragte ihn leise: »Was sollen wir tun?«
    »Warten« war alles, was ihm einfiel. »Wir essen zu Abend, nicht anders, als wenn er hier wäre. Und wir warten.«
    »Vielleicht sollten wir nach ihm suchen.«
    »Dazu ist es zu früh«, sagte er. »Michael kann auf sich selbst aufpassen. Vielleicht will er Galen nicht überanstrengen und hat sich für die Nacht eine Scheune gesucht, um dann morgen Vormittag zurückzukommen.«
    »Könntest du in dem Ding schlafen?«

    Tom ignorierte die Frage.

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