Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
sagen wollte - ich finde das, was Sie hier tun, wirklich großartig. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar wir Ihnen allen sind.«
»Danken Sie Kristina. Aber müssen wir in dieser schönen neuen Welt nicht alle zusammenhalten?«, erwiderte Janie. Sie zog die Ofentür auf und stellte den Bräter hinein, dann regulierte sie die Zugklappe und sah nach dem Feuer.
»Befeuern Sie den die ganze Zeit?«, fragte Lany und deutete auf das Ofenrohr. »Ich erinnere mich nicht, Rauch gesehen zu haben.«
»Wir führen die heiße Luft in der kalten Jahreszeit in den
Keller, damit die Wärme nicht verloren geht«, sagte sie. »Tom hat eine Art Filter eingebaut, der den Feinstaub weitgehend herausfiltert.«
»Sehr gute Idee.«
»Ja, mein Mann gehört zu den Leuten, die nichts verschwenden. Aber es ist eine scheußliche Arbeit, die Filter zu reinigen. Wir müssen sie mehrmals verwenden.«
»Ihre technische Ausstattung ist viel besser als unsere. So etwas wie Ihr Labor habe ich nicht mehr gesehen, seit …«
Sie unterbrach sich, dann setzte sie noch einmal an. »Es ist unglaublich, dass Sie Insulin selbst herstellen können.«
»Vielleicht können wir das. Es ist noch nicht gesagt, dass es wirklich funktioniert. Aber wenn es irgendjemand schafft, dann Kristina. Das Mädchen ist einfach brillant.« Sie lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht im Unklaren darüber gelassen, dass es nur ein Versuch ist. Und selbst wenn sie es schafft, Insulin herzustellen, kann es schon zu spät sein. Abgesehen davon wird es nur für ein paar Wochen reichen, man wird also immer wieder neues herstellen müssen - ihr ganzes Leben lang. Wenn sie es nicht regelmäßig bekommt, wird sie bald wieder in ihren gegenwärtigen Zustand zurückfallen. Ich habe vorhin nach ihr gesehen, sie ist sehr, sehr krank. Es wird ihr erst besser gehen, wenn wir ihr eine Injektion geben.«
»Haben Sie Spritzen und solche Dinge?«
»Ja.«
Nachdenklich fragte Lany: »Wie viel Insulin kann man aus einem Schwein gewinnen? Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass wir die Tiere eines nach dem anderen schlachten müssen.«
»Kann ich verstehen. Aber Kristina hat schon gesagt, dass sie einige der Zellen, die sie gewinnt, mithilfe von bestimmten Viren in kleine Fabriken umwandeln will.«
Lany starrte sie an. »Sie haben solche Viren?«
»Sie wären erstaunt, was man alles findet, indem man einfach auf den Boden schaut.«
»Mag sein.«
»Hören Sie«, sagte Janie, »dieser Braten braucht eine Weile, und ich will raus zu unserem kleinen Kraftwerk, um ein paar Dinge zu überprüfen. Normalerweise macht Tom das, aber er hat heute, na ja, einiges um die Ohren.« Sie lächelte. »Haben Sie Lust auf einen Spaziergang?«
»Ja, furchtbar gern.«
»Gut. Holen Sie Ihren Mantel, da oben pfeift immer ein gehöriger Wind. Ich sehe nur noch mal kurz nach meiner Patientin, dann können wir gehen.«
Kurz darauf kam sie zurück. »Unverändert.« »Das ist vermutlich eine gute Nachricht«, sagte Lany. Sie deutete auf den Bogen, den Janie sich über die rechte Schulter gelegt hatte. »Auf diesem Spaziergang warten doch hoffentlich keine unangenehmen Überraschungen?«
Janie zuckte mit den Achseln und nahm den Köcher mit den Pfeilen aus einem Schrank neben der Tür. »Das weiß man nie.« Sie lächelte und zwinkerte Lany zu. »Fragen Sie Michael.«
»Na, es ist doch gut ausgegangen«, sagte Lany. Sie deutete auf den Bogen und den Köcher. »Haben Sie noch mehr davon?«
Janie stattete sie mit beidem aus. Dann verließen sie die Wärme und Sicherheit des Hauses und machten sich auf den Weg in den kalten Wald.
Beide Seiten des Pfades waren gesäumt von Büschen und Felsbrocken, über die die Farmer in Neuengland seit Jahrhunderten fluchten. Sie stiegen über Wurzeln und Steine, immer auf der Hut vor dem, was sich von einem Ast auf sie fallen lassen konnte. Bald kamen sie zu dem Aussichtspunkt, an dem Tom und Janie vor wenigen Abenden wie verzaubert gestanden hatten, und auch sie hielten inne, um die Aussicht zu genießen. An einem klaren Tag wie diesem konnte man von hier aus sechzig Kilometer weit Richtung Osten sehen. Das Sonnenlicht tanzte auf dem See; vereinzelt waren die ersten Bäume hellgrün gefärbt,
insbesondere unten im Tal, wo der Frühling früher als auf den Bergen Einzug hielt. Von drei verschiedenen Stellen konnte man kleine Rauchwölkchen aufsteigen sehen.
»Sie sind dort draußen«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher