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Aleph

Aleph

Titel: Aleph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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mich nicht fragen, was ich will; sie kann es in meinen Augen lesen. Vielleicht hat sie Angst. Oder aber sie sagt: »Komm herein, ich habe auf diesen Augenblick gewartet. Mein Körper ist der Thron des Göttlichen, er ist ein Ausdruck dessen, was wir in anderen Dimensionen erleben.«
    Yao und ich verbeugen uns voreinander, wie es der Tradition entspricht. Unser Blick verändert sich. Wir sind jetzt bereit zu kämpfen.
    Und in meiner Phantasie neigt auch Hilal den Kopf, als wollte sie sagen: »Ja, ich bin bereit, halte mich fest.«
    Yao und ich gehen aufeinander zu, packen unsere Kimonoaufschläge, halten einen Moment inne, und der Kampf beginnt. Eine Sekunde später liege ich am Boden. Ich darf nicht an sie denken! Ich suche Hilfe beim Geist Ueshibas, durch seine Lehren gelingt es mir, in den Dojo, zu meinem Gegner, zum Kampf, zum Aikido und dem Weg des Friedens zurückzukehren.
    >Dein Geist muss mit dem Universum in Einklang sein, so wie sich dein Körper seinen Schwingungen anpassen muss. Du musst eins sein mit dem Universum.< Doch die Wucht, mit der ich auf den Boden geprallt bin, überträgt sich auf meine Gedanken an Hilal. Ich packe sie bei den Haaren und werfe mich mit ihr aufs Bett. Das ist es doch, worin die Harmonie des Universums besteht: Mann und Frau vereint zu einer einzigen Energie.
    Ich stehe auf. Seit Jahren habe ich nicht mehr gekämpft, meine Phantasie ist weit weg von hier, ich habe vergessen, wie man das Gleichgewicht hält. Yao wartet, bis ich bereit bin. Ich sehe seine Haltung und erinnere mich an die richtige Position für die Füße. Ich baue mich vor ihm auf, wieder packen wir uns an den Kimonoaufschlägen.
    Abermals habe ich nicht Yao, sondern Hilal vor mir. Ich halte ihre Arme auf dem Rücken fest, erst mit beiden Händen, dann nur mit einer und beginne, Hilals Oberteil aufzuknöpfen.
    Wieder fliege ich durch die Luft, ohne dass ich es kommen sah. Ich liege auf dem Boden und starre zu den Neonleuchten an der Decke hinauf. Keine Ahnung, wie ich mich auf so lächerliche Weise besiegen lassen konnte. Yao streckt die Hand aus, um mir beim Aufstehen zu helfen. Ich lehne ab, das kann ich allein.
    Wir packen uns ein drittes Mal bei den Kimonoaufschlägen. Und wieder bin ich in meiner Phantasie weit weg: zurück im Bett, wo das Oberteil inzwischen Hilals kleine feste Brüste offenbart, ich beuge mich vor, um sie zu küssen, während Hilal sich unter mir in einer Mischung aus Lust und ängstlicher Erwartung windet.
    »Konzentrieren Sie sich!«, sagt Yao.
    »Tue ich doch!«
    Das ist gelogen. Und Yao weiß es. Auch wenn er meine Gedanken nicht lesen kann, so merkt er doch, dass ich nicht bei der Sache bin. Mein Körper brennt wegen des Adrenalins in meinem Blutkreislauf, wegen der unsanften Landungen und allem, was sich währenddessen in meiner Phantasie abgespielt hat: Hilals nackte Brüste, die Jeans, die Turnschuhe, die sie von sich geschleudert hat. Es ist unmöglich, den nächsten Stoß vorauszusehen, aber durchaus möglich, instinktiv zu handeln, aufmerksam zu sein und…
    Yao lässt meinen Kragen los und biegt meinen Finger zurück für eine klassische Fingersperre. Ein einzelner Finger, und der ganze Körper ist gelähmt, nichts funktioniert mehr. Ich versuche, nicht zu schreien, aber der Schmerz ist so intensiv, dass ich Sterne sehe und mir schwarz vor den Augen wird.
    Im ersten Moment scheint mich der Schmerz dorthin zurückzuholen, wo ich sein sollte: auf den Weg des Friedens. Doch dann macht er einem anderen Gefühl Platz, als ich spüre, wie Hilal mich in die Lippe beißt, als wir uns küssen. Sie zieht mich zu sich, ihre Nägel graben sich in meinen Rücken, ich kann ihr leises Stöhnen hören. Ihre Lippen werden weich, und sie küsst mich zärtlich.
    >Gib acht auf dein Herz. Das ist die Disziplin, die jeder Krieger beherrschen muss. Wenn du dein Herz unter Kontrolle hast, dann wirst du deinen Gegner besiegen.<
    Genau das versuche ich. Es gelingt mir, mich aus seinem Griff zu befreien, und ich packe erneut Yaos Kimono. Bestimmt denkt er, dass ich mich erniedrigt fühle, er muss meine mangelnde Praxis bemerkt haben. Ziemlich sicher wird er mir erlauben, ihn jetzt anzugreifen.
    Ich habe seine Gedanken gelesen, ich habe ihre Gedanken gelesen und ergebe mich. Hilal setzt sich auf mich, öffnet meinen Gürtel und beginnt, meine Hose aufzuknöpfen.
    >Der Weg des Friedens ist wie ein Fluss, und weil ein Fluss keinen Widerstand leistet, hat er von Anfang an gesiegt. Die Kunst des Friedens ist

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