Alera 01 - Geliebter Feind
seine Gemahlin, Baronin Alantonya, vorstellen. Seine Töchter, Lady Semari, Lady Charisa und Lady Adalan, ihren jüngsten Sohn Lord Zayle sowie den jungen Mann, dessen überraschende Heimkehr der Anlass des heutigen Abends ist – ihren ältesten Sohn und ihr erstgeborenes Kind, Lord Kyenn.«
Koranis und seine gesamte Familie traten an die rechte Seite meines Vaters, während die Gästeschar eifrig applaudierte.
Danach führte Cannan meine Eltern die Stufen von der Bühne des Ballsaals herunter. Wir folgten ihnen, und die Leibgarde des Königspaares bildete den Schluss. Rechts von der Empore standen zwei Thronsessel. Dort würden meine Eltern den Großteil des Abends verbringen, Gäste begrüßen und sich mit denjenigen unterhalten, die ein Anliegen vorzubringen hatten. Daneben waren auch zwei verzierte Sessel für Miranna und mich platziert, die wir jedoch wahrscheinlich kaum benutzen würden. Zwar rechnete mein Vater bestimmt damit, dass ich auf Steldor warten würde, doch ich war fest entschlossen, dem Mann zu entwischen, der die offizielle Erlaubnis besaß, um mich zu werben. Lieber wollte ich mich unter die Leute mischen und ernsthaft nach einem anderen Bräutigam Ausschau halten. Narian und seine Familie würden sich ebenfalls unter die anderen Adeligen mengen, sich weniger förmlich bekannt machen und plaudern. Die jüngeren Kinder würden sowieso bald davonstürmen und nach ihren Freunden suchen.
Zwei lange Tafeln mit Erfrischungen waren an den Seiten des Saales vorbereitet. Die freie Mitte war zum einen als Tanzfläche gedacht, zum anderen als Bereich zum Flanieren und Plaudern. Nachdem Narians Einführung in die hytanische Gesellschaft der Anlass war, hatte ich das Dekor vornehmlich auf die hytanischenFarben Königsblau und Gold beschränkt. Während ich mit Miranna durch den Saal streifte, suchte ich mit den Augen die Gästeschar danach ab, was meine Schwester als »guten Fang« bezeichnete. Immer wieder steuerten junge Männer auf mich zu. Meine Blicke wurden offenbar als Aufforderung, sich mir zu nähern, verstanden. Ich musste zwar dringend einen anderen Bewerber als Steldor finden, mit dem mein Vater einverstanden wäre, doch die einförmigen Annäherungen war ich schon bald leid. Jeder Kavalier war offensichtlich darauf geeicht, mich auf die gleiche Weise zu begrüßen: »Guten Abend, Prinzessin Alera. Wie wunderschön Ihr heute Abend seid … Und was für ein herrliches Wetter.«
Selbst Miranna, die weit mehr Interesse als ich an jungen Männern hatte, gingen diese plumpen Annäherungsversuche bald auf die Nerven. Sie suchte gerade nach einer Möglichkeit, dieser Langeweile zu entkommen, als sie ein bekanntes Gesicht bei den Erfrischungen erspähte. »Ach, sieh mal!«, rief sie, nahm meine Hand und zog daran. »Da ist Temerson! Ich muss unbedingt mit ihm sprechen.«
Nachdem sie sich in die Wangen gekniffen und rasch ihre Locken aufgeschüttelt hatte, tänzelte sie auch schon auf den schüchternen Sechzehnjährigen zu. Als der sie kommen sah, weiteten sich seine Augen vor Schreck. Ich fragte mich, ob er wohl ahnte, dass er drauf und dran war, ihr Lieblingsverehrer zu werden.
Leider bedeutete der kleine Ausflug meiner Schwester, dass ich mich den Gästen nun allein stellen musste. Ich steuerte in Richtung meiner Eltern und wünschte mir eine Verschnaufpause von all den Männern, die mich umschwirrten, da entdeckte ich auf halbem Weg Steldor. Galen war wie selbstverständlich an seiner Seite, und die beiden standen umgeben von einer GruppeMädchen, die bei jeder ihrer Äußerungen kicherten und erröteten. Auch wenn Steldor vielleicht mit der Zuneigung anderer Mädchen spielte, um mich eifersüchtig zu machen, sagte mir seine Taktik durchaus zu. Mir war völlig egal, mit wem er flirtete, solange er mich in Ruhe ließ.
Als ich die Menschentraube erblickte, die meine Eltern umgab, änderte ich meine Richtung und strebte stattdessen der Tanzfläche auf der anderen Seite des Ballsaales zu. Ich hatte an diesem Abend zwar keine Lust zu tanzen, aber ich mochte die Musik und wollte gern sehen, wer dort mit wem flirtete.
Zunächst waren meine Augen jedoch auf die Musiker gerichtet, die selbst genauso viel Spaß zu haben schienen wie die Tanzenden. Sie spielten viele verschiedene Instrumente: Mandolinen, Lauten, Hackbrett, verschiedene Flöten und Trommeln. Je nachdem, was davon sie gerade verwendeten, klang es schmachtend und süß oder schnell und wild.
Als ich so am Rand der Tanzfläche stand, musste
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