Alera 01 - Geliebter Feind
seiner sonstigen Garderobe. Sie waren aus Leder und hatten unter dem Knie eine breite Stulpe. Die Absätze waren höher und die Sohlen dicker als sonst bei hytanischen Männern üblich.
Ich wusste ja, dass Narians Identität dank des Geburtsmales an seinem Hals zweifelsfrei feststand, aber auch das Blau seiner Augen, die gerade Nase und das ausgeprägte Kinn wiesen ihn als Sohn des Barons aus.Sein dickes, widerspenstiges Haar hatte denselben Goldton wie das seines Vaters, allerdings war Koranis’ Haaransatz bereits weit zurückgewichen und jedes Haar penibel frisiert.
Alantonya und ihre Töchter knicksten vor uns, während Zayle sich auf überaus reizende Weise leicht verbeugte. Narian trat von der Wand weg, um sich ebenso wie sein Vater mit respektvoll gesenktem Kopf zu verneigen.
»Eure Hoheiten«, sagte Koranis und trat vor, um uns zu begrüßen. »Erlaubt mir, Euch meinen Sohn, Lord Kyenn, vorzustellen.«
Er streckte die Hand in Richtung Narian aus, um ihn heranzuwinken, doch der junge Mann rührte sich nicht und schien darüber nachzudenken, ob er kapitulieren sollte. Gerade als es begann, für alle im Raum peinlich zu werden, kam er auf uns zu.
»Verzeiht meinem Vater«, sagte er mit gesenktem Haupt, sodass sein scharfer Blick kurz von seinem dichten Haar verdeckt wurde, »doch mein Name lautet Narian.«
Koranis fuhr herum und starrte seinen Sohn an, während Alantonya, die unmittelbar hinter ihrem Mann stand, eine Hand auf ihr Herz legte, als sei ihre schlimmste Befürchtung soeben eingetroffen.
»Ich befinde mich nicht unter Eurem Dach«, stellte Narian fest und hielt dem strengen Blick seines Vaters stand. Seine Stimme wies keine Missachtung auf, sondern klang sehr sachlich.
Das folgende Schweigen schien alle außer Narian zu bedrücken, der sich von Koranis’ gekränkter Miene gänzlich ungerührt zeigte. Es war Semari, die die unangenehme Stille unterbrach. »Eure Kleider heute Abend sehen phantastisch aus«, sagte sie und trat um den Baron herum. »Habt Ihr sie neu anfertigen lassen?«
Wir begannen zu plaudern, und der Wortwechsel zwischen Vater und Sohn geriet in den Hintergrund. Kurze Zeit später schien Koranis seine Stimme und Fassung wiedergefunden zu haben und ging auf Narian zu, der wieder seinen Platz an der Wand eingenommen hatte. Da Miranna und Semari sich miteinander unterhielten, konnte ich mithören, was der Baron sagte.
»Dieses Fest findet zur Feier deiner Rückkehr nach Hytanica statt«, konstatierte er mit fester Stimme. »Daher wird heute Abend auch dein hytanischer Name verwendet werden, und du wirst auf ihn hören.«
Unerschrocken begegnete Narian dem Blick seines Vaters. Über seine Lippen kam weder Zustimmung noch Widerspruch, und so konzentrierte ich mich auf seine dunkelblauen Augen. Sie blickten durchdringend, aber auch wachsam und hatten – im Gegensatz zu seiner übrigen Erscheinung – so gar nichts Kindliches an sich. Er war schlank und offenbar kräftig, aber sein Körper besaß noch nicht die muskulöse männliche Statur, die Steldor oder einer unserer Leibwächter hatte. Auch Koranis war einige Zentimeter größer als er und vermutlich anderthalb mal so schwer. Abgesehen von seinem intensiven Blick und der rätselhaften Miene wäre er als normaler hytanischer Bursche durchgegangen, der sich mit seinen Freunden ein lustiges Leben machte und seinen Eltern die eine oder andere Sorgenfalte bescherte.
Kurz darauf traten der König und die Königin in goldverzierten königsblauen Roben ein. Sie wurden von Cannan und ihren persönlichen Leibwächtern begleitet, die jedoch im Flur Posten bezogen. Lanek kündete ihr Erscheinen auf die übliche Weise an.
»Erhebt Euch …«, er stockte, weil er bemerkte, dass ohnehin alle bereits standen. »… für Seine Majestät,König Adrik von Hytanica, und seine Königin, Lady Elissia.«
Alantonya und ihre Töchter, aber auch Miranna und ich knicksten, während Koranis und seine Söhne sich verbeugten. Wie schon bei mir und meiner Schwester trat der Baron erneut vor und wandte sich nun an meine Eltern.
»Eure Majestät, meine Königin. Es ist mir eine Freude, Euch meinen Sohn Lord Kyenn vorzustellen.«
Er sprach den Namen mit einer Betonung aus, die meinen Eltern entging und von einem warnenden Blick in Richtung Narian begleitet wurde. Narian kam näher und senkte vor dem Königspaar respektvoll den Kopf.
»Eure Hoheiten«, murmelte er. Auch wenn er mir kurz zuvor noch ungerührt erschienen war, so klang er nun doch
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