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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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die Unzulänglichkeit seines Körpers zurückfallen ließ. Ich starrte den blonden Hauptmannstellvertreter an, der seit ihrer Geburt Mirannas Leibwächter gewesen war. Seine blauen Augen blickten stets freundlich. Er war bekannt für sein Können und seine großzügige, umgängliche Art. Doch nun fragte ich mich, was ihn so weit gebracht hatte, einen solchen Vorschlag aufzugreifen. Gelang es dem Overlord, uns alle zu verändern, uns seinem eigenen Vorbild anzunähern?
    »Wie Ihr Euch vielleicht noch erinnert, habe ich Eurem König das Leben gerettet«, warf Nantilam ein und brachte damit ein stichhaltiges Argument ins Spiel. »Bis jetzt habe ich mich friedlich gezeigt, aber versucht, mir meine Hand zu nehmen, und Ihr werdet sehen, wie sich das ändern kann.«
    »Nun, dir blieb wahrlich nichts anderes übrig«, erwiderte der Hauptmann mit zornig blitzenden Augen.
    Sie hatte sich zwar friedlich verhalten, aber sie war immer noch unsere Gefangene und eine Cokyrierin, keine von uns.
    »Bitte nicht«, murmelte ich und holte tief Luft, um meine Übelkeit zu verscheuchen. »Das könnt Ihr nicht tun. Ihr könnt Ihr doch nicht einfach die Hand abschlagen. Wir mögen uns im Krieg befinden, aber wir können uns immer noch menschlich verhalten.«
    »Der Overlord verhöhnt deine Menschlichkeit, Alera.« Obwohl Steldor den Rat seines Vaters beherzigt hatte, schien ihm nicht daran gelegen, seine Meinung für sich zu behalten. »Wenn wir seine Aufmerksamkeit erregen wollen, müssen wir es ihm mit gleicher Münze heimzahlen.«
    »Vielleicht seid Ihr ein wenig erschöpft«, bemerkte die Hohepriesterin spitz. Ich merkte, wie Wut in mir aufstieg. Einerseits weil ich seinen Vorschlag so grausam fand, und andererseits weil sein Argument, auch wenn ich es nicht zugeben mochte, gut war.
    »Dann müssen wir also wie er werden, um ihn bekämpfen zu können«, schloss ich verbittert. »Wir müssen bösartig und herzlos sein und uns zu dieser niederen Form von Gewalt herablassen, um eben diese zu beenden. Wollt Ihr das damit sagen?«
    »Genau das.« Steldor hatte sich erneut auf seine Ellbogen gestützt, um mich finster anzustarren. »Stell es dir wie eine Sprache vor, Alera. Er wird uns erst verstehen, wenn wir die seine sprechen.«
    Verunsichert rang ich die Hände, doch Cannan unterbrach uns.
    »Ich glaube, ich hatte dir geraten, dich wieder hinzulegen«, sagte er zu seinem Sohn, bevor er sich an mich wandte. »Alera, lasst Euch nicht von Euren Gefühlen hinreißen. Bis jetzt ist noch nichts entschieden.« Unerwartet ging er in Richtung Höhlenausgang. »Halias, ich muss Euch unter vier Augen sprechen.«
    Halias nickte, ließ dann seinen Blick über Temerson, meinen Vater und die Hohepriesterin wandern. Wahrscheinlich kam er zu dem Schluss, dass sie mit ihren kampferprobten Fähigkeiten allen anderen überlegen war, die eigentlich auf sie aufpassen sollten. Daher bückte er sich und fesselte Nantilams Hände vor ihrem Körper.
    »Habt ein Auge auf die Gefangene«, mahnte er und sah uns alle an. »Sollte sie irgendetwas versuchen – wir sind gleich hier draußen.« Der letzte Satz war wohl eher als Warnung an die Geisel gerichtet. Nachdem er ihre Fesseln noch einmal überprüft hatte, folgte er Cannan.
    Ich wusste nicht, was sie besprechen wollten, vermutete aber, es ginge eher um eine Fortsetzung der Unterhaltung ohne unsere Einmischung. Immer noch verärgert über Steldor wandte ich mich dem Feuer zu und entdeckte ein Tablett mit Essen, das Cannan offenbar für ihn vorbereitet hatte. Ich nahm den Wasserbecher herunter, leerte ihn heimlich und füllte ihn mit Wein, von dem ich wusste, dass er mit Eichenrinde versetzt war. Vielleicht hätte ich es nicht tun sollen, aber ein wenig zusätzlicher Schlaf würde ihm mit Sicherheit nicht schaden.
    Dann trug ich den Becher zu Steldor und drückte ihn in seine Hand. Ich wollte mich gerade umdrehen, um den reichlich gefüllten Teller zu holen, als er mich am Handgelenk packte.
    »Dein Haar …«, sagte er zögernd mit gerunzelter Stirn. »Es ist …«
    »Kurz«, beendete ich seinen Satz und griff mir selbstbewusst an den Kopf, um mit den Fingern durchzufahren.
    »Es sieht hübsch aus«, sagte er, und ich wusste, dass das schon ein beachtliches Kompliment war, denn er hatte es immer geliebt, mit meinen langen Locken zu spielen.
    »Trink«, sagte ich, und er gehorchte ahnungslos. Ich wartete noch einige Zeit, dann nahm ich den Teller und stellte ihn der Hohepriesterin hin, die, wie Steldor, noch nichts

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