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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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war.
    »Wie kann es sein, dass wir eine Königin haben, die mutterseelenallein im Wald sitzt, frierend, hungrig, verängstigt, schutzlos und nur durch den Fluss von den Cokyriern getrennt?«
    Er lachte freudlos, und ich zuckte zusammen. Bis jetzt hatte ich Steldor die Verantwortung zugeschoben, aber rückblickend hatte ich mich mindestens ebenso verantwortungslos benommen. Ich fühlte mich wie eine Närrin und genierte mich, weil ich tatsächlich geglaubt hatte, mich nicht in Gefahr zu begeben. War ich wirklich so schrecklich einfältig? Oder übertrieb London bei seiner Schilderung des Risikos nur, um mich einzuschüchtern?
    London ging ein Stück weit um das Feuer herum und blieb nur wenige Schritte von mir entfernt mit vor der Brust verschränkten Armen stehen. Er wirkte sichtlich verärgert. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, begann er meine Fragen zu beantworten.
    »Weißt du eigentlich, was für ein Glück es für dich war, dass ich dich gefunden habe? Die meisten Soldaten hätten dir keine Zeit gegeben – die hätten dir ohne Zögern die Kehle durchgeschnitten. Und glaubst du allen Ernstes, dass, als du auf diesen Felsen gesessen hast und zum Feind hinübergesehen hast, er dich nicht ebenso bemerkt hat? Einer ihrer Bogenschützen hätte dir mit Leichtigkeit mitten ins Herz schießen können. Oder sie hätten auch jemand losschicken können, der dich entführt, dann wäre unsere Königin jetzt in ihrer Gewalt.«
    Er fuhr fort und deutete mit einem Arm auf die Höhle, die uns umgab. »Ich habe dich hierhergebracht, weil ich mir nicht sicher sein kann, dass sie dich nicht bemerkt haben. Aber selbst wenn du die Aufmerksamkeit des Feindes nicht auf dich gezogen haben solltest, dann hätte dir eine schlimme Nacht ohne Unterschlupf und ohne die Möglichkeit, dich zu verteidigen, bevorgestanden. Ein Tier hätte dich angreifen können, oder du hättest, wie schon einmal geschehen, in den Fluss stürzen oder dich verlaufen können!«
    Ich hasste es, wenn er so böse auf mich war, aber ich konnte mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass er wie ein überanstrengter Vater klang. Diese Vorstellung hätte beinahe meine Mundwinkel nach oben wandern lassen, und ich biss mir auf die Lippe, denn ein Lächeln wäre unter diesen Umständen völlig unangemessen gewesen. London schien inzwischen mit dem Tadeln fertig zu sein, doch seine gerunzelte Stirn verriet mir, dass ihn noch etwas beschäftigte. Also wartete ich einfach ab, während die tanzenden Schatten auf seiner Gestalt ihm etwas Unheimliches verliehen.
    »Hör mir zu, Alera«, sagte er schließlich und ließ sich neben mir wieder auf ein Knie fallen. »Welche romantischen Vorstellungen du in Bezug auf Narian auch hegen magst, sie können niemals wahr werden. Du bist eine verheiratete Frau, und Narian ist der Feind.«
    Diese letzten Worte trafen mich tief. Dass er das so nüchtern konstatierte, verschlug mir fast den Atem. Narian ist der Feind , wiederholte ich in meinem Kopf, und da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass ich der einzige Mensch war, der sich Narians Rückkehr wünschte, weil ich seine Gesellschaft vermisste, und nicht, weil es unserem Königreich abträglich war, wenn er auf der Seite des Feindes stand.
    »Ich konnte ihn nicht finden«, sagte London und holte mich in die Realität zurück. »Doch den Cokyriern wird es vermutlich gelingen.«
    Ich hatte Londons düstere Prophezeiung immer noch in den Ohren, als er eine halbe Stunde später das Feuer auslöschte, weil er mich für aufgewärmt und ausgeruht genug hielt, um unseren Weg fortzusetzen. Er wollte nicht bis zum Morgen warten, um in die Stadt zurückzukehren, denn er war sich sicher, dass man meine Abwesenheit inzwischen bemerkt haben musste. Und zwar unabhängig davon, ob Steldor sie jemand kundgetan hatte oder nicht.
    Wir kamen rasch voran, aber dennoch dauerte es weitere zwei Stunden, bis wir die Stadt erreichten, denn London hielt sich weiterhin von der Hauptstraße fern. Ich döste zwischendurch immer wieder ein, geborgen in den Armen meines Retters. Richtig wach wurde ich erst wieder, als London sein Pferd vor dem Stadttor in Schritt fallen ließ. Die massive Barriere, die tagsüber zum freien Durchgang offen stand, war heruntergelassen, denn laut Cannans Befehl durfte sie erst bei Sonnenaufgang hochgezogen werden.
    »Halt! Wer da?«, rief einer der Wachposten uns laut zu und hatte die Hand bereits am Schwert, doch dann erkannte er meinen Begleiter.
    »London!«, schrie er, und sofort

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