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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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geschlossenen Vorhänge und erhellte die dunklen Winkel des Zimmers. Ich lag eingerollt auf der Seite unter meinen Decken, blickte unbeteiligt auf meine blassen Hände, die auf dem Kissen ruhten, und versuchte, mich an die Ereignisse des vergangenen Abends zu erinnern.
    Ich dachte an den seltsamen Traum zurück, den ich offenbar durchlebt hatte, während die Nachwirkungen des Beruhigungsmittels dafür sorgten, dass ich mich auf eigenartige Weise benommen fühlte. Ich strich mir mit den Fingern übers Gesicht und spürte die eingetrockneten rauen Tränenspuren, in dem Moment fiel mir auf einen Schlag alles wieder ein.
    In meinem Kopf tauchten Bilder von Mirannas so mädchenhaftem Schlafgemach auf: ihr mit Bändern geschmücktes Himmelbett, die pastellfarbenen Stoffbahnen an den Wänden, ihre unzähligen Puppen. Die Vorstellung, dass sie vielleicht nie mehr dort schlafen würde, schnürte mir die Kehle zu, und ich kniff die Augen zusammen, um meine Erinnerungen auszusperren. Erst als ich sie wieder aufschlug, bemerkte ich Steldor auf dem Stuhl links neben mir. Er schlief fest und schien die ganze Nacht bei mir gewacht zu haben. Sein Kopf war von mir abgewandt, an seine Schulter und den Sessel gelehnt. Ein Arm hing über die Lehne herab, sodass seine Finger fast den Boden berührten. Sein dunkles Haar und seine Kleidung waren ungewöhnlich unordentlich, aber dennoch wirkte er so engelhaft, wie man es nur Schlafenden nachsagt. Seine langen, ebenholzschwarzen Wimpern berührten beinahe seine Wangen. Irgendwie empfand ich den so überaus friedlichen Ausdruck seiner ebenmäßigen Züge als tröstlich.
    Ich zog die Decke fester um mich und beobachtete eine Weile, wie seine Brust sich unter seinem sanften Atem gleichmäßig hob und senkte. Ich wollte ihn nicht wecken, wollte den Zauber nicht brechen, der die Zeit anzuhalten schien. Wenn er erwachte, würden wir Cannan aufsuchen und erfahren, ob die nächtliche Suche irgendetwas ergeben hatte. Außerdem würden wir entscheiden müssen, was zu tun war, um diesen Albtraum durchzustehen. Doch für den Moment wollte ich all das noch aus meinem Bewusstsein verbannen.
    Anscheinend drang mein Blick jedoch in die Tiefen von Steldors Schlaf vor, und er bewegte sich unruhig, wobei sein Kopf auf die andere Seite rutschte. Nachdem er eine Hand an seine gerunzelte Stirn geführt hatte, schlug er endlich die Augen auf und betrachtete mich sogleich forschend. Er schien sich zu fragen, in welcher Verfassung ich mich befand oder wie ich seine Anwesenheit in meinem Zimmer auffasste. Schließlich stand er auf und räusperte sich leise.
    »Mein Vater wird uns sehen wollen. Ich werde nach deiner Zofe schicken, damit sie dir beim Ankleiden hilft.«
    Ich setzte mich auf, nickte und folgte ihm mit den Augen zur Tür. Eigentlich wollte ich nicht, dass er ging, aber ich wusste, dass es unvermeidlich war.
    »Danke, dass du bei mir geblieben bist«, sagte ich leise.
    Er hielt in der offenen Tür kurz inne und nickte mir schwach zu, bevor er seinen Weg fortsetzte.
    Gleich danach erschien Sahdienne und half mir in ein schlichtes, cremefarbenes Kleid. Sie bürstete mein Haar, wie sie es jeden Morgen tat, und das Alltägliche ihrer Tätigkeit schmerzte mich, denn Mirannas Morgen würde alles andere als alltäglich sein. Nachdem sie mein Haar zu einem lockeren Knoten aufgesteckt hatte, machte sie sich noch an ein paar losen Strähnen zu schaffen.
    »Eure Majestät, ich habe gehört …«, murmelte sie, aber ich war zu sehr vom Schmerz betäubt, um darauf zu reagieren. Ich starrte mein Bild im Spiegel über der Frisierkommode an, mein Gesicht war leer und blass. Unter den rot geränderten Augen lagen dunkle Ringe. Ich bat stumm darum, dass Sahdienne aufhören möge, doch sie wollte trotz des heiklen Themas wohl um jeden Preis Gewissheit.
    »Ist – ist es wahr?«, stammelte sie schließlich.
    »Ja, das ist es«, sagte ich tonlos.
    »Und – und war ihre Zofe … war Ryla darin verwickelt?«
    »Ja.«
    Die Zofe, die ich eingestellt hatte. Die Zofe, die ich in Mirannas Gemächer gebracht hatte. Die Zofe, die uns beide glauben gemacht hatte, letzte Nacht würde die bislang glücklichste im Leben meiner Schwester. Sicher hatte es an ihrem allerersten Tag Anzeichen ihrer Falschheit gegeben, die mir entgangen waren. Und warum hatte ich die Gefahr nicht sofort erkannt, als Miranna mir von Temersons Nachricht erzählte? Wäre ich doch nur so wachsam wie Steldor gewesen, dann hätte ich sie vielleicht retten

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