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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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meiner eigenen Verwegenheit dunkelrot an. Gerade als ich zu einer Entschuldigung ansetzen wollte, schenkte er mir ein schiefes Grinsen und schüttelte den Kopf.
    »Es ist bloß eine Zeichnung.«
    »Natürlich«, stimmte ich ihm hastig zu, aber dann fiel mir noch eine Möglichkeit ein, meinen Verdacht zu überprüfen. »Darf ich sie behalten?«
    Weil er mich misstrauisch musterte, fühlte ich mich zu einer Erklärung genötigt.
    »Du zeichnest ja nie mehr etwas für mich, und dieses Bild hier ist so schön.«
    »Wenn du es unbedingt willst«, sagte er mit einem Achselzucken, das mich nicht überzeugte.
    Wir unterhielten uns noch ein Weilchen, dann lud ich Destari ein, dazuzukommen, denn natürlich wollte auch er sich ein Bild davon machen, wie es London ging. Als es langsam Zeit zum Abendessen wurde, verabschiedete ich mich von London und wünschte ihm noch einen angenehmen Tag.
    »Der angenehmste Teil meines Tages geht soeben zu Ende«, erwiderte er.
    Ich aß wieder gemeinsam mit meinen Eltern, aber diesmal steckte eine andere Absicht dahinter. Ich wusste, dass meine Mutter mir meine Fragen in Bezug auf London würde beantworten können. Was die Antworten betraf, war ich neugierig und hoffte zudem auf ein wenig Ablenkung. Also betrat ich das Speisezimmer, nahm meinen Platz ein und legte die Zeichnung auf meinen Schoß. Als meine Eltern sich nach dem Essen erhoben, bat ich meine Mutter, noch einen Augenblick bei mir zu bleiben.
    »Ich möchte Euch gerne etwas fragen, Mutter.«
    Ihre blauen Augen, die mich so sehr an Mirannas erinnerten, strahlten nicht, sahen mich aber aufmunternd an. Sie nickte und setzte sich wieder zu mir. Ich legte Londons Zeichnung vor ihr auf den Tisch, und sie nahm sie nachdenklich in die Hand.
    »Kennt Ihr diese Frau?«, fragte ich, als hätte ich selbst keinerlei Vermutung, was ihre Identität anging. Sie musterte den Pergamentbogen sorgsam und runzelte konzentriert die Stirn.
    »Ich glaube, das ist Lady Tanda in jungen Jahren«, murmelte sie und bestätigte damit meinen Verdacht. Lady Tanda und meine Mutter waren enge Freundinnen, wenn also jemand so ein Urteil zustand, dann war es die Frau, die gerade neben mir saß.
    »Woher hast du das?«, fragte sie und schob das Bild wieder zu mir zurück.
    Ich antwortete ihr wahrheitsgemäß: »London hat das gezeichnet und mir erlaubt, es mitzunehmen.«
    »Das hat London gezeichnet?«, wiederholte sie, aber aus ihrer Stimme klang mehr als Erstaunen, nämlich regelrechter Unglaube.
    Ich nickte und bat sie stumm, sie möge mir mehr erzählen, doch sie schien der Ansicht zu sein, dass es ihr nicht zukam, mehr darüber zu sagen.
    »Er besitzt ein gutes Gedächtnis«, sagte sie nur, als wäre die makellose Ähnlichkeit mit der jugendlichen Tanda das einzig Erstaunliche an dieser Sache.
    »Aber warum sollte er Lady Tanda zeichnen?«
    Meine Mutter blickte zur Tür und drückte so gleichzeitig ihr Unbehagen und die Überflüssigkeit meiner Frage aus.
    »Es war schon immer schwer zu sagen, was in Londons Kopf vorging«, sagte sie abweisend, aber ich hatte erfahren, was ich wissen wollte.
    Als ich London am nächsten Morgen aufsuchte, waren gerade Cannan und Bhadran bei ihm. Destari gesellte sich sogleich zu den beiden Männern, während ich mich im Hintergrund hielt, um sie ihr Gespräch beenden zu lassen.
    »Im Moment spüre ich nur ein Kribbeln«, erklärte London. »Aber ich denke, dass ich meine Finger bald wieder bewegen kann.«
    »Das ist unmöglich!«, rief der überaus erfahrene Medikus aus. »Euer Schulterblatt war zertrümmert – die Verletzung müsste Euch für den Rest Eures Lebens beeinträchtigen!«
    »Ich scheine aber ganz gut damit zurechtzukommen«, bemerkte London, und zusammen mit seinem Körper schien auch sein alter Sarkasmus sich zu regenerieren.
    »Ganz gut«, echote der Arzt lachend. »In der Tat. Dabei solltet Ihr eigentlich tot sein – und das schon mehrfach.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, denn alle erinnerten sich daran, wie London bereits zweimal dem Tod ein Schnippchen geschlagen hatte. Zum ersten Mal, als er vor siebzehn Jahren aus Cokyri geflohen war und die schreckliche Krankheit überstanden hatte, die er von dort mitgebracht hatte. Beim zweiten Mal hatte ihn kurz vor dem letzten Weihnachtsfest ein vergifteter Pfeil durchbohrt. Ganz zu schweigen davon, dass er etwa eine Woche mit drei Pfeilen, die tief in seinem Fleisch steckten, in den Bergen überlebt hatte, bis Destari und Galen ihn schließlich gefunden

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