Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
das sein Ziel war.«
»Was ist mit den Logbüchern des Schiffs? Fallen die nicht routinemäßig in den Besitz der Allgemeinheit? Ich bin sicher, daß sie veröffentlicht wurden.«
»Diesmal nicht. Alles wurde als geheim klassifiziert.«
»Aus welchem Grund?«
»Keine Ahnung. Müssen sie einem das sagen? Ich weiß nur, daß Gabe nicht an sie herankam.«
»Jacob? Bist du da?«
»Ja«, sagte er.
»Bitte einen Kommentar.«
»Es ist gar nicht so ungewöhnlich, Informationen zurückzuhalten, wenn nach Einschätzung der maßgeblichen Stellen ihre Freigabe gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen würde. Wenn zum Beispiel jemand gefressen wird, werden die Einzelheiten nicht veröffentlicht. Ein jüngeres Beispiel für eine Nachrichtensperre ereignete sich auf dem Flug der Borlanget, als ein Symboliker von irgendeinem fliegenden Fleischfresser ergriffen und fortgetragen wurde. Doch selbst in diesem Fall wurde nur der Teil der Unterlagen zurückgehalten, der sich mit diesem spezifischen Ereignis befaßte. Bei der Tenandrome ist es fast so, als habe der Flug niemals stattgefunden.«
»Haben Sie eine Ahnung«, fragte ich Chase, »was sie vielleicht gefunden haben könnten?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich glaube, Gabe wußte es. Aber er hat es mir nicht gesagt. Und wenn jemand auf Saraglia darüber Bescheid wußte, hat er auch nicht geredet.«
»Es könnte ein biologisches Problem gewesen sein«, schlug ich vor. »Etwas, das ihnen Kopfzerbrechen bereitete. Und als sie Fischschüssel erreichten, hatten sie es wieder im Griff.«
»Das wäre eine Möglichkeit. Aber warum halten sie noch immer Informationen zurück, wenn die Sache keine Gefahr mehr darstellt?«
»Sie haben gesagt, es hätte Gerüchte gegeben.«
Sie nickte.
»Von der Pest habe ich Ihnen erzählt. Das interessanteste andere Gerücht besagte, es habe einen Kontakt gegeben. Ich habe wohl zwei Dutzend Variationen gehört. Die verbreitetste war, sie wären gerade eben davongekommen, und die Zentralregierung befürchtete, die Tenandrome sei nach Hause verfolgt worden und habe die Marine zu Hilfe gerufen. Einige haben behauptet, die Tenandrome , die nach Hause kam, sei nicht dieselbe gewesen, die abgeflogen sei.«
Das war eine beunruhigende Vorstellung.
»Eine andere Geschichte lautet, es habe eine Zeitverschiebung gegeben. Es seien mehr als vierzig Jahre Bordzeit verstrichen, und die Besatzungsmitglieder seien beträchtlich gealtert.« Sie überdachte die Tiefen der menschlichen Leichtgläubigkeit. »Gabe konnte mit einem Mitglied des Forschungsteams sprechen, und er war völlig in Ordnung. Ich weiß nicht, wer das war.«
»Hugh Scott«, stieß ich hervor. »Hat er gesagt, warum die Mission abgebrochen wurde?«
»Wer immer es war, er hat die offizielle Darstellung zum besten gegeben. Das Schiff habe Probleme mit der Armstrong-Einheit gehabt, und die Reparatur sei nur auf einer großen Werft möglich gewesen.«
Ich seufzte.
»Dann war das wahrscheinlich wirklich der Grund. Die Tatsache, daß Gabe niemanden finden konnte, der wirklich daran gearbeitet hatte, erscheint mir nicht so bedeutend. Und vielleicht wollte der Kapitän aus persönlichen Gründen schnell nach Hause zurück. Ich vermute, für diese ganze Sache lassen sich ein paar ganz einfache Erklärungen finden.«
»Vielleicht«, sagte sie. »Doch mit wem auch immer Gabe gesprochen hat – Scott, oder wie er hieß –, er hat sich geweigert, ihm zu sagen, wer den Flug sonst noch mitgemacht hat.« Sie drückte eine Faust gegen ihre Unterlippe. »Und das ist seltsam.«
Das Gespräch schweifte ein wenig ab, und wir wanderten über bekanntes Terrain, als gäbe es vielleicht etwas, das sie übersehen hatte.
Als Machesneys Name wieder ins Spiel kam, setzte sie sich auf.
»Gabe hatte an Bord der Capella jemanden bei sich«, sagte sie. »Vielleicht war das Machesney.«
»Vielleicht«, sagte ich. Ich lauschte dem Klang des Feuers und dem Knarren des alten Hauses. »Chase?«
»Ja?«
Jacob hatte etwas Käse und eine neue Runde Getränke bereitgestellt.
»Was glauben Sie ?«
»Darüber, was sie gesehen haben?«
»Ja.«
Sie atmete aus. »Hockten sie nicht noch immer auf den Informationen, wäre ich geneigt, die ganze Sache abzutun. Aber so – sie verbergen etwas. Aber das ist der einzig wirkliche Hinweis darauf, daß sie die Logbücher nicht freigeben. Abgesehen davon würde ich, wenn ich mich festlegen müßte, denken, daß Gabes Phantasie mit ihm durchgegangen ist.« Sie biß ein Stück
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