Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
gesagt.«
Verdammter Mistkerl. »Kannten Sie Gabe Benedict?«
»Nein«, sagte sie nach einem Augenblick. »Ich habe nicht gewußt, daß mein Mann jemanden begleitet hat.« Sie runzelte die Stirn, und ihr stattlicher Busen hob und senkte sich. »Ich habe nicht einmal gewußt, daß er überhaupt flog. Auf einen anderen Planeten, meine ich.«
»War er vorher schon mal auf Saraglia?«
»Nein.« Sie verschränkte die Arme. »Er hat Rimway vorher nie verlassen. Zumindest weiß ich nichts davon. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
»Aber Sie wußten, daß er für eine Weile verreisen würde?«
»Ja. Das wußte ich.«
»Keine Erklärung?«
»Keine«, sagte sie, ein Schluchzen unterdrückend.
»Mein Gott, wir hatten nie irgendwelche Probleme, Mr. Benedict. Zumindest keine großen. Er hat mir gesagt, es täte ihm leid, er könne es mir nicht erklären, aber er würde sechs Monate lang fort sein.«
» Sechs Monate? Sie müssen ihm doch Fragen gestellt haben.«
»Natürlich habe ich das. Sie haben mich zurückgerufen, sagte er. Sie brauchen mich, und ich muß gehen.«
»Wer sind sie?«
»Die Agency. Er war Sicherheitsbeamter. Im Ruhestand, aber das spielte eigentlich keine Rolle. Er ist immer noch als Berater tätig.« Sie zögerte, berichtigte ihre Worte aber nicht. »Er hat sich auf Handelsbetrug spezialisiert, und Sie wissen, wieviel es heutzutage davon gibt.« Sie schien den Tränen nahe. »Ich weiß einfach nicht, worum es ging, und deshalb schmerzt es so. Er ist tot, und ich weiß nicht warum.«
»Haben Sie bei seiner Firma nachgefragt?«
»Sie behaupten dort, von nichts zu wissen.« Sie musterte mich. »Mr. Benedict, er hat mir niemals einen Grund gegeben, ihm zu mißtrauen. Wir haben viele Jahre gemeinsam verbracht, und das ist das einzige Mal, daß er mich je belogen hat.«
Das einzige Mal, von dem Sie wissen, dachte ich. Doch ich sagte: »Hat er sich für Archäologie interessiert?«
»Ich glaube nicht. Nein. Ist dieser Gabriel Archäologe?«
»Ja.«
»Ich kann mir keinen Zusammenhang vorstellen.«
Das konnte ich auch nicht.
Ihre Stimme zitterte. »Ich weiß wirklich nicht«, fuhr sie fort, darum bemüht, die Fassung nicht zu verlieren, »was er auf diesem verdammten Schiff zu suchen hatte, wohin er flog oder was er vorhatte, wenn er dort ankam. Und wenn Sie eine Ahnung haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie es mich wissen ließen. Was für ein Mann war er, Ihr Onkel?«
Ich lächelte, um ihre Befürchtungen abzuschwächen. »Einer der besten, die ich je gekannt habe, Mrs. Khyber. Er hätte Ihren Mann nicht wissentlich in Gefahr gebracht. Oder etwas getan, worüber Sie sich Sorgen machen müßten.« Warum hatte ihn ein Polizeibeamter im Ruhestand begleitet? Vielleicht als Leibwächter? Das kam mir nicht sehr wahrscheinlich vor. »War Ihr Mann Pilot?«
»Nein.«
»Sagen Sie, Mrs. Khyber, hat er sich für Geschichte interessiert? Vielleicht besonders für den Widerstand?«
Ein verwirrter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Ja«, sagte sie. »Er hat sich für alles interessiert, was alt war, Mr. Benedict. Er sammelte antike Bücher, begeisterte sich für alte Kriegsschiffe und war Mitglied der Talino-Gesellschaft.«
Volltreffer. »Und was«, fragte ich eifrig, »ist die Talino-Gesellschaft?«
Sie musterte mich ruhig. »Ich glaube nicht, daß uns das weiterführt.«
»Bitte«, sagte ich. »Sie haben mir schon sehr geholfen. Erzählen Sie mir von der Talino-Gesellschaft. Ich habe noch nie davon gehört.«
»Eigentlich eine Männerrunde. Sie geben sich als Historiker aus, doch wenn sie sich treffen – jedes letzte Wochenende eines Monats im Collandium –, machen sie einen drauf und betrinken sich.« Sie sah sehr müde aus. »Er war seit zwanzig Jahren Mitglied.«
»Sie auch?«
»Ja, normalerweise ging ich mit.«
»Warum haben sie sich ›Talino-Gesellschaft‹ genannt?«
Sie lächelte. Endlich. »Mr. Benedict, gehen Sie lieber einmal hin und finden es selbst heraus.«
Zwei weitere Dinge geschahen an dem Tag, an dem ich mit Jana Khyber sprach. Brimbury & Conn schickten eine Aufstellung meiner Besitztümer. Sie waren beträchtlich größer, als ich gedacht hatte, und ich begriff, daß ich nie mehr würde arbeiten müssen. Nie mehr. Seltsamerweise fühlte ich mich deshalb schuldig. Es war schließlich Gabes Geld. Und ich war nicht besonders nett zu ihm gewesen.
Die andere Nachricht bestand daraus, daß Jacob in einer Bibliothek auf der anderen Seite des Planeten eine Ausgabe von
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