Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
gefunden.«
»Spielt keine Rolle mehr«, kam Sims Stimme über den Interkom. »Verschwinden wir. Fluchtmanöver ausführen. Jetzt.«
Der Netzsitz schwang in die Richtung der Beschleunigung, und einen Augenblick später wurde ich plattgedrückt. Der Mond war verschwunden, der riesige Planet rollte über den Himmel. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was vor sich ging. Den Orbit jetzt zu verlassen bedeutete, daß wir in Richtung der Doppelsonne flogen. Der sich nähernden Streitmacht entgegen.
Und dann stellte ich mir die Szene in den ashiyyurischen Schiffen vor: Die armen Arschlöcher traten praktisch auf die Bremsen, während wir direkt auf sie zurasten. Ihre paar schnellen Schüsse gingen hoffnungslos daneben, und dann waren wir ihnen schon so nahe, daß das Risiko, weiterhin auf uns zu feuern, zu hoch war. Auf unserer Flucht schossen wir einen Zerstörer zusammen.
Unten auf der Brücke und im Interkom erklang ein kollektives Seufzen.
Dann folgte Sims Stimme: »Gut gemacht, Freunde«, sagte er. »Ich glaube, wir haben ihnen heute etwas zum Nachdenken gegeben.«
8 |
Der gute Name eines Mannes wurde zu Unrecht durch den Schmutz gezogen. Wenn wir dazu beitragen können, diesen Zustand bis zu einem gewissen Grad wieder zurechtzurücken, werden wir einer würdigen Sache gedient haben. Und wenn wir dabei eine Stunde in stiller Freundschaft verbringen, einen angemessenen Trinkspruch anbringen können, um so besser!
– Adrian Coyle
Rede zur Gründung der Ludik-Talino-Gesellschaft
Machesney hatte Erfolg gehabt. Obwohl ich überzeugt war, daß dieser Bezug Rashim Machesney galt, der (wie alle anderen Hauptdarsteller in dieser seltsamen Angelegenheit) seit zweihundert Jahren tot war, wies ich Jacob an, mit jedem im Netz Kontakt aufzunehmen, der diesen Nachnamen trug.
Es waren nicht viele.
Wir fanden niemanden, der je von Gabriel Benedict gehört hatte, und niemanden, der in irgendeiner Verbindung mit dem Widerstand zu stehen schien. Niemand, der darüber geschrieben hatte, keinen, der sich fanatisch für die alten Kriege interessierte, keinen Antiquitätensammler. (Wir hatten einige Schwierigkeiten, diese Information zu erlangen, denn Menschen, die diesen berühmten Namen tragen, neigen zum Prahlen, wenn man sie über den Widerstand befragt.)
Mein nächster Schritt bestand darin, herauszufinden, was ich über den großen Mann selbst erfahren konnte. Doch wenn bei Leisha Tanner das Problem aus einem Mangel an Daten bestanden hatte, gab es in Machesneys Fall eine Flutwelle an Kristallen, Büchern, Artikeln, wissenschaftlichen Analysen und so weiter. Ganz zu schweigen von Machesneys eigenen Werken. Jacob zählte etwa elfhundert Bände, die eigens über ihn geschrieben waren und sich mit seinen diplomatischen und wissenschaftlichen Leistungen befaßten; eine Vielzahl mehr enthielt ihn in ihren Indices.
Rashim Machesney war Physiker gewesen, wahrscheinlich der bedeutendste seiner Zeit. Und als der Krieg ausbrach und die meisten seiner Kollegen zur Zurückhaltung drängten, warnte er vor der allgemeinen Gefahr und erklärte seine Absicht, die Dellacondaner »bis an die Grenzen meiner Kraft« zu unterstützen. Seine Heimatwelt versuchte ihn aufzuhalten (und verursachte damit eine Peinlichkeit, von der sie sich bis heute nicht erholt hatte), doch Machesney entkam, nahm einige seiner Kollegen mit und gesellte sich zu Sim.
Sein Wert für die Sache der Konföderation war, soweit das heute noch jemand sagen kann, in erster Linie von diplomatischer Bedeutung gewesen. Er setzte sein gewaltiges Prestige dafür ein, neutrale Welten dazu zu bringen, in den ungleichen Kampf einzugreifen. Er warb dafür auf einem halben Hundert Welten, schrieb brillante Traktate, sprach Planetenbevölkerungen an, entging Mordanschlägen und wurde in einer erinnerungswürdigen Eskapade tatsächlich von den Ashiyyur gefangengenommen und ein paar Stunden später wieder befreit.
Die meisten Historiker schreiben es Machesney zu, daß die Erde letztendlich doch eingriff.
Doch ich war von der schieren Materialfülle überwältigt. »Jacob«, sagte ich, »ich kann das unmöglich alles durcharbeiten. Erledige du das. Finde den Zusammenhang. Ich werde es auf andere Art versuchen.«
»Wonach genau suche ich, Alex?«
»Schwer zu sagen. Aber du wirst es wissen, wenn du es siehst.«
»Das ist keine besonders genaue Anweisung.«
Ich pflichtete ihm bei, sagte ihm, er solle sein Bestes geben, und klinkte mich in der Institution ein, die zu
Weitere Kostenlose Bücher