Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
die die Systeme ausgebaut haben, sie nicht aufbewahrt. Die Historiker würden gern noch eine Menge in Erfahrung bringen; doch ohne diese Systeme ist die Rappaport nur eine leere Hülle, die niemandem nutzt. Demzufolge wäre die Entdeckung eines echten dellacondanischen Kriegsschiffs ein wunderbarer Fund.«
Ich dachte an Llandman und die Regal.
Jacob vermutete richtig. »Er hat Pech gehabt«, sagte er. »Nichtsdestotrotz war es eine erstaunliche Leistung, das Schiff überhaupt zu finden. Er hat vierzig Jahre lang an dem Problem gearbeitet. Als sie es fanden, war es 175 Milliarden Kilometer vom Kampfgebiet entfernt. Diese Angabe vermittelt dir vielleicht einen Eindruck davon, um welche Berechnungen es sich hier handelte.«
»Quinda glaubt, das Schiff sei absichtlich zerstört worden, Jacob. Was wissen wir darüber, was wirklich geschehen ist?«
»Sie könnte recht haben. Kurz, nachdem das Forschungsteam an Bord ging, aktivierte sich eine der Atomwaffen selbsttätig, und ein Zündungscountdown setzte ein. Ein Schaden an den Systemen, sorgloser Umgang, Sabotage – das weiß niemand. Llandman verlor fast das Leben beim Versuch, die Bombe zu entschärfen, doch keiner von ihnen kannte sich wirklich mit den Schiffssystemen aus.«
»Was geschah danach?«
»Sie sprachen eine Weile über eine zweite Expedition. Ein anderes Schiff. Aber dazu ist es nicht mehr gekommen. Schließlich wurden sie nur ausgelacht. Llandman bekam Depressionen, wurde krank und zog sich in den Ruhestand zurück. Am Ende seines Lebens war er völlig verbittert. Ein Teil des Spotts traf auch deinen Onkel. Doch Gabe war ein zäherer Typ. Er hat seinen Kritikern gesagt, daß sie ihn könnten.«
»Was wurde schließlich aus Llandman?«
»Ich sehe in den Unterlagen nach. Er nahm eine Überdosis von irgendeinem Medikament. Die Autopsieergebnisse wurden nie freigegeben. Er litt unter einer Vielzahl medizinischer Probleme, und niemand wagte die Behauptung, es sei Selbstmord gewesen. Es gab anscheinend auch keinen Abschiedsbrief.«
»Weshalb sagst du ›anscheinend‹?«
»Weil ein Vetter behauptet, einen gesehen zu haben. Falls ja, hat die Familie ihn niemals freigegeben.«
»Verständlich.«
»Ja. Ein unglückliches Ende für einen talentierten Mann.«
Ich dachte daran, wie er mich durch die verlorenen Stätten toter Geschichte geführt hatte. Ich konnte mich an sein Lächeln erinnern und daran, wie seine knochige Hand die meine hielt, mir über Tafeln und Ausgrabungsausrüstung half.
»Es gab sogar Gerüchte, daß er das Schiff selbst zerstörte. Absichtlich.«
»Das ist doch verrückt!«
»Sollte man meinen.« Jocobs Tonfall tat die Vorstellung als jeder weiteren Betrachtung unwürdig ab. »In einem anderen Speicher bin ich auf weitere Informationen über Matt Olander gestoßen, während du fort warst.«
»Über wen ?«
»Olander. Leisha Tanners vermißten Freund. Es stellte sich heraus, daß er auf Ilyanda begraben wurde. Es steht in einem von ihrem Fremdenverkehrsamt herausgegebenen Reiseführer. Hast du gewußt, daß Ilyanda ein sehr beliebter Touristenort ist?«
Nein, das hatte ich nicht gewußt.
»Der Planet besteht noch immer hauptsächlich aus Wildnis, unerforschtem Land, und bietet hervorragende Möglichkeiten zum Fischen und zur Jagd, sowie ein paar Ruinen, über die niemand etwas Genaueres weiß. Man scheint dort eine starke Zuneigung für Christopher Sim zu empfinden, der Zahl der Straßen, Parks und Universitäten nach zu urteilen, die nach ihm benannt sind. Ich vermute, der Grund dafür dürfte sein, daß er sie während der dunkelsten Tage des Widerstands alle gerettet hat.«
»Die Evakuierung«, murmelte ich gedankenverloren.
»Ja. Zur Zeit des Krieges konzentrierte sich die gesamte Bevölkerung dieser Welt auf Point Edward. Es lebten zwanzigtausend Menschen dort, und Sim hatte irgendwie erfahren, daß die Ashiyyur beabsichtigten, die Stadt zu bombardieren.«
»Noch ein Rätsel«, sagte ich. »Zu dieser Phase des Krieges hat keine Seite besiedelte Gebiete angegriffen.«
»Außer Point Edward. Vielleicht könntest du noch einmal deinen Freund S’Kilian besuchen und ihn nach dem Grund fragen. Auf jeden Fall flog Sim mit allem dorthin, was er zusammentreiben konnte, mit großen, von Toxicon und Aberwehl geborgten Frachtschiffen, einer ganzen Flotte von Shuttles und seinen eigenen Fregatten. Sie konnten fast alle fortschaffen. Doch aus irgendeinem Grund blieb Tanners alter Freund zurück. Die Ilyandaner kennen eine
Weitere Kostenlose Bücher