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Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Titel: Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Teil dazu beigetragen habe …
    Der Botschafter tat mir leid, eine einsame, unbeholfene Puppe, hilflos angesichts solch eines Sturms.
    Hendrik kam, unsicher und verängstigt, auf die Bühne. Wir alle waren nervös und fragten uns, was jetzt geschehen würde.
    »Geehrte Gäste«, sagte er lustlos. »Fakultätsmitglieder, Graduierte, Freunde der Universität. Unser nächster Redner ist der ashiyyurische Botschafter, M’Kan Keoltipess.«
    Weit entfernt, fast am Horizont, erhob sich ein Gleiter über die Baumlinie. Ich glaubte fast, das Flüstern seines Magnetantriebs hören zu können.
    Der Botschafter erhob sich unbeholfen. Ihm war eindeutig nicht wohl zumute. Ich weiß nicht, ob dies an der Schwerkraft des Planeten lag (die etwas höher war als auf Toxicon, wo er bis vor kurzem noch gedient hatte) oder an seiner Wahrnehmung der Situation. Leisha erhob sich und trat neben ihn. Sie wirkte gleichzeitig trotzig und unbewegt. Anscheinend hatte sie die Zeit genutzt und sich zusammengerissen. Und das wird dir gefallen. Sie brachte die Menge gegen sich auf, indem sie dem Botschafter ihren Arm bot und ihn zum Podium führte.
    Er nahm seinen Platz hinter dem Rednerpult ein; Leisha wirkte winzig neben ihm. Unter den Roben erklang ein Geräusch wie von knackenden ausgetrockneten Knochen. Leisha nahm einen Lichtblock aus ihrer Tunika. Offensichtlich enthielt er die Rede, die sie halten sollte. Doch der Botschafter bedeutete ihr, ihn wieder wegzustecken. Ich begriff, daß man uns das alte menschliche Spiel vorführte, eine vorbereitete Rede über Bord zu werfen. Der Botschafter nestelte an den Falten seiner Kapuze, wie eine Frau bei einem Rock, der zu hoch gerutscht ist. Er hob beide Hände, schüttelte die Kapuze auf seine Schultern hinab, stand unbedeckt da und blinzelte ins helle Sonnenlicht. Er war sehr alt. Und seine pergamentartigen Gesichtszüge wirkten gequält. Das Tier, das Tarien Sim erschaffen hatte, blieb wachsam und trat ein paar psychologische Schritte zurück.
    Der Botschafter hob ein paar lange, ausgedörrte Finger. Sie hatten zu viele Gelenke, und die Haut war straff und grau. Sie tanzten im Sonnenlicht, und in ihren hektischen, grazilen Bewegungen lag etwas, das mich frösteln ließ.
    Leisha beobachtete die Finger und nickte. Ich hatte den Eindruck, daß sie zögerte, ihre ersten ›Bemerkungen‹ zu übersetzen, doch offensichtlich bestand der Ashiyyuraner darauf.
    »Der Botschafter dankt mir«, sagte sie, »und möchte mir sein Verständnis ausdrücken, daß mir dies nicht leichtfällt. Er sagt auch: Ich verstehe Ihren Zorn in dieser Stunde.« Die Hände woben weiterhin komplizierte Muster. »Ich möchte Präsident Hendrik grüßen und die geehrten Gäste, die Fakultät, die Graduierten und ihre Familien. Und besonders«, er drehte sich zu Tarien Sim um, der zu seiner Rechten saß, »besonders den stattlichen Repräsentanten der Rebellen, einen Widersacher, den ich lieber ›Freund‹ nennen würde.«
    Er hielt inne, und ich glaubte, echtes Bedauern auf seinem Gesicht ausmachen zu können. »Wir wünschen Ihnen allen Glück. Bei Gelegenheiten wie dieser, wenn die Jungen vortreten, um ihr Wissen zu erproben und sich dem Leben zu stellen, sind wir besonders stolz auf die Erkenntnis, daß für sie die Weisheit noch in der Zukunft liegt. Ich kann nicht umhin, die Feststellung zu treffen, daß dies unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen wir uns heute treffen, für unsere beiden Spezies zutreffen mag.«
    Leishas Stimme, die zuerst hoch und leicht nervös wirkte, hatte nun ihren üblichen vollen Klang zurückgefunden. An Tarien Sim kam sie natürlich nicht heran, doch sie war verdammt gut.
    »Die Graduierten«, fuhr der Botschafter fort, »möchte ich darauf hinweisen, daß Weisheit daraus besteht, zu erkennen, was wirklich wichtig ist. Und daraus, jeder geschätzten Auffassung, deren Wahrheit so offensichtlich ist, daß man sie nicht überprüfen muß, mit Argwohn zu begegnen. Unter unserem Volk sind wir der Auffassung, daß Weisheit daraus besteht, zu erkennen, zu welchem Ausmaß man für Fehler anfällig ist.«
    Er hielt inne, damit Leisha wieder zu Atem kommen konnte.
    »Ich hätte es vorgezogen, heute nicht über Politik zu sprechen. Doch ich bin es Ihnen und meinem Volk schuldig, Botschafter Sim zu antworten. Er hat gesagt, daß wir uns in einem bedeutenden Konflikt befinden, und er hat leider recht. Doch der Kampf besteht nicht zwischen Ashiyyur und Menschen. Er besteht zwischen denen, die eine

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